# taz.de -- Kolumne Lustobjekte: Die Magen-Darm-Mode | |
> In den Klamotten der aktuellen Herbstkollektionen sehe ich aus, als hätte | |
> ich Babykacke im Gesicht. Dabei hört sich der Trend mit den Gewürzfarben | |
> eigentlich toll an. | |
Die Blätter am Ahornbaum in meinem Hinterhof werden langsam gelb. Manche | |
sind sogar schon orange und es dauert nicht mehr lange, dann sind sie rot. | |
Der Herbst ist da, und diesmal ist es der echte - nicht der Sommer, der | |
sich als Herbst verkleidet hat. Und ich bin immer ein bisschen zu leicht | |
angezogen. Es muss also geeignete Kleidung her, die nur eine Eigenschaft | |
erfüllen soll: warm halten. | |
Na gut, das ist gelogen. Ich möchte außerdem einigermaßen aussehen. Das ist | |
gar nicht so einfach. Schuld daran sind Leute wie Donatella und Giorgio. | |
Nicht, dass ich mir deren modische Ergüsse leisten könnte. Aber sie geben | |
nun mal vor, was in der nächsten Saison angesagt ist. Damit all die | |
Hennesse und Mauritze wissen, ob sie Schlaghosen ins Sortiment nehmen | |
sollen oder doch lieber Chinos. | |
Und das betrifft leider auch die Farben der Modekollektionen. Die passen | |
sich chamäleongleich der Jahreszeit an: Im Frühling waren es Hellgelb und | |
Rosa, im Sommer Blauweiß, im Winter wird es wieder Grau sein. Und im | |
Herbst? Gewürzfarben. Senf, Safran, Curry, Zimt, Muskatnuss und Kurkuma. | |
Das hört sich toll an, nach Tausendundeiner Nacht und Gebäck. Und es sind | |
zweifellos Farben, in denen man aussieht wie ein wandelnder Blätterwald und | |
fantastisch Leute im Park beschatten kann. Doof ist nur, dass ich darin | |
aussehe, als hätte ich eine Magen-Darm-Grippe. Oder Babykacke im Gesicht. | |
Meine Freundin Martha hat auch eins dieser kackgelben Kleider. Ihr sagt nie | |
jemand, dass das scheiße aussieht. Ich schätze, das liegt daran, dass es | |
ihr steht. Denn es gibt Personen, an denen ein gedecktes Ocker das Grün der | |
Augen aufs Vorzüglichste zum Leuchten bringt. Bei einem Sommertyp wie mir | |
ist das nicht der Fall. | |
Für Anfänger: Man kann ganz einfach herausfinden, ob man ein kühler Farbtyp | |
ist (Sommer, Winter) oder ein warmer (Frühling, Herbst). Einfach ein | |
silbernes und ein goldenes Tuch unter das Gesicht halten - abwechselnd | |
natürlich. Man sieht dann sofort, was gemeint ist. Beim Blick in den | |
Spiegel hätte ich mich mit dem goldenen Tuch am liebsten erwürgt. Ich bin | |
so was von Sommer, vielleicht sollte ich von Oktober bis April einfach | |
durchschlafen. | |
Ein Luxusproblem? Mitnichten. Denn wenn ich mal wieder in einem | |
Bekleidungsgeschäft stehe und wegen der Magen-Darm-Mode kurz vor dem | |
Verzweifeln bin, muss ich wie üblich Schwarz kaufen. Deshalb: Schluss mit | |
der Diskriminierung! Es gibt Abteilungen für Kinder, Schwangere und Dicke. | |
Warum nicht auch für Frühlings-, Sommer-, Herbst- und Wintertypen? | |
Donatella und Giorgio müssen noch viel lernen. | |
23 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Franziska Seyboldt | |
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