| # taz.de -- Kritik am Bundeshaushalt: Die Rotstift-Koalition | |
| > Die Bundesregierung will sparen, der Haushalt schrumpft. Welche Projekte | |
| > gefährdet sind und was Gerhard Schröder damit zu tun hat. | |
| Bild: Für das kommende Jahr wurden Gelder in vielen Ressorts gestrichen | |
| FDP-Finanzminister Christian Lindner glaubt an genau zwei Ideen. Erstens: | |
| Die Steuern dürfen keinesfalls erhöht werden. Zweitens: Der Bundeshaushalt | |
| muss ausgeglichen sein. Das Ergebnis belastet die Armen und | |
| Mittelschichten, und zugleich werden diverse Halbwahrheiten aufgetischt. | |
| Um mit dem Bundeshaushalt anzufangen: Er ist nicht ausgeglichen. Die | |
| offizielle Neuverschuldung soll zwar nur 16,6 Milliarden Euro betragen, | |
| sodass die berühmt-berüchtigte „Schuldenbremse“ formal eingehalten ist. | |
| Aber daneben gibt es noch einen riesigen Schattenhaushalt, der sich „Klima- | |
| und Transformationsfonds“ nennt – wo die Schulden weiter steigen werden. | |
| Dieser Fonds soll eine Reihe wichtiger Projekte finanzieren: Die Bahn soll | |
| 15 Milliarden Euro erhalten, um ihre maroden Strecken zu sanieren. 10 | |
| Milliarden gehen an den Elektronikkonzern Intel, damit in Magdeburg eine | |
| neue Chipfabrik entsteht. Wärmepumpen werden umfangreich gefördert, und ein | |
| deutschlandweites Wasserstoffnetz muss auch noch gestemmt werden. In den | |
| Klima- und Transformationsfonds fließen zwar die CO2-Abgaben. Aber sie | |
| werden nicht reichen, neue Schulden nötig sein. Es ist also eine | |
| Mogelpackung, von einem „ausgeglichenen Haushalt“ zu sprechen. | |
| „Ausgeglichen“ ist nur der offizielle Etat, aber dieser Sparkurs belastet | |
| vor allem die Armen und Mittelschichten. So sollen die staatlichen | |
| Zuschüsse bei den Sozialversicherungen gekürzt oder eingefroren werden. Für | |
| die Pflege gibt es künftig 1 Milliarde Euro weniger, und auch die | |
| Rentenkassen erhalten kaum zusätzliches Geld – trotz der Inflation. Bei den | |
| Krankenkassen bleibt der Zuschuss gleich, obwohl im Gesundheitswesen 2024 | |
| mindestens 7 Milliarden Euro fehlen. Die Prognose ist klar: Die | |
| Sozialbeiträge werden steigen. | |
| Sozialbeiträge belasten vor allem die Normalverdiener, denn die | |
| Wohlhabenden werden geschont – durch die Beitragsbemessungsgrenze. Wer mehr | |
| als 4.987,50 Euro im Monat verdient, muss vom zusätzlichen Einkommen nichts | |
| mehr in die Kranken- oder Pflegekasse abführen. | |
| ## Mehr Schulden? Nicht so einfach | |
| Ein weiterer Einschnitt ist, dass die Bafög-Mittel gesenkt werden – um | |
| satte 400 Millionen pro Jahr. Das wird die Lebenschancen vieler | |
| Arbeiterkinder beeinträchtigen, die kein Bafög beantragen und nicht mehr | |
| studieren können. Doch diese ungerechte Kürzung hat fast niemanden | |
| aufgeregt. Stattdessen konzentrierte sich die mediale Empörung auf den | |
| Vorschlag von Familienministerin Lisa Paus (Grüne), das Elterngeld bei | |
| Paaren zu streichen, die mehr als 150.000 Euro im Jahr an zu versteuerndem | |
| Einkommen verbuchen. 60.000 Familien würden die Förderung verlieren – von | |
| etwa 1,9 Millionen Elterngeldbeziehern. | |
| Es ist schräg, die Bafög-Kürzungen zu ignorieren, aber leidenschaftlich | |
| über das Wohl einer gutsituierten Minderheit zu debattieren. Zudem blieb | |
| Paus nichts anderes übrig: Sie soll 500 Millionen in ihrem Etat einsparen. | |
| Was zur prinzipiellen Frage führt, ob der Staat mehr Schulden hätte machen | |
