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# taz.de -- Unions-Klage für Schuldenbremse: Kurzsichtige Symbolpolitik
> Merz scheint zu glauben, dass die Ampel 60 Milliarden Euro streichen
> kann, ohne dass die Länder das merken würden. Das ist naiv.
Bild: Berlin, 16.10.2023: Friedrich Merz spricht im Bundestag zum Nachtragshaus…
Es wirkt wie ein klarer Sieg für die Union: Niemand hatte damit gerechnet,
dass [1][ihre Klage vor dem Bundesverfassungsgericht] so erfolgreich sein
würde. Doch seit Mittwoch ist das Urteil da, und die Ampel hat nun [2][60
Milliarden Euro weniger] in der Kasse, weil sie gegen die Schuldenbremse
verstoßen hat. So viel Klage-Glück hat eine Oppositionspartei selten. Und
trotzdem ist längst nicht ausgemacht, dass die Union einen Sieg errungen
hat.
Noch triumphiert CDU-Chef Friedrich Merz hemmungslos. Er nennt den Mittwoch
einen „historischen Tag“, verkündet „das Ende aller Schattenhaushalte“…
gibt sich als oberster Hüter der Schuldenbremse.
Kurz: Merz tut so, als hätte die Union noch nie einen einzigen
Schattenhaushalt aufgelegt. Das ist Unsinn. Zum Ende der Ära Merkel
existierten 27 „Sonder-, Zweck und Treuhandvermögen des Bundes“, von denen
die allermeisten unter Unionsregierungen entstanden sind. Merkel ist auch
deswegen 16 Jahre lang Bundeskanzlerin gewesen, weil sie nie gespart hat.
Merz hingegen scheint zu glauben, dass die Bundesregierung 60 Milliarden
Euro aus ihrem Wirtschaftsplan streichen kann, ohne dass dies die
Bundesländer, die Unternehmen oder die CDU-Klientel irgendwie merken
würden. Das ist naiv.
Die 60 Milliarden werden im sogenannten „Klima- und Transformationsfonds“
(KTF) fehlen, aus dem die Ampel die wesentlichen Zukunftsinvestitionen
bestreiten will. Dazu gehören unter anderem umfangreiche Subventionen für
zwei Chipfabriken bei Magdeburg und Dresden. Die Länder Sachsen-Anhalt und
Sachsen werden bekanntlich von CDU regiert – wo sich nun Nervosität breit
macht.
## Erfolgreiche Symbolpolitik
Der CSU-Fraktionsvorsitzende Alexander Dobrindt forderte denn auch prompt,
dass die Ampel jetzt klären müsse, wie sie die KTF-Projekte in den Ländern
weiter finanzieren könne. Übersetzt: Schulden gehen gar nicht, aber es muss
dringend Bundesgeld nach Bayern fließen. Das ist Bierzelt, keine Politik.
Oder Elektroautos: Wenn sie nicht mehr aus dem KTF gefördert werden können,
wäre dies ein harter Schlag für die deutsche Automobilindustrie, die
sowieso gerade dabei ist, den weltweiten Anschluss zu verlieren. Die
Automanager dürften also bei Merz Schlange stehen, um zu erläutern, warum
Subventionen für E-Autos höchst dringend sind – gern auch
schuldenfinanziert.
Merz muss also hoffen, dass die [3][Ampel doch noch Geld auftreibt]. Das
ist sogar wahrscheinlich: Das Verfassungsgericht hat nämlich keineswegs
verboten, neue Schulden aufzunehmen. Die Kredite müssen aber deutlich
besser begründet werden. Merz kann also aufatmen: Er hat Symbolpolitik
betrieben.
17 Nov 2023
## LINKS
[1] /Urteil-des-Bundesverfassungsgerichts/!5969813
[2] /Karlsruher-Urteil-zu-Klimafonds/!5969800
[3] /Kritik-am-Bundeshaushalt/!5943138
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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