# taz.de -- „Greenpeace Magazin“ wird eingestellt: „Plattform für Debatt… | |
> Das „Greenpeace Magazin“ wird durch „atmo“ ersetzt. Redakteurin Frauke | |
> Ladleif über zeitgemäßen, engagierten Umweltjournalismus. | |
Bild: „atmo“ will einen ganzheitlichen Blick auf Umweltthemen einnehmen | |
taz: [1][Das Greenpeace Magazin wird mit der Septemberausgabe 2024 | |
eingestellt]. Mit Ihren Kolleginnen und Kollegen aus der Redaktion basteln | |
Sie an einer neuen Umweltzeitschrift namens [2][atmo]. Wieso dieser Name? | |
Frauke Ladleif: Weil er so viel ausdrückt. Einerseits atmo als unsere | |
Atmosphäre, als Synonym für unsere Existenz, unsere Lebensgrundlage. | |
Andererseits atmo auch im Sinne von Stimmung. Die öffentliche Debatte ist | |
sehr aufgeheizt, dem möchten wir etwas Positives entgegensetzen. | |
Wann und wie oft soll atmo erscheinen? | |
Voraussichtlich Anfang 2025. Und wohl sechsmal im Jahr, als Printmagazin | |
und digital. Auch möchten wir unsere Inhalte online, über Messenger und | |
themenspezifische Newsletter veröffentlichen. | |
Umwelt- und Klimaschutz stehen zurzeit nicht vorn auf der politischen | |
Agenda. Die Angst vor dem Klimawandel ist auf der Prioritätenliste der | |
meisten Bürger von ziemlich weit oben nach hinten gerutscht. Andere | |
Umweltpublikationen wie Umwelt aktuell sind in den letzten Jahren | |
gescheitert. Ist jetzt der richtige Zeitpunkt für ein neues Ökomagazin? | |
Gerade weil das politisch nicht so auf der Tagesordnung steht, braucht es | |
unabhängigen Umweltjournalismus. Kürzlich kam heraus, dass die Bahn ihre | |
Neubauprojekte einstampfen muss, weil die Ampel spart. Auch der | |
Radwegeausbau fällt dem Sparen zum Opfer. Ein Hitzejahr jagt das nächste, | |
eine Überflutung folgt auf die nächste. Und trotz dieses offensichtlichen | |
Handlungsdrucks ist Umweltpolitik das erste, was wieder zurückgedreht wird. | |
Stattdessen beherrschen alte Lobbyinteressen den Diskurs. Klima und | |
Umweltschutz sind derzeit in eine Art Kulturkampf verwickelt, in dem selbst | |
eine Wärmepumpe zur Chiffre für ideologische Zwangspolitik erklärt wird. | |
Oft wird den Lautsprechern die Bühne geboten, während sich die leise | |
Mehrheit ärgert, dass zu wenig passiert. | |
Ist das zurzeit nicht eher eine Minderheit? | |
Könnte man meinen. Aber es gibt zahlreiche Umfragen, die zeigen, dass sich | |
ein Großteil unserer Gesellschaft um den Erhalt der Lebensgrundlagen sorgt | |
und da auch der Informationsbedarf groß ist. Umwelt und Klima sind zum | |
Glück nicht mehr Nischenthemen wie noch vor 30 Jahren. Sie sind aber aus | |
unserer Sicht noch längst nicht da angekommen, wo sie hingehören – nämlich | |
an die Basis jeder politischen und wirtschaftlichen Entscheidung. Die | |
Dringlichkeit ist da und diese Themen müssen in die Öffentlichkeit. Und | |
dafür braucht es eine starke journalistische Stimme. | |
Wie sieht das inhaltliche Konzept aus, welche Schwerpunkte sind geplant? | |
Schwerpunkte sind ganz klar Umwelt, Klima, Natur, Menschenrechte als | |
Themen, die überall hineinwirken. In die Politik, in die Wirtschaft, in den | |
Alltag. Es geht dabei auch um Gerechtigkeit und Frieden, um Rassismus und | |
das Erbe des Kolonialismus, um Gesundheit, Chemikalien, die Plastikflut. | |
Und um Artensterben natürlich, um schwindende Ressourcen, um Flächenfraß. | |
Im Grunde geht's darum, wie eine lebenswerte Zukunft möglich wird. Wir | |
setzen also auf einen umfassenden Blick, der bei Umweltthemen oft zu kurz | |
kommt. Das Ganze kombiniert mit tollen Fotostrecken und Infografiken. | |
Was heißt das konkret? | |
Wir wollen immer ein aktuelles Thema herauspicken und dazu Fakten und | |
Hintergründe liefern, aktuell wäre das [3][etwa der Sparplan der | |
Bundesregierung] und welche Folgen der für den Umwelt- und Klimaschutz hat. | |
[4][Oder die Bauernproteste,] die Agrarwende, die Interessen der Gaslobby | |
bei der Wärmewende, das wären weitere aktuelle Themen. Gleichzeitig möchten | |
wir respektvoll streiten lassen in Streitgesprächen, um Argumenten in | |
dieser aufgeheizten Zeit wieder mehr Raum zu geben, um einander zuzuhören. | |
Neue Gentechnik, E-Autos, Fleischkonsum, es gibt ja auch bei Umweltfragen | |
ganz viele Streitthemen. | |