| sollen, statt zu kürzen. Leider ist es nicht so einfach. Deutschland tritt | |
| in eine neue Phase ein: Es herrscht ein extremer Mangel an Arbeitskräften, | |
| weil die Babyboomer in Rente gehen und kaum Jugendliche nachwachsen. Die | |
| Wirtschaftsweise Monika Schnitzer hat kürzlich vorgerechnet, dass | |
| Deutschland pro Jahr 1,5 Millionen Zuwanderer benötigen würde, um diese | |
| Lücken zu füllen. | |
| Ein derartiger Zustrom ist vorerst nicht realistisch. Was für den | |
| Bundeshaushalt heißt: Wenn der Staat Schulden macht, entsteht mehr | |
| Nachfrage, die aber nicht bedient werden kann, weil Arbeitskräfte fehlen. | |
| Also steigen die Preise – und damit die Inflation. | |
| ## Wie wär's denn mit höheren Steuern? | |
| Richtig wäre ein anderer Weg, um die nötigen Staatsausgaben zu finanzieren: | |
| Die Steuern müssten steigen – und zwar vor allem für die Wohlhabenden, die | |
| bisher enorm begünstigt werden. Zum Beispiel ließe sich das | |
| Dienstwagenprivileg abschaffen. Eine andere Möglichkeit wäre, auch | |
| Wohlhabenden „nur“ das Kindergeld zu zahlen. Bisher profitieren sie von | |
| einem Steuerfreibetrag, der deutlich höher ausfällt. Auch ist es | |
| verfassungswidrig, dass Firmenerben keinen einzigen Cent an Erbschaftsteuer | |
| zahlen, selbst wenn sie Milliardenwerte übernehmen. | |
| Leider ist es in Deutschland nicht einfach, Steuern zu erhöhen. Fast immer | |
| muss der Bundesrat zustimmen, und dort hat die Union eine Vetomacht. | |
| Lindner ist nicht der Einzige, der die Reichen schonen will. | |
| Oder andersherum: SPD und Grüne werden von einem alten Fehler eingeholt – | |
| ihren gigantischen Steuersenkungen unter Kanzler Schröder. Bis heute kosten | |
| diese Steuergeschenke für die Wohlhabenden etwa 60 Milliarden Euro im Jahr. | |
| Geld, das man jetzt gut gebrauchen könnte. Ulrike Herrmann | |
| ## Bildung: Weniger Bafög, weniger Startchancen | |
| Der Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) | |
| schrumpft von 22,5 auf rund 20,3 Milliarden Euro. Ressortleiterin Bettina | |
| Stark-Watzinger (FDP) muss damit mit 5,4 Prozent weniger auskommen als in | |
| diesem Jahr. Ein guter Teil der Einsparungen (700 Millionen Euro) hat | |
| allerdings mit der 200-Euro-Einmalzahlung für Studierende und | |
| Fachschüler:innen zu tun, die die Ampel für dieses Jahr aufgesetzt hat. | |
| Die weiteren Kürzungen für 2024 betreffen vor allem das Bafög. | |
| Für Studierende sind dabei knapp 1,4 Milliarden Euro (2023: 1,8 Milliarden) | |
| eingeplant. Beim so genannten Schüler-Bafög sind es 551 Millionen Euro | |
| (2023: 763 Millionen). Laut Finanzminister Lindner soll es aber zu keinen | |
| Leistungskürzungen kommen. Die Zahlen basierten auf einer Prognose für den | |
| künftigen Bedarf. Die Bildungsgewerkschaft GEW kritisiert, dass die | |
| Ampelkoalition das Bafög systematisch aushungere. Die Bedarfssätze müssten | |
| an die „galoppierende Inflation und die Preisexplosion auf dem | |
| Wohnungsmarkt“ angepasst werden. | |
| Auch bei ihrem Prestigeprojekt gegen Chancenungleichheit muss | |
| Stark-Watzinger mit weniger Geld auskommen. Für das „Startchancenprogramm“ | |
| sind in dem Haushalt nur mehr 500 Millionen Euro vorgesehen – bislang war | |
| von einer „Bildungsmilliarde“ die Rede. Begründet wird die Halbierung | |
| damit, dass das Programm erst zum Schuljahr 2024/25 startet, also in der | |
| zweiten Jahreshälfte. | |
| Mit dem Startchancenprogramm wollen Bund und Länder über den Zeitraum von | |
| zehn Jahren bundesweit 4.000 Brennpunktschulen speziell fördern – unter | |
| anderem mit zusätzlichen Sozialarbeiter:innen. Unklar ist allerdings, in | |
| welcher Höhe sich die Länder finanziell beteiligen. | |
| Bildungsforscher:innen empfehlen, das Programm mit mindestens 2 | |
| Milliarden pro Jahr auszustatten, um die Chancenungleichheit wirksam zu | |
| bekämpfen. Ralf Pauli | |
| ## Verkehr: Mehr Schienen, weniger Radwege | |
| Auch wenn der Haushalt für Verkehr und Digitales insgesamt steigt, sind | |
| drastische Kürzungen bei den Mitteln für den Ausbau der Radinfrastruktur | |
| vorgesehen. Das Budget für diesen Bereich liegt bei 440 Millionen Euro und | |
| damit 30 Prozent unter dem Ansatz des diesjähigen Etats. Im Vergleich zum | |
| Jahr 2022 werden die Ausgaben für die Radinfrastruktur sogar fast halbiert. | |
| Die geplanten Streichungen betreffen vor allem die Finanzhilfen für den | |
| Radverkehr in Ländern und Kommunen. Sie sollen auf 260 Millionen Euro | |
| gesenkt werden, nachdem 2023 dafür 413 Millionen Euro zur Verfügung | |
| standen, 2022 waren es noch 640 Millionen Euro. „Von einer Ausbauoffensive | |
| für den Radverkehr, wie sie die Ampelkoalition im März mit ihrem | |
| Modernisierungspaket beschlossen hat, kann keine Rede sein“, sagt die | |
| ADFC-Vorsitzende Rebecca Peters. „Die Ampelkoalition ist bei der | |
| Finanzierung des Radverkehrs schlechter als die Große Koalition.“ | |
| Nach Auffassung des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland (VCD) | |
| dokumentiert der Haushaltsentwurf, dass die „Koalition Abschied vom | |
| Fortschritt in der Verkehrspolitik nimmt“. Die Bundesregierung habe ihre | |
| eigene Radverkehrsstrategie de facto aufgekündigt, sagt Anika Meenken, | |
| VCD-Sprecherin für Radverkehr. | |
| Für Empörung beim VCD und anderen sorgen auch die eingestellten Mittel für | |
| den Schienenausbau. Zwar ist hier ein Plus von 3 Milliarden Euro vorgesehen | |
| – aber diese Summe bleibt weit hinter den Ankündigungen der Bundesregierung | |
| zurück. Im März hatten SPD, Grüne und FDP im Koalitionsausschuss | |
| beschlossen, dass der Deutschen Bahn bis 2027 zusätzlich 45 Milliarden Euro | |
| zur Verfügung stehen sollen. Verteilt auf vier Jahre wären das zusätzliche | |
| 11,25 Milliarden Euro jährlich, rechnet der Verband Deutscher | |
| Verkehrsunternehmen (VDV) vor. | |
| VDV-Chef Ingo Wortmann kritisiert, dass davon nur ein kleiner Teil in den | |
| Haushalt eingestellt werden soll. „Damit verschiebt man die | |
| Finanzierungsnotwendigkeiten des Eisenbahnsystems in Deutschland weiter in | |
| die Zukunft, und die Planungen der Unternehmen bleiben kurzfristig und | |
| risikobehaftet“, sagt er. Die Aussicht, dass die Bahn Geld aus dem Klima- | |
| und Transformationsfonds bekommen soll, ist ihm zu vage. | |
| Schließlich sollen mit den Mitteln des Fonds, in den unter anderem | |
| Einnahmen aus dem CO2-Preis fließen, alle möglichen anderen Projekte | |
| finanziert werden, etwa die Förderung des Heizungstauschs. „Da braucht es | |
| jetzt ein klares Bekenntnis des Bundesfinanz- und des | |
| Bundesverkehrsministers, dass die fehlenden Mittel für die Schiene | |
| definitiv aus diesem Fonds bereitgestellt werden“, fordert Wortmann. Anja | |
| Krüger | |
| ## Pflege und Rente: Generationenvertrag mal anders | |
| 2024 wird der Steuerzuschuss des Bundes für die Pflege um eine Milliarde | |
| Euro gekürzt. In der Folge werde das Bundesgesundheitsministerium 2024 eine | |
| Milliarde Euro weniger in den Pflegevorsorgefonds einzahlen, so ein | |
| Ministeriumssprecher zur taz. | |
| Dies bedeutet zwar keine unmittelbaren Leistungskürzungen, aber 1 Milliarde | |
| Euro weniger für einen Kapitalfonds, der als Vorsorge gedacht war für | |
| künftige Zeiten, wenn immer mehr Babyboomer:innen zu Pflegefällen | |
| werden. „Es ist verantwortungslos, das einzige Instrument für | |
| Generationengerechtigkeit, das wir in der gesetzlichen Pflegeversicherung | |
| haben, zu beschneiden, ohne eine Alternative anzubieten“, sagt Luise | |
| Roither, Sprecherin für Pflege und Gesundheit bei der Stiftung für die | |
| Rechte zukünftiger Generationen, der taz. | |
| Der Haushaltsentwurf signalisiert: Es gibt nicht mehr Steuergelder für die | |
| Pflege. Ohne diese Mittel aber müssen alle Kostensteigerungen in der Pflege | |
| künftig durch die Beiträge zur Pflegeversicherung, durch die Eigenanteile | |
| der Pflegebedürftigen und gegebenenfalls durch die Sozialämter finanziert | |
| werden. Damit steigt der ohnehin schon große Rationalisierungsdruck in der | |
| Branche. | |
| Die Leistungen an die Rentenversicherung stellen „den größten | |
| Ausgabenbereich“ im Bundeshaushalt dar, so der Entwurf. Im Jahre 2024 zahlt | |
| der Bund 117,2 Milliarden Euro aus Steuermitteln an die Rentenversicherung. | |
| „Im Hinblick auf die derzeit gute Finanzlage der gesetzlichen | |
| Rentenversicherung“ soll der Bundeszuschuss an die Rentenkasse im Zeitraum | |
| von 2024 bis 2027 jährlich um 600 Millionen Euro abgesenkt werden, heißt es | |
| im Entwurf. Die Beiträge können dank der guten Wirtschaftslage stabil | |
| bleiben. | |
| Niemand weiß, wie lange die gute Konjunktur anhält. Die Zahl der | |
| Rentner:innen wird indes steigen. Die frühere SPD-Sozialministerin | |
| Andrea Nahles hatte mal einen steuerlichen „Demografiezuschuss“ für die | |
| Rentenkasse gefordert, für einen „neuen Generationenvertrag“. Davon redet | |
| keiner mehr. Barbara Dribbusch | |
| ## Entwicklungspolitik: Weniger Geld für Krisen | |
| Kriege, Umweltkatastrophen und eine anhaltende Hungerkrise – angesichts des | |
| Klimawandels ist abzusehen, dass die Welt im Krisenmodus bleibt. Gerade | |
| hier will die Bundesregierung nun sparen. 2024 wird das Auswärtige Amt (AA) | |
| rund 1,3 Milliarden und das Bundesministerium für Entwicklung und | |
| Zusammenarbeit (BMZ) etwa eine halbe Milliarde Euro weniger zur Verfügung | |
| haben. | |
| Das Geld soll vor allem aus frei verfügbaren Mitteln gestrichen werden – | |
| das sind Gelder für Krisen und humanitäre Hilfe. Statt 1,24 Milliarden Euro | |
| hat das BMZ nächstes Jahr nur noch 960 Millionen Euro im sogenannten | |
| Krisentitel. Zum einen gibt es nicht viele Kürzungsmöglichkeiten, das | |
| meiste Geld des BMZ ist über bilaterale Verträge und Zusagen an | |
| internationale Organisationen weitestgehend festgezurrt. | |
| Zum anderen erhoffen sich die Ministerien wohl weitere Krisenmittel im | |
| Laufe der Legislaturperiode. 2023 wurden etwa 1 Milliarde Euro zusätzlich | |
| bereitgestellt, um auf die globalen Folgen des russischen Angriffskriegs | |
| auf die Ukraine zu reagieren. Aus dem Auswärtigen Amt heißt es, man sei | |
| weiterhin in der Lage, auf Krisen im Bereich der humanitären Hilfe und auf | |
| Bedarfe bei der Unterstützung der Ukraine zu reagieren. | |
| In der Zivilgesellschaft sind die Bedenken groß. Viele verweisen auf die | |
