| # taz.de -- UN-Klimaziele vor dem Scheitern: Richtung 2,7 Grad Erderwärmung | |
| > Alarm bei der UNO: Die Klimapolitik ist weit vom 1,5-Grad-Ziel entfernt. | |
| > Die G20 könnten viel bewirken, sind aber zu langsam. | |
| Bild: Der Wald im Amazonas brennt weiter, die Klimaziele werden verfehlt | |
| Berlin taz | Wenn am Montag in New York die diesjährige Vollversammlung der | |
| Vereinten Nationen beginnt, haben die Staaten der Welt ihr aktuelles | |
| Versagen in der Klimapolitik schwarz auf weiß: Anstatt die klimaschädlichen | |
| Treibhausgase bis 2030 zu reduzieren, führt die momentane Politik der | |
| UN-Staaten zu einer Zunahme der Emissionen um 16 Prozent. | |
| Das wiederum verursacht bis 2100 eine Erderwärmung von 2,7 Grad Celsius – | |
| weit mehr als die „deutlich unter 2 Grad“, die dieselben Staaten 2015 im | |
| Pariser Abkommen beschlossen haben. Das sind die [1][Kernaussagen des | |
| „NDC-Berichts“, den das Klimasekretariat UNFCCC] am Wochenende vorgestellt | |
| hat. „Der Bericht zeigt, dass die Welt auf einem katastrophalen Weg zu 2,7 | |
| Grad Erwärmung ist“, warnte UN-Generalsekretär Antonio Guterres. „Das ist | |
| der Bruch des Versprechens von 1,5 Grad aus dem Pariser Abkommen.“ | |
| 2015 hatten 191 Unterzeichner gelobt, alle fünf Jahre neue und verbesserte | |
| nationale Klimapläne (NDC) vorzustellen. Bisher haben das nur 113 Länder | |
| getan – für die Chefin des UN-Klimaprogramms UNFCCC, Patricia Espinosa, | |
| immerhin ein „Hoffnungsschimmer“. Denn rechnet man diese Zahlen zusammen, | |
| kommt man für 2030 auf eine Reduktion von 12 Prozent der Emissionen durch | |
| diese Staaten. | |
| Doch das ist weit entfernt von den minus 45 Prozent, die 2030 gegenüber | |
| 2010 nach Berechnungen [2][des UN-Klimarats IPCC weltweit nötig sind, um | |
| das 1,5-Grad-Ziel] zu halten. Das ist für Espinosa dann auch „ernüchternd�… | |
| erklärte sie vor JournalistInnen: „Obwohl manche Nationen Fortschritte | |
| machen, gehen die NDC insgesamt in die falsche Richtung.“ | |
| ## Katastrophen als Folge | |
| Bei der UN-Generalversammlung wird das Klima auf der Tagesordnung stehen. | |
| Doch das Pariser Abkommen sieht kaum Folgen für die Länder vor, die ihren | |
| Pflichten zu ehrgeizigen NDC-Plänen nicht nachkommen. „Die schwerste | |
| Konsequenz daraus, das Abkommen nicht zu erfüllen, sind Katastrophen, wie | |
| wir sie gerade überall gesehen haben“, meinte Espinosa. | |
| Selbst im besten Fall liegen nach den bisherigen Planungen die weltweiten | |
| Emissionen 2030 um 20 bis 23 Milliarden Tonnen CO2 (Deutschland: etwa 0,8 | |
| Milliarden Tonnen pro Jahr) zu hoch, um die Erwärmung bei 1,5 Grad zu | |
| stoppen. Das ergibt eine aktuelle [3][Detailanalyse der vorgelegten | |
| NDC-Pläne durch die Thinktanks Climate Analytics und New Climate | |
| Institute:] Es gebe „ein paar einsame Vorreiter, aber die Ziele und | |
| Aktionen der meisten Regierungen bleiben höchst oder deutlich ungenügend“, | |
| heißt es. | |
| Zu den Musterschülern gehören Gambia, Costa Rica, Kenia, Äthiopien und | |
| Nepal, dazu auch Großbritannien. Deutschland, Norwegen und die EU kommen | |
| nahe an ein „fast ausreichend“ heran – es fehlen ein schnelleres Kohle-Aus | |
| und mehr Finanzhilfen für die armen Staaten. Diese sollten laut Pariser | |
| Abkommen ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar betragen, lagen aber 2019 | |
| [4][nach Schätzungen der OECD nur bei etwa 80 Milliarden.] | |
| Die Thinktank-Analyse erkennt an, dass die EU und die USA ihre Ziele | |
| angehoben haben und 70 Länder bis 2050 klimaneutral sein wollen. Doch diese | |
| Ziele seien zu vage, es fehle ein Pfad zur Emissionssenkung, schreiben die | |
| Experten: „Das wichtigste Datum ist 2030, wo die globalen Emissionen um 50 | |
| Prozent gekappt sein müssen“, warnt der Bericht, „aber die Regierungen sind | |
| nicht einmal nahe dran an diesem Ziel“. | |
| ## Australien, Mexiko, Russland schneiden schlecht ab | |
| Besonders schlecht schneiden die Regierungen von Australien, Mexiko, | |
| Russland, Indonesien, Vietnam, Brasilien, Neuseeland, Singapur und der | |
| Schweiz ab, die die „gleichen oder schwächere Klimapläne als 2015 vorgelegt | |
| haben“. | |
| Dabei könnten gerade viele dieser Länder einen großen Unterschied machen, | |
| findet eine andere Analyse der [5][Denkfabriken World Ressource Institute | |
| und Climate Analytics:] Sie sind zum großen Teil G20-Staaten, die weltweit | |
| für 75 Prozent der Emissionen verantwortlich sind. Mit ehrgeizigen | |
| Klimazielen könnten sie die Erderhitzung noch auf 1,7 Grad bis 2100 | |
| begrenzen, ergibt die Untersuchung. | |
| Ihre jetzige Politik verurteile die Welt allerdings zu 2,4 Grad mehr, und | |
| auch die bislang angekündigten Verbesserung brächten das nur auf 2,1 Grad. | |
| „Die G20 sind verantwortich für die überweigende Mehrheit der | |
| CO2-Emissionen, wir brauchen die gemeinsame Anstrengung der reichsten | |
| Länder, um die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen“, sagte Bill Hare von | |
| Climate Analytics. | |
| „Handeln oder Nichthandeln der G20-Länder wird hauptsächlich darüber | |
| entscheiden, ob wir die gefährlichsten und teuersten Folgen des | |
| Klimawandels verhindern können“, meinte Helen Mountford vom WRI. Ende | |
| Oktober wird das offensichtlich: Auf das G20-Treffen in Rom folgt gleich am | |
| nächsten Tag der Klimagipfel in Glasgow. | |
| 19 Sep 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://unfccc.int/documents/306848 | |
| [2] https://www.ipcc.ch/sr15/ | |
| [3] https://climateanalytics.org/latest/new-report-finds-ambitious-action-by-g2… | |
| [4] https://www.oecd.org/newsroom/statement-from-oecd-secretary-general-mathias… | |
| [5] https://www.wri.org/news/release-new-report-finds-ambitious-action-g20-coun… | |
| ## AUTOREN | |
| Bernhard Pötter | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| UN | |
| UN-Vollversammlung | |
| klimataz | