# taz.de -- Kolumne Lustobjekte: Und von Beruf Ringmensch | |
> Würden statt Schnörkel und Namen Blutgruppen und Adressen in Eheringe | |
> graviert, hätten es die Ärzte leichter. Neue Arbeitsplätze gäbe es | |
> außerdem. | |
Jedes Jahr heiraten in Deutschland hunderttausende Menschen. Neu ist, dass | |
meine Freunde dazugehören. Niko und Anna sah ich einige Zeit nach ihrem | |
Eheversprechen wieder, und nachdem ich die Ringe gebührend bewundert hatte | |
(Farbe, Form, Dezenz), fragte ich nach der Gravur. | |
Niko musste einen Moment nachdenken, bis ihm einfiel, dass man Ringe auch | |
ausziehen kann. Wir lasen: das Datum der Hochzeit und ihre Namen, in | |
Schnörkelschrift und durch ein Plus verbunden. Eine sinnvolle Erinnerung, | |
sollte man mal betrunken unterm Tisch liegen und nicht mehr wissen, dass | |
man verheiratet ist, geschweige denn mit wem. Wer Niko kennt, weiß, dass | |
das vorkommen kann. Also das Unterm-Tisch-Liegen. | |
Wäre es nicht effizienter, überlegten wir, wenn in seinem Ring Annas | |
Handynummer stünde, nur für den Fall, dass Niko ausgeraubt würde oder einen | |
Unfall hätte. Das würde die Arbeit der Ärzte doch ungemein erleichtern. | |
Außerdem müsste der Ring natürlich Nikos Adresse und Blutgruppe enthalten | |
und angeben, ob er irgendwelche Allergien hat oder Organspender ist. | |
Technisch sollte das kein Problem sein, denn wer einen Namen auf ein | |
Reiskorn schreiben kann, ist auch imstande, ein komplettes Testament in | |
einen Ring zu fräsen. Nebenbei würden neue Arbeitsplätze mit einer schönen | |
Berufsbezeichnung geschaffen: Herr der Ringe, oder, gegendert: Ringmensch. | |
Langsam kamen wir in Fahrt. Was wohl zu Guttenberg als Inschrift für seinen | |
Ehering wählte? Womöglich den Namen seiner Mutter. Einfach Vatis Ring als | |
Vorlage genommen, kopiert, fertig. Und Wulff, wer weiß: "Über jede Affäre | |
erhaben"? Oder: "Bis dass der Tod uns scheidet"? | |
Im Judentum ist das einfacher. Da gibt es klare Regeln: ein schlichter | |
Goldring, ohne Stein, ohne Gravur. Er ist ein Wertgegenstand, der vor drei | |
Zeugen vom Besitz des Mannes in den Besitz der Frau übergeht und damit die | |
Ehe besiegelt. Wenn das mal nicht die Lösung für uns krisengeschüttelte | |
Europäer ist – der Trauring als Geldanlage. Wiederverwertbar und ökologisch | |
korrekt. Und nachhaltiger als jede Ehe. | |
14 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Franziska Seyboldt | |
## TAGS | |
Bettina Wulff | |
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