| dramatische globale Lage. „Die Planung der Bundesregierung geht an der | |
| Realität vorbei und konterkariert den Ansatz, auf vorausschauende | |
| humanitäre Hilfe zu setzen“, sagt Mathias Mogge, Generalsekretär der | |
| Welthungerhilfe. Er kritisiert, dass kurzfristig bereitgestellte | |
| Sondermittel gerade zivilgesellschaftliche Akteure in Krisensituationen | |
| vor Herausforderungen stellen. „Die Bundesregierung sollte für mehr und | |
| verlässliche Finanzierung sorgen, statt Mittel zu kürzen“, sagt Mogge. | |
| Leila van Rinsum | |
| ## Wirtschaft und Klimaschutz: Viel Fossiles | |
| Wegen der Auswirkungen des Ukrainekriegs gibt der Wirtschafts- und | |
| Klimaminister im kommenden Jahr weiter viel Geld für fossile Energien aus. | |
| Um die Energieversorgung zu sichern, will Robert Habeck allein für neue | |
| Flüssiggas-Terminals 900 Millionen Euro mehr ausgeben als gedacht. Um große | |
| Teile Ostdeutschlands mit Benzin zu versorgen, gehen außerdem 140 Millionen | |
| Euro an die Raffinerie in Schwedt, die bis zum vergangenen Jahr noch mit | |
| russischem Öl versorgt wurde. | |
| Für Deutschlands Beitrag zum internationalen Klimaschutz will Habeck 685 | |
| Millionen Euro ausgeben – etwa so viel wie im Jahr zuvor. Entlastet wird | |
| sein Etat dadurch, dass die Ansiedlung neuer Chipfabriken wie die von Intel | |
| bei Magdeburg künftig aus dem dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) | |
| bezahlt werden soll. Der KTF finanziert sich aus Erlösen aus dem | |
| Europäischen Emissionshandel und durch die CO2-Bepreisung von Sprit oder | |
| Heizöl. Derzeit soll der CO2-Preis von momentan 30 Euro pro Tonne im Jahr | |
| 2024 auf 35 Euro klettern. Viel zu wenig, sagen KlimaexpertInnen. Ob er | |
| noch mehr zulegt, ist in der Ampel offenbar noch nicht abschließend | |
| geklärt. Kai Schöneberg | |
| ## Familie: Streit über Kindergrundsicherung bleibt | |
| Familienministerin Lisa Paus (Grüne) muss in ihrem Etat eine halbe Million | |
| Euro einsparen, für das Jahr 2024 sind im Haushaltsentwurf noch 13,35 | |
| Milliarden Euro vorgesehen. Weil das allermeiste Geld fest gebunden ist und | |
| sie bei anderen flexiblen Posten wie der Demokratieförderung nicht | |
| streichen will, hat sich Paus für eine Kürzung beim Elterngeld entschieden | |
| – allerdings nicht ganz so, wie sich Finanzminister Christian Lindner (FDP) | |
| das wohl vorgestellt hat. | |
| Statt die Leistungen allgemein zu verringern, will Paus die | |
| Einkommensgrenze senken, bis zu der Eltern das Geld erhalten. Paare, die | |
| gemeinsam ein zu versteuerndes Einkommen von mehr als 150.000 Euro haben, | |
| also etwa 180.000 Euro brutto verdienen, sollen nicht mehr | |
| anspruchsberechtigt sein. | |
| Besonders umstritten ist in der Ampel die Ausgestaltung der | |
| Kindergrundsicherung, mit der die Koalition Kinder aus der Armut holen | |
| will. 100 Millionen Euro sind im Haushalt 2024 zur Vorbereitung vorgesehen. | |
| Die Grundsicherung soll 2025 starten, sie soll verschiedene Leistungen | |
| zusammenführen und digitalisieren, damit sie unkomplizierter beantragt | |
| werden können. | |
| Auch soll künftig die zuständige Behörde die Familien, die einen Anspruch | |
| auf den einkommensabhängigen Kinderzuschlag haben, darauf aufmerksam | |
| machen. Derzeit wird dieser von sehr vielen Familien, die ihn bekommen | |
| würden, nicht beantragt. | |