Wir möchten auch zeigen, wie die ökologischen Wenden gehen, sagen, wer und | |
was den Wandel bremst, dabei die Lobbyinteressen klar benennen. | |
Gleichzeitig möchten wir die Leute nicht mit einem Gefühl der Apokalypse | |
zurücklassen, sondern zeigen, wie Zukunft geht. Egal, wie schlimm die Lage | |
ist, es gibt immer einen Weg daraus. Wir sehen es als unsere Aufgabe, | |
diesen Weg zu suchen und zu zeigen. Zusammengefasst, wir wollen eine bunte | |
Tüte anbieten aus politisch und lebensnah, aus radikal und inspirierend. | |
Kann man mit einem zweimonatlichen Erscheinen journalistisch intervenieren? | |
Unser Vorteil ist, dass wir mit dem täglichen Grundrauschen nicht | |
konkurrieren müssen, so dass wir den Leuten eine Schneise durch den | |
Informationsdschungel schlagen und Themen wirklich einordnen und | |
Zusammenhänge aufzeigen können. Als Oase in dieser täglichen | |
Nachrichtenflut. | |
Was wäre das Alleinstellungsmerkmal dieses neuen Umweltmagazins atmo? | |
Das Magazin soll erst der Anfang sein. Wir möchten eine Plattform für | |
Debatten und Austausch schaffen. Wir lernen in unserer Arbeit seit Jahren | |
so viele engagierte Menschen kennen, die sich auf vielfältige Weise für den | |
Erhalt unserer Lebensgrundlagen einsetzen. Und das möchten wir auch anderen | |
ermöglichen, indem wir diese inspirierenden Menschen zusammenbringen mit | |
engagierten Menschen, die selber was machen wollen. | |
Zum Beispiel? | |
Zum Beispiel wenn wir mit einer Ingenieurin sprechen, die Plastikflaschen | |
entwickelt hat aus recycelten Kunststoffen aus der Region. Das interessiert | |
auch andere: Wie hast du das gemacht? Wie geht das vielleicht in unserem | |
Landkreis? Oder dass wir eine Genossenschaft vorstellen, die für Ökobauern | |
Land kauft und günstig verpachtet. Lässt sich das nachmachen? Solche | |
Initiativen möchten wir über Gesprächsformate und Workshops mit | |
Interessierten zusammenbringen. Dieser Mitmachgedanke, diese Lust am | |
Selbermachen, diese Erfahrung von Selbstwirksamkeit, das ist, glaube ich, | |
in diesen Krisenzeiten so wichtig. | |
Wie wollen Sie das Vorhaben einer Magazinneugründung finanziell stemmen? | |
Es ist eine enorme Herausforderung, noch mal neu zu starten. Wir als | |
Gründungsteam gehen dabei auch ins eigene finanzielle Risiko. Aber wir | |
möchten den 53.000 Greenpeace Magazin-Abonnent:innen ein neues geliebtes | |
Umweltmagazin, eine publizistische Heimat anbieten. Wir hoffen, dass sie | |
sich auch für atmo entscheiden. Das wäre schon eine gute Basis. Aber | |
darüber hinaus möchten wir ein Magazin für die Breite werden. Wir haben in | |
unserem atmo-Newsletter gerade eine Umfrage gemacht, wie viel die Leute | |
bereit wären zu zahlen – ein gestaffelter Abopreis käme demnach gut an. Von | |
59 Euro als Basisabo bis hin zu 89 Euro, für sechs Ausgaben im Jahr. | |
Wollen Sie auch an die Kioske gehen? | |
Das wäre natürlich schön. Aber leider ist das sehr teuer. Es kann sein, | |
dass das am Anfang noch nicht klappt. | |
Reicht es, nur auf Abos zu setzen? | |
Wer uns lieber online liest, soll die Möglichkeit erhalten, atmo über ein | |
voraussichtlich freiwilliges Bezahlsystem zu unterstützen. Wir können uns | |
auch vorstellen, mittelfristig als eine gemeinnützige GmbH zu firmieren, um | |
mit Stiftungen zusammenzuarbeiten und uns auch über Spenden zu finanzieren, | |
wie das zum Beispiel Correctiv sehr erfolgreich macht. Eine andere Variante | |
wäre ein Genossenschaftsmodell à la taz, was eine Mitgliedschaft und mehr | |
Teilhabe an dem ganzen Projekt ermöglichen würde. Es gibt ja wirklich tolle | |
Medienprojekte, die genau an der Frage der Finanzierbarkeit von | |
unabhängigem Qualitätsjournalismus arbeiten und das bereits vormachen. Mit | |
denen wollen wir auf jeden Fall zusammenarbeiten. Wir sehen große Chancen, | |
gemeinsam etwas Neues aufzubauen. So eine Art Plattform für unabhängigen | |
Umweltjournalismus. | |
8 Mar 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Greenpeace-Magazin-wird-eingestellt/!5983046 | |
[2] https://atmo-magazin.de/ | |
[3] /Sparplaene-der-Bundesregierung/!5946711 | |
[4] /Proteste-von-Bauern-und-Klimaaktivisten/!5993493 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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