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# taz.de -- Haushaltsentwurf 2024: Klar zur Wende auf Sparkurs
> Die Bundesregierung beschließt den Haushaltsentwurf für 2024. Der sieht
> Einsparungen beim Elterngeld und beim Radverkehr vor.
Bild: Erste Demonstrierende von der Initiative FiscalFuture gegen die Finanzpol…
Berlin taz | Seinen Humor hat Christian Lindner nicht verloren. Man werde
sich mit der gleichen Fröhlichkeit wie in diesem Jahr auch in den nächsten
Jahren an die Haushaltsaufstellung begeben, so der Finanzminister am
Mittwoch in der Berliner Bundespressekonferenz.
Dabei war das, was Lindner verkündete, alles andere als lustig. Der an
diesem Mittwoch im Kabinett [1][beschlossene Haushalt] sieht für das
kommende Jahr zwar noch Ausgaben in Höhe von knapp 446 Milliarden Euro vor.
Das sind aber 30 Milliarden weniger als in diesem Jahr, was sich in
[2][fast allen Ressorts schmerzhaft] in Form von Kürzungen niederschlägt.
Denn der Bund will künftig kaum noch neue Schulden aufnehmen, Lindner nennt
das die Rückkehr zur haushaltspolitischen Normalität.
Lange [3][hatten SPD], Grüne und FDP um den Haushalt gerungen. Die zunächst
für das Frühjahr angekündigten Eckpunkte hatte Lindner erst verschoben,
dann ganz fallengelassen und sich zuletzt auch beim Kanzler Hilfe in den
Verhandlungen mit den Minister:innen geholt. Die schwierige
Haushaltslage ergibt sich zum einen aus der Schuldenbremse, die neue
Kredite nur noch im Ausnahmefall erlaubt. Von 215 Milliarden Euro im Jahr
2021 und 115 Milliarden im Vorjahr sinken die Neuschulden auf 16 Milliarden
im kommenden Jahr. Zum anderen beharrt vor allem die FDP darauf, keine
Steuern zu erhöhen.
Die sich nun logisch ergebenden Einnahmelücken müssen alle
Minister:innen mit Ausnahme des Verteidigungsministers stopfen.
Besonders heftig trifft es das Haus der grünen Außenministerin Annalena
Baerbock, die ihren Etat um ein Sechstel kürzen muss, darunter 1 Milliarde
für humanitäre Krisenhilfe im Ausland.
Aber auch die Sozialkassen leiden, so soll der Pflegevorsorgefonds
ausgesetzt und damit eine Milliarde Euro eingespart werden. Im
Pflegevorsorgefonds soll eigentlich Geld angespart werden, um künftig die
durch mehr Pflegebedürftige, aber weniger Beitragszahler:innen zu
erwartenden massiven Beitragserhöhungen abzumildern. „Eine nachhaltige
Finanzierung der Pflege ist dringender denn je, doch stattdessen schwächt
der Minister das einzige Element der Teilkapitaldeckung, das wir in der
Sozialversicherung haben“, sagt DAK-Vorstandsvorsitzender Andreas Storm.
## Debatte um Elterngeld
Insgesamt schrumpft der Etat des Bundesgesundheitsministeriums nach der
Rekordausstattung in den Coronajahren um knapp 34 Prozent – von 24,5
Milliarden in 2023 auf 16,2 Milliarden Euro in 2024. „Die Kürzungen im Etat
des Bundesgesundheitsministeriums führen zu einer Umverteilung von den
Steuer- auf die Beitragszahlenden und treffen damit die Schwächsten in
unserer Gesellschaft am härtesten“, so Storm.
Heftig debattiert wird auch über die geplanten Kürzungen beim Elterngeld.
Für Familien mit einem Einkommen von mehr als 150.000 Euro pro Jahr soll
die Leistung gestrichen werden. Hier schieben sich Grüne und FDP
wechselseitig die Schuld zu. In einem öffentlich gewordenen Briefwechsel
empörte sich Familienministerin Lisa Paus vergangene Woche gegenüber dem
Finanzminister: „Sie fordern mein Haus auf, strukturelle Einschnitte bei
einer gesetzlichen Leistung vorzunehmen, die zu den populärsten
familienpolitischen Leistungen und größten gleichstellungspolitischen
Errungenschaften des Landes gehört.“ Woraufhin Lindner entgegnete, der
Einsparbetrag könne auch an anderen Stellen realisiert werden.
Wo sie sparen, entscheiden die Minister:innen selbst. Verkehrsminister
Volker Wissing, FDP, will etwas mehr Geld für den Bau von Autobahnen und
Fernstraßen ausgeben, kürzen will er dagegen beim Rad- und Fußverkehr. Im
nächsten Jahr will der Bund noch rund 400 Millionen Euro für die
Radinfrastruktur zur Verfügung stellen und damit 160 Millionen Euro weniger
als in diesem Jahr. Gegenüber 2022 ist der Posten sogar fast halbiert.
Heftige Kritik übt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC). „Wie kann
es sein, dass Deutschland die Klimaziele im Verkehr krachend verfehlt – und
trotzdem die Mittel für den Radverkehr zusammenstreicht?“, empörte sich
ADFC-Bundesvorsitzende Rebecca Peters.
Nur einer bleibt verschont: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius,
SPD, kann sich über 1,7 Milliarden Euro mehr freuen, als in der
ursprünglichen Finanzplanung vorgesehen. Das Geld wird größtenteils
gebraucht, um die Steigerung der Gehälter auszugleichen. Künftig soll sein
Haushalt gemäß dem Nato-Ziel 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen.
In den kommenden Jahren wird er noch aus dem Sondervermögen aufgestockt,
gegen Ende des Jahrzehnts seien größere Ausgaben [4][aus dem Haushalt]
nötig, so Lindner. „Dieser Haushalt ist nur der Beginn einer Trendumkehr.“
Der Haushalt soll Anfang Dezember im Bundestag beschlossen werden.
5 Jul 2023
## LINKS
[1] /Lindners-Etatplaene/!5945447
[2] /Einsparungen-im-Bundeshaushalt/!5942033
[3] /Regierungsbefragung-im-Bundestag/!5942051
[4] /Entwurf-fuer-Bundeshaushalt-2024/!5945604
## AUTOREN
Anna Lehmann
Manuela Heim
Pascal Beucker
## TAGS
Das Milliardenloch
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