| Ob darüber hinaus auch Leistungen erhöht werden, etwa durch Neuberechnung | |
| des „soziokulturellen Existenzminimums“, also den Teil des Bürgergelds, der | |
| Kindern und Jugendlichen zusteht, ist in der Koalition umstritten. Über die | |
| finanzielle Ausgestaltung ab 2025 wird noch gerungen – es geht um eine | |
| Summe zwischen 2 und 7 Milliarden Euro. Paus hatte ursprünglich 12 | |
| Milliarden gefordert. Ende August will sich das Kabinett auf einen | |
| Gesetzentwurf einigen, dann muss auch die Finanzierung geklärt werden. | |
| Sabine am Orde | |
| ## Kanzleramt: Größer als das Weiße Haus | |
| Auch das Kanzleramt muss sparen, 186 Millionen Euro, vor allem bei der | |
| Verwaltung. Ein großer Kostenpunkt dagegen bleibt: Ein sechsgeschossiges | |
| Hufeisen auf 60.000 Quadratmetern samt Kanzlerwohnung und | |
| Hubschrauberlandeplatz – das Kanzleramt am Spreebogen soll erweitert | |
| werden. Die Kosten für den Bau wurden im vergangenen Jahr noch auf 637 | |
| Millionen Euro veranschlagt, inzwischen geht das Bundespresseamt von 777 | |
| Millionen Euro aus. | |
| Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat Ende September grünes Licht | |
| gegeben. Viele fragen sich jedoch, ob so ein Gigabau wirklich sein muss. | |
| Das Bundeskanzleramt führt Sicherheitsgründe und die Platznot im Kanzleramt | |
| an, die dazu führe, dass derzeit zusätzliche Räume angemietet werden | |
| müssten, um 270 Mitarbeiter:innen einen Arbeitsplatz zu stellen. | |
| Verständlich, aber gibt’s da nicht günstigere Alternativen? Bürocontainer | |
| oder Ähnliches? Aus dem Kanzleramt heißt es, die Planungen, die übrigens | |
| aus Zeiten Angela Merkels stammen, seien schon zu weit vorangeschritten, | |
| sie zu stoppen sei teurer, als das Projekt jetzt durchzuziehen. Doch | |
| eigentlich sollte schon zu Jahresbeginn mit dem Bau begonnen werden, bis | |
| 2028 will man fertig sein. Aber wir sind ja in Berlin, da gilt | |
| grundsätzlich: Alles wird teurer und dauert außerdem viel länger. Und wer | |
| weiß, wer 2025 im Kanzleramt sitzt. Anna Lehmann | |
| ## Verteidigung: Was kann man hier sparen? | |
| Alle müssen sparen? Nein, ein Minister darf klotzen statt kleckern: Der | |
| Verteidigungsetat von Boris Pistorius steigt, und zwar von 50,1 auf 51,8 | |
| Milliarden Euro. Wobei es irreführend wäre, nur diese Erhöhung von rund 1,7 | |
| Milliarden Euro im Blick zu haben. Die dient vor allem zur Finanzierung der | |
| Gehaltserhöhungen bei der Bundeswehr aufgrund des Tarifabschlusses im | |
| öffentlichen Dienst. Aber da gibt es ja noch das schuldenfinanzierte | |
| Sondervermögen der Bundeswehr, aus dem zusätzlich etwa 19 Milliarden | |
| zugeschossen werden, um das Zweiprozentziel der Nato zu erfüllen. Macht | |
| insgesamt 71 Milliarden Euro. | |
| Mit dem Geld ließe sich viel Sinnvolles anfangen und gesellschaftlich | |
| Nützliches finanzieren. Stattdessen ermöglicht es dem | |
| Verteidigungsministerium neben der Anschaffung teuren neuen Kriegsgeräts | |
| auch, die Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit von 3,8 auf 6 Millionen zu | |
| erhöhen. Aber es wird auch gespart bei der Truppe: Der Etatposten | |
| „Beschaffung und Haltung von Tieren“ sinkt von 1,56 auf 1,53 Millionen | |
| Euro. Pascal Beucker | |
| 8 Jul 2023 | |
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| Ralf Pauli | |
| Anja Krüger | |
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| Kai Schöneberg | |
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