| # taz.de -- Sparpläne der Bundesregierung: Wo das Geld steckt | |
| > Die neuen Sparpläne der Bundesregierung sorgen für Ärger. Dabei wäre es | |
| > doch so einfach, an Geld zu kommen, wie ein Blick in den Bundeshaushalt | |
| > zeigt. | |
| Bild: Immer noch steuervergünstigt: Diesel | |
| Der geplante [1][Bundeshaushalt sorgt für hitzige Diskussionen]. Stichworte | |
| sind: [2][gestrichenes Elterngeld] für Paare mit einem Jahreseinkommen von | |
| über 150.000 Euro, deutlich weniger Mittel fürs Bafög oder eingefrorene | |
| Zuschüsse für Krankenkassen, obwohl [3][das Gesundheitswesen mehr Geld | |
| benötigt]. Da wären innovative Ideen willkommen, wie der Staat neue | |
| Geldquellen auftun könnte. | |
| Um hoffnungsfrohe Erwartungen gleich zu zerstören: Neues ist nicht zu | |
| erwarten; die Debatte dreht sich seit Jahren im Kreis. Jeder denkbare | |
| Steuervorschlag wurde schon vielfach ventiliert – ohne dass sich | |
| Nennenswertes geändert hätte. Trotzdem sind manche Ideen so gut, dass eine | |
| Wiederholung nicht schadet. | |
| Erster Vorschlag: Die Erbschaftssteuer wird endlich gerecht ausgestaltet – | |
| und belastet auch Firmenerben. Sie müssen nämlich gar keine | |
| Erbschaftssteuer zahlen, wenn sie es schlau anstellen, selbst wenn sie ein | |
| Milliardenvermögen übernehmen. Das verstößt gegen das Grundgesetz, wie das | |
| Bundesverfassungsgericht längst festgestellt hat. Profitieren würden die | |
| Länder, die notorisch klamm sind, denn sie kassieren die Erbschaftssteuer | |
| komplett. | |
| Allerdings nutzen selbst die Machtworte des Verfassungsgerichts bisher | |
| nichts, weil die Familienunternehmen geschickte Lobbyarbeit betreiben und | |
| den Eindruck erzeugen, ihr Betrieb würde sofort in den Konkurs rutschen, | |
| wenn sie Erbschaftssteuer abführen müssten. Das ist nachweislich falsch. | |
| Früher mussten Firmenerben nämlich Steuern zahlen, aber Pleiten gab es | |
| dadurch nicht. | |
| Zweiter Vorschlag: Die umweltschädlichen Subventionen werden abgeschafft. | |
| Das Umweltbundesamt hat eine lange Liste vorgelegt und unter anderem | |
| errechnet, dass es allein 8,2 Milliarden Euro im Jahr kostet, Diesel nicht | |
| so hoch zu besteuern wie Benzin. Die Entfernungspauschale schlägt mit | |
| weiteren 6 Milliarden Euro zu Buche, das Dienstwagenprivileg führt zu | |
| Mindereinnahmen von 3,1 Milliarden Euro, und die Befreiung des Kerosins von | |
| der Energiesteuer kostet 8,3 Milliarden Euro. Diese Zahlen stammen von | |
| 2018, neuere gibt es nicht. | |
| Theoretisch ließe sich so also viel Geld mobilisieren. Aber man stelle sich | |
| einmal vor, die Entfernungspauschale würde entfallen. Die Wut in den | |
| Vororten wäre grenzenlos, was keine Partei riskieren möchte. Zudem | |
| scheitern alle diese Vorschläge daran, dass es direkte oder indirekte | |
| Steuererhöhungen wären. Die hat [4][die Ampel] in ihrem Koalitionsvertrag | |
| aber ausgeschlossen, wie FDP-Finanzminister Lindner bei jeder Gelegenheit | |
| betont. | |
| Bleibt ein dritter Vorschlag, der sich sofort umsetzen ließe und für | |
| Mehreinnahmen sorgen würde: Die Regierung hebt [5][den Mindestlohn] | |
| deutlich an. Wenn die Niedriglöhner endlich mehr verdienten, würden sie | |
| auch mehr Steuern zahlen. Zugleich würden sie mehr Beiträge in die Renten- | |
| und Krankenkassen abführen, sodass die staatlichen Zuschüsse dort abnehmen | |
| könnten. | |
| Doch leider passiert das Gegenteil: Der Mindestlohn sinkt real, wenn man | |
| die Inflation berücksichtigt. Die Arbeitgeber haben durchgesetzt, dass er | |
| Anfang 2024 nur von 12 auf 12,41 Euro pro Stunde steigt – was ein Plus von | |
| 3,41 Prozent bedeutet. Die Geldentwertung liegt aktuell jedoch bei 6,4 | |
| Prozent. | |
| Die Armen werden also noch ärmer. Doch bisher gibt sich Kanzler Scholz ganz | |
| ungerührt, obwohl er die Bundestagswahl mit dem Versprechen eines | |
| auskömmlichen Mindestlohns gewonnen hat. Diese Zusage muss er halten. | |
| Niedrige Löhne schaden nicht nur den Armen – sondern auch dem Staat. | |
| 22 Jul 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ulrike Herrmann | |
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