| # taz.de -- Scholz und Merz im Bundestag: Alles andere als auf Augenhöhe | |
| > In der Generaldebatte im Bundestag sucht Oppositionschef Merz seine | |
| > Rolle. Mit seinen polemischen Attacken macht er es Kanzler Scholz | |
| > einfach. | |
| Bild: Die Rollen wirken vertauscht: Unionsfraktionchef Merz und Kanzler Scholz … | |
| Berlin taz | Friedrich Merz holt weit aus. Der Kanzler habe sich eines | |
| „groben Wortbruchs“ gegenüber Parlament und Bundeswehr schuldig gemacht. | |
| Denn anders als angekündigt gebe die Ampel weniger als 2 Prozent des BIPs | |
| für Verteidigung aus. Die Regierung arbeite „handwerklich miserabel“, so | |
| Merz. | |
| Die Generaldebatte, das Duell des Oppositionsführers gegen den Kanzler, ist | |
| ein fixes Ritual des Parlaments, ein Schaulaufen der Rhetorik. Merz kann | |
| ein begnadeter Redner sein. Im September provozierte er den unterkühlten | |
| Scholz [1][zu einem Temperamentsausbruch]. | |
| Am Mittwochmorgen polemisiert und attackiert Merz. Vor allem aber hält er | |
| dem Kanzler vor, nach dem 27. Februar keine zweite große Rede gehalten zu | |
| haben und die Zeitenwende nicht zu nutzen, um „Bürokratie abzubauen und | |
| wettbewerbsfähige Industrie zu fördern“. Das klingt sehr nach dem Vorwurf, | |
| Scholz setze das Parteiprogramm der Union nicht um. | |
| Merz macht es Scholz damit einfach. Der Kanzler kontert die Kritik an der | |
| Verwendung des 100 Milliarden Sondervermögens für die Bundeswehr knapp – | |
| man werde das Geld langfristig und effektiv verwenden. Er legt ausführlich | |
| die bekannten Verdienste der Regierung dar, vom beschleunigten Ausbau der | |
| Erneuerbaren über die Kindergelderhöhung bis zu den geplanten | |
| LNG-Terminals. Wer wie Merz behaupte, die Ampel habe in 16 Wochen mehr | |
| falsch gemacht als die Union in 16 Jahren, „glaubt auch an sprechende weiße | |
| Kaninchen. Willkommen im CDU-Wunderland, wo die Realität auf dem Kopf | |
| steht.“ | |
| ## Union und FDP giften sich an | |
| Die Rollen wirken vertauscht. Merz hält eine „Was würde ich im Kanzleramt | |
| machen“-Rede, Scholz macht die rhetorischen Punkte. Zum [2][gestörten | |
| deutsch-französischen Verhältnis], an dem der Kanzler seinen Anteil hat, | |
| verliert Merz kein Wort. Die Union scheint den Spagat zwischen | |
| staatstragender Rolle und harter Opposition noch nicht wirklich zu | |
| beherrschen. | |
| Das wirft auch die Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge der Union vor. | |
| Jens Spahn rede von Klimadiktatur, eine „überdrehte Polemik, die man sonst | |
| nur von der AfD“ kenne. Merz habe mit dem Wort Sozialtourismus für | |
| Flüchtlinge aus der Ukraine in die gleiche Kerbe gehauen. | |
| AfD-Fraktionschefin Alice Weidel wirft der Regierung vor, „Millionen an | |
| Schleuser“ zu verteilen und den „Migrantensturm“ auf Deutschland | |
| anzuheizen. Sie müht sich nicht mehr darum, auch nur minimale Distanz zu | |
| rechtsextremer Propaganda zu wahren. | |
| Ansonsten macht die vierstündige Debatte sichtbar, wie angespannt das | |
| Verhältnis zwischen FDP und Union ist. CSU-Mann Alexander Dobrindt ätzt, | |
| dass FDP-Finanzminister Lindner „einen Schattenhaushalt nach dem anderen“ | |
| schaffe und „Investitions- mit Illlusionsquote“ verwechsele. FDP-Haushälter | |
| kontern genüsslich mit dem Hinweis, dass Änderungsanträge der Union zum | |
| Haushalt allesamt Mehrausgaben fordern – und keiner fordert zu sparen. | |
| Fundamentale Kritik an der Ampel kommt von Linksfraktionschef Dietmar | |
| Bartsch. „Ihre Politik hat mehr Verspätung als die Deutsche Bahn“, sagt er. | |
| Gas- und Strompreisbremse reichten nicht aus. Nötig seien staatliche | |
| Preiskontrollen auf dem Energiemarkt. Die Mineralölkonzerne hätten 38 | |
| Milliarden Euro Profit gemacht. Statt die Reichen an den Krisenkosten zu | |
| beteiligen, mache die Ampel „Wellness für die Wohlhabenden“. | |
| So weit, so klar und links. Nebenher baut Bartsch noch die Formel ein, die | |
| Ampel mache aus der Industrienation Deutschland „eine Kerzenrepublik“. Das | |
| ist nahe am apokalyptischen AfD-Untergangssound. Und [3][an Sahra | |
| Wagenknecht.] | |
| 23 Nov 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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