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# taz.de -- Ein Jahr Ampelregierung: Wirklich mehr Fortschritt wagen
> Der Koalitionsvertrag der Ampel ist ein Jahr alt, doch die Welt hat sich
> verändert. Die Parlamentsredaktion schlägt ein paar Updates vor.
Präambel: Wir stehen ein Jahr nach [1][Unterzeichnung des
Koalitionsvertrags] vor völlig neuen Herausforderungen. Putins
Angriffskrieg verändert auch Europa und die Rolle Deutschlands in der Welt.
Alle vorherigen Bundesregierungen und auch wir haben die russische
Aggression zu lange nicht wahrhaben wollen und die Energieabhängigkeit von
Russland fahrlässig forciert. Aus unseren Fehlern ziehen wir Konsequenzen
und haben unseren Koalitionsvertrag jetzt entsprechend aufgefrischt.
Erstens: Wir investieren mehr in unsere Sicherheit und pflegen dabei einen
erweiterten Sicherheitsbegriffe. Die Blockade von Getreideausfuhren,
Sprengstoffanschläge auf Pipelines und Hackerangriffe auf die digitale
Infrastruktur zeigen, dass Sicherheit nicht mehr nur militärisch gedacht
werden kann. Wir werden daher stärker in den Schutz ziviler Infrastruktur,
die digitale Gefahrenabwehr, Krisenprävention und Friedensförderung
investieren.
Zweitens: Die Klimakrise gefährdet unsere Lebensgrundlagen. „Die
Klimaschutzziele von Paris zu erreichen, hat für uns oberste Priorität“:
Dieser Satz aus dem Koalitionsvertrag von 2021 gilt heute noch mehr.
Deutschland muss die Erneuerbaren deutlich schneller ausbauen.
Drittens: Wir werden uns aus einseitigen ökonomischen Abhängigkeiten,
insbesondere von China, lösen. Nicht überstürzt, aber konsequent. Das
betrifft den Export von Waren und den Import von Rohstoffen. Deutschland
wird sich verändern. Unsere Wirtschaft fußte lange auf dem Import billiger
fossiler Rohstoffe und stetigen Globalisierungsgewinnen. Diese Zeit geht zu
Ende. Wir bleiben eines der reichsten Länder der Welt, aber wir müssen den
Wohlstand in der Krise gerechter verteilen. Wer sehr reich ist, muss mehr
beisteuern als bisher. Nur so garantieren wir einen sozialen Frieden. Unser
nächstes Projekt ist die Kindergrundsicherung. Damit schaffen wir mehr
Chancengerechtigkeit.
Bei allen Veränderungen wollen wir Bewährtes erhalten. Deutschlands Stärke
ist in erster Linie Diplomatie, nicht Militär, nicht Konfrontation.
Deutschland ist keine alleinige Führungsmacht und setzt auf eine
Zusammenarbeit mit den Partnern in der EU.
Das gilt auch global. Die Ausgaben für Krisenprävention, humanitäre Hilfe
und Entwicklungszusammenarbeit sollen, wie 2021 verabredet, im Maßstab 1:1
steigen, so wie die Ausgaben für Verteidigung. Wir werden mit Ländern des
Globalen Südens auf Augenhöhe kooperieren. Die Zeit, als der Westen der
Welt Vorschriften machen konnte, ist vorbei.
Wir sind eine Regierungskoalition aus drei unterschiedlichen Partnern.
Unter Krisen- und Kriegsbedingungen mussten wir tun, was uns zuvor
unvorstellbar schien – Waffen ins Kriegsgebiet liefern, Kohlekraftwerke
länger laufen lassen, Entlastungspakete mit kreativer Finanzpolitik
ermöglichen. Fehler wie die Gasumlage wollen wir künftig vermeiden. [2][Wir
wollen nicht mehr öffentlich übereinander herziehen und uns gegenseitig
handwerkliche Fehler vorwerfen.] Wir werden das Parlament als Ort der
Debatte stärken. Der Bundeskanzler wird grundsätzlich ohne Manuskript frei
sprechen. So wollen wir die politische Diskussion jetzt und für die Zukunft
vitaler gestalten.
## Verantwortung für Abrüstung, Sicherheit und Menschenrechte
Wir hatten uns zu einer restriktiven [3][Rüstungsexportpolitik]
verpflichtet. So versprachen wir in unserem ersten Koalitionsvertrag 2021:
Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten,
solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.
Selbstkritisch müssen wir nun, ein Jahr später, konstatieren, dass wir
trotzdem im Herbst dieses Jahres Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien
genehmigt haben.
Konkret ging es um Zulieferungen zur Ausrüstung und Bewaffnung von
Kampfflugzeugen und Munition. Dafür sahen wir pragmatische Gründe, denn es
handelt sich um eine europäische Rüstungskooperation. Zudem verfügt das
saudische Regime über Öl und Wasserstoff – Rohstoffe, die wir auch in
Zukunft gut gebrauchen können, um unseren Wohlstand zu sichern. Künftig
wollen wir uns darum bemühen, unseren Ansprüchen an eine wertebasierte
Außenpolitik gerechter zu werden.
Da wir uns gemeinsam mit unseren Partnern für den Schutz von Frieden und
Menschenrechten weltweit einsetzen, werden wir nunmehr keine weiteren
Rüstungsexporte an autoritär verfasste Staaten genehmigen. Wir werden eine
entsprechende EU-Rüstungsexportverordnung auf den Weg bringen und dafür in
der EU werben.
Weiterhin setzen wir uns für eine Wiederbelebung der internationalen
Abrüstungs- und Rüstungskontrolle ein. So hatten wir es bereits in unserem
Vorkrisenkoalitionsvertrag vereinbart. Der russische Angriffskrieg gegen
die Ukraine zeigt, wie schwierig, aber auch notwendig dieses Unterfangen
ist. Deshalb stehen wir dazu: Wir brauchen eine abrüstungspolitische
Offensive und wollen eine führende Rolle bei der Stärkung internationaler
Abrüstungsinitiativen und Nichtverbreitungsregimes einnehmen. Das 100
Milliarden Euro umfassende Sondervermögen für die Bundeswehr bleibt daher
eine einmalige Ausnahme. Perspektivisch wollen wir nicht mehr, sondern
weniger Waffen – weltweit und auch in Deutschland.
Wir bleiben dabei, dass Deutschland im Sinne eines vernetzten und
inklusiven Ansatzes langfristig 3 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in
internationales Handeln investiert. Unser Schwerpunkt liegt dabei auf
Diplomatie und Entwicklungspolitik. Wir setzen uns weltweit für nachhaltige
Entwicklung, den Kampf gegen Hunger und Armut, Klimagerechtigkeit,
Biodiversität und eine sozial-ökologische Wende ein. Dafür richten wir ein
weiteres 100-Milliarden-Sondervermögen ein, damit Deutschland seiner
Verantwortung im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und Internationalen
Klimafinanzierung auch wirklich gerecht wird.
So tragen wir dazu bei, dass der auf der [4][Weltklimakonferenz COP27 in
Ägypten beschlossene Fonds zum Ausgleich von Klimaschäden] tatsächlich mit
ausreichenden Mitteln ausgestattet werden kann. Wir appellieren außerdem an
andere Industriestaaten, vor allem an die USA und China, sich unserem
Beispiel anzuschließen.
## Kein Tempolimit bei der Energiewende
Bei den internationalen Bemühungen zur Erreichung der Klimaneutralität
bekennt sich Deutschland auch weiterhin eindeutig zum Ausbau der
erneuerbaren Energien. Wind und Sonne sind Freiheitsenergien – die
Atomkraft stellt keine Alternative dazu da. Auch wenn wir aufgrund der
schwierigen Energiesituation infolge des Ukrainekriegs eine
Laufzeitverlängerung der letzten drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke
bis zum 15. April 2023 für notwendig erachten, [5][bekräftigen wir: Am
deutschen Atomausstieg halten wir fest.] Darüber hinaus werden wir uns, wie
schon vereinbart, für eine Abschaltung der grenznahen Risikoreaktoren
einsetzen.
Zusätzlich wollen wir aber auch unsere Möglichkeiten nutzen, die sich durch
die Übernahme des Düsseldorfer Gaskonzerns Uniper ergeben haben. So werden
wir uns für die Abschaltung der drei Atomkraftwerke in Schweden einsetzen,
an denen Uniper beteiligt ist. Das Gleiche gilt für die von Uniper
betriebenen Kohlekraftwerke in Russland.
Die 2020er Jahre wollen wir zu einem Aufbruch in der Mobilitätspolitik
nutzen und eine nachhaltige, barrierefreie und für alle bezahlbare
Mobilität ermöglichen. Das dreimonatige 9-Euro-Ticket aus dem Sommer 2022
hat dabei einen Weg aufgezeigt, wie wir um Akzeptanz für notwendige
Veränderungsprozesse werben und unsere Ziele dialogorientiert umsetzen
können. [6][Das 49-Euro-Ticket betrachten wir daher nur als eine
Übergangslösung.]
Unser Ziel ist es, spätestens 2024 gemeinsam mit den Ländern entweder ein
monatliches 29-Euro-Ticket oder ein 365-Euro-Jahresticket bundesweit
einzuführen. Dafür wird der Bund einen ausreichenden Betrag zum
Verlustausgleich zur Verfügung stellen. Für Menschen ohne oder mit geringem
Einkommen streben wir ein bundesweites 9-Euro-Monatsticket an. Unser
langfristiges Ziel lauet: Freie Fahrt für freie Bürgerinnen und Bürger.
Mobilität ist für uns nicht nur ein zentraler Baustein der Daseinsvorsorge,
sondern auch die Voraussetzung für gleichwertige Lebensverhältnisse und die
Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Logistikstandorts Deutschland mit
zukunftsfesten Arbeitsplätzen. Dafür wollen wir Länder und Kommunen in die
Lage versetzen, Attraktivität und Kapazitäten des ÖPNV deutlich zu
verbessern. Beim Ausbau des ÖPNV darf es kein Tempolimit geben. Daher
erhöhen wir die Regionalisierungsmittel ab 2023 von derzeit rund 9
Milliarden Euro um das Vierfache auf 36 Milliarden Euro. Zur
Gegenfinanzierung führen wir eine Pkw-Maut für alle auf Autobahnen ein.
## Stärkung des Bürgergelds
Am 1. Januar 2023 wird das Bürgergeld eingeführt. Das ist ein Erfolg dieser
Regierung, den wir ausbauen wollen. [7][Das Bürgergeld soll die Würde des
und der Einzelnen achten und zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen.] In
einem ersten Schritt haben wir den Vermittlungsvorrang im SGB II
abgeschafft. Nur Weiterbildung und Qualifizierung sichern das Vorankommen
durch eigene Leistung.
Im Vermittlungsausschuss konnten wir nicht alle unsere Ziele umsetzen,
werden sie aber weiterverfolgen. Dazu gehört, dass wir, wie ursprünglich
von uns geplant, in den ersten beiden Jahren des Bürgergeldbezugs die
Leistung ohne Anrechnung des Vermögens gewähren und die Angemessenheit der
Wohnung anerkennen wollen. Wir verzichten weitgehend auf Sanktionen und
verstehen das als großen Schritt für den Abbau von überflüssiger
Bürokratie.
Außerdem wollen wir die Berechnungsmethode verändern, um einen armutsfesten
Regelsatz zu garantieren. Das ist angesichts der hohen Inflation notwendig,
um den sozialen Frieden zu wahren. Krankheit, Schicksalsschläge oder
Jobverlust dürfen nicht dazu führen, dass Menschen ihr gewohntes Umfeld
verlassen und ihre Ersparnisse aufbrauchen müssen. Wer in Not gerät,
verdient die Solidarität der Allgemeinheit. Nur so sichern wir langfristig
den Wohlstand unseres Landes.
## Kritische Infrastruktur schützen
Nachdem uns die Ostseepipelines Nord Stream 1 und 2 mit einem Doppel-Bumms
um die Ohren geflogen sind, gestehen wir uns ein, dass die
Schröder-Putin-Pipeline vielleicht doch kein rein privatwirtschaftliches
Projekt war. Daraus ziehen wir nun schonungslose Konsequenzen für die
Energieinfrastruktur.
Die Lösung beruht in der komplexen weltwirtschaftlichen Lage auf mehreren
Säulen: Statt auf fossiles Pipeline-Gas setzen wir nun auf fossiles Gas,
das wir mit klimaneutralen Schiffen aus fortschrittlichen Nationen
importieren, die sich nachhaltigen Energieträgern und Menschenrechten
verpflichtet fühlen (Liebe Grüße nach Katar, One Love!).
Das neue schwimmende LNG-Terminal für Flüssiggas vor Wilhelmshaven werden
wir zeitnah für die Gewinnung von Wasserstoff nutzen und dessen Beforschung
mit einer optimistischen Innovationsoffensive per Sondervermögen fördern.
Darüber hinaus bauen wir die digitale Infrastruktur massiv aus, um gegen
die Willkür geltungssüchtiger Tech-Milliardäre gewappnet zu sein.
Fake-News-Kampagnen von Troll-Armeen und russische Desinformationen werden
ins Leere laufen, da wir [8][beim dezentralen sozialen Netzwerk Mastodon
Behördenserver betreiben] wollen, die mindestens so verlässlich sein werden
wie das WLAN in der Deutschen Bahn und der Mobilfunkempfang auf dem Land.
## Energiesoli für Entlastungen einführen
Die haushaltspolitische Lage des Bundes für die 20. Wahlperiode gestaltet
sich weiterhin anspruchsvoll. Die multiplen und sich überlagernden Krisen,
von den Nachwirkungen der Coronapandemie über die Energiekrise bis zu einer
drohenden Rezession, haben eine Schuldenaufnahme in historischem Ausmaß
erfordert. Auch in den kommenden Jahren werden die Auswirkungen des
russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zu bewältigen sein. Sie begründen
weiterhin eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne der Schuldenregel.
Wir sagen: Die Schuldenbremse ist kein Selbstzweck. Vielmehr müssen wir
alles tun, um den sozialen Zusammenhalt in unserem Land nicht zu gefährden
und die Wirtschaft zu stabilisieren – ohne Denkverbote und ideologische
Scheuklappen.
Um die Energiekrise solidarisch zu bewältigen und die zusätzliche Belastung
des Staatshaushalts zu begrenzen, werden wir [9][gemäß den Empfehlungen der
Wirtschaftsweisen] einen Energie-Solidaritätszuschlag für Vermögende
einführen. So wollen wir sicherstellen, dass Lasten leistungsgerecht
verteilt werden und insbesondere die hart arbeitende Mehrheit der
Bevölkerung entlastet werden kann.
Unverändert gilt: Wir werden in nie dagewesenem Umfang zusätzliche Mittel
einsetzen müssen, um die zur Erreichung des 1,5-Grad-Klimaziels und zur
Dekarbonisierung der Wirtschaft erforderlichen Maßnahmen zu finanzieren.
Die Gegenfinanzierung werden wir mit verschiedenen Maßnahmen, vor allem
aber über die Abschöpfung von Zufallsgewinnen sicherstellen. Auf diese
Weise wollen wir Geld, welches der breiten Mitte der Gesellschaft durch
überhöhte Preise entzogen wird, wieder an die Gesellschaft zurückgeben.
## Wehrhafte Demokratie absichern
Zu einer modernen Demokratie und werteorientierten Politik gehört für uns
auch Wehrhaftigkeit, weil die pluralistische Grundordnung nach einem
europaweiten autoritären Rechtsruck auch in Deutschland unter Druck steht.
Zu allem Überfluss stehen der AfD durch den Wiedereinzug in den Bundestag
nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz formal [10][bis zu 70 Millionen Euro
Fördergelder für ihre parteinahe Desiderius-Erasmus-Stiftung] zu. Deswegen
bleibt es bei unserem Bekenntnis: „Die Arbeit und Finanzierung der
politischen Stiftungen wollen wir rechtlich besser absichern. Dies soll aus
der Mitte des Parlaments geschehen unter Einbeziehung möglichst aller
demokratischen Fraktionen.“
Weil wir mittlerweile eingesehen haben, dass der Rechtsstreit mit der AfD
vor dem Gericht in Karlsruhe ohne sichere Rechtsgrundlage ein großes Risiko
darstellt, starten wir eine „Mehr Wehrhaftigkeit wagen“-Offensive im
politischen Bildungswesen. Von einer überparteilichen Initiative – von CSU
bis Linke – wird in kürzester Zeit ein Stiftungsgesetz erarbeitet, das die
Förderung parteinaher Stiftungen antidemokratischer Parteien ausschließt.
## Das „Nie wieder“ wirklich ernst nehmen
Mit Blick auf innere Sicherheit betrachten wir den Rechtsextremismus
weiterhin als die größte Bedrohung. Es gilt das klare Bekenntnis
Deutschlands zu seiner historischen Verantwortung für die Überlebenden des
Holocausts zu stärken. Wie bereits von uns formuliert: „Wir werden die
laufenden Entschädigungsleistungen wie auch die finanzielle Unterstützung
für die Pflege der heute hoch betagten Holocaust-Überlebenden konsequent
sicherstellen, um ihnen ein Leben in Würde zu ermöglichen.“
Dazu stehen wir bedingungslos. Deswegen werden wir die [11][Mittel für
Holocaust-Überlebende in der Jewish Claims Conference] verdreifachen. „Nie
wieder“ bedeutet für uns, die Anerkennung historischer Schuld – und eigene
Fehler im Umgang mit der historischen Verantwortung einzugestehen. Nie
wieder werden wir wegen der Schuldenbremse erwägen, weniger Geld an
Holocaust-Überlebende zu zahlen. Nie wieder werden wir
Entschädigungsgespräche mit der Jewish Claims Conference wie
Tarifverhandlungen führen.
## Mieten richtig deckeln
Unser Ziel, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen – darunter 100.000
öffentlich geförderte –, ist infolge des russischen Angriffskrieges
illusorisch geworden. Gestiegene Energie- und Materialkosten sowie fehlende
Fachkräfte stellen die Baubranche vor große Herausforderungen.
Der Bund unterstützt die Länder beim sozialen Wohnungsbau bis 2026 mit der
Rekordsumme von 14,5 Milliarden Euro. Das wird nicht reichen. Aber [12][das
„Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ wird die entscheidenden Akteure an einen
Tisch bringen], um weiter über diese Krise zu beraten.
Solange nicht genug bezahlbare Wohnungen gebaut werden, können sich keine
angemessenen Mieten am Wohnungsmarkt bilden. Daher bedarf es eines
Strategiewechsels. Auf sechs Jahre begrenzt werden wir einen bundesweiten
Mietendeckel einführen. Denn nur gedeckelte Mieten sind Freiheitsmieten.
Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Berliner Mietendeckel
geht klar hervor, dass die Gesetzgebungskompetenz hierfür beim Bund liegt.
Nach der faktischen Abschaffung des kommunalen Vorkaufsrechts durch ein
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich erheblicher
gesetzgeberischer Handlungsbedarf – dies haben wir erkannt. Daher stellen
wir das staatliche Vorkaufsrecht bei privaten Immobilienverkäufen wieder
her, um mit diesem scharfen Schwert die Wohnungsnot in Großstädten zu
lindern und den gemeinwohlorientierten Wohnungssektor zu stärken.
## Digitalisierung gegen Wurstigkeit
Deutschland muss handlungs- und leistungsfähig sein, insbesondere in
Krisenzeiten. Failed-State-Szenarien und die Wiederholung von
Landtagswahlen wie in Berlin dürfen nicht passieren. Diesem Geist der
Wurstigkeit und des „Is mir doch egal“ werden wir entschieden
entgegentreten. Von der Leitung der Bundesländer und den Führungskräften im
öffentlichen Dienst erwarten wir, dass sie eine moderne Führungs- und
Verwaltungskultur vorantreiben. Die Verwaltung soll agiler und digitaler
werden, daher werden wir die [13][Digitalisierung gehörig beschleunigen].
Es kann nicht sein, dass der Staat den Bürgern und Bürgerinnen nicht direkt
unter die Arme greift, weil die IT-Infrastruktur des Staates lediglich
100.000 Überweisungen pro Tag durchführen kann.
Wir wollen künftig verhindern, dass Studierende wochenlang und bei
Minusgraden auf Heizkostenzuschüsse warten müssen, und erst eine digitale
Plattform errichtet werden muss, um sie zu erfassen. Wir werden die
Einführung einer digitalen Identität beschleunigen, Nachweispflichten
vereinheitlichen und auf das Einscannen von Papierdokumenten verzichten.
Online first.
## Es soll viel mehr Europa sein
Der Krieg in der Ukraine zeigt: Es droht eine neue Ära globaler
Machtkonkurrenz. Deutschland braucht die EU daher mehr denn je. Auf uns,
das wirtschaftlich stärkste Land in Europa, kommen besondere Aufgaben zu.
Wir haben die Sorgen unserer osteuropäischen Nachbarn vor Russland zu wenig
ernst genommen. Das werden wir ändern – ohne die Beziehungen zu unseren
westlichen Nachbarn zu vernachlässigen.
Die EU braucht eine Reform, die sie handlungsfähiger macht. Die
Bundesregierung wird ihr Möglichstes tun, um bis 2025 das lähmende
Einstimmigkeitsprinzip in der EU für zentrale Bereiche wir Steuern
abzuschaffen. Positive Veränderung in der EU gibt es nur, wenn [14][das
deutsch-französische Verhältnis] störungsfrei läuft. Das war nicht immer
der Fall. Die Abstimmung mit Paris muss besser werden. Der Kanzler wird in
keiner wichtigen, manuskriptfreien Rede mehr vergessen, die besondere
Bedeutung der Achse Berlin–Paris zu betonen.
28 Nov 2022
## LINKS
[1] /Regierung-von-SPD-Gruenen-und-FDP/!5809667
[2] /Podcast-Bundestalk/!5889814
[3] /Weltweite-Ruestungsausgaben-2021/!5846897
[4] /Klimagipfel-COP-27-in-Aegypten-endet/!5896214
[5] /AKW-Entscheidung-des-Kanzlers/!5885797
[6] /Nachfolge-der-OePNV-Flatrate/!5889114
[7] /Buergergeld-und-Armut/!5897714
[8] /Twitter-Alternative-Mastodon/!5893407
[9] /Gutachten-der-Wirtschaftsweisen/!5890563
[10] /Karlsruhe-lehnt-Eilantrag-ab/!5870056
[11] /Entschaedigungszahlungen-fuer-NS-Opfer/!5874999
[12] /Buendnis-fuer-bezahlbaren-Wohnraum/!5884025
[13] /Infrastruktur-in-Deutschland/!5885932
[14] /Galerie/Emmanuel-und-Olaf-Droht-das-Liebes-Aus/!g5891177
## AUTOREN
Pascal Beucker
Gareth Joswig
Jasmin Kalarickal
Anna Lehmann
Stefan Reinecke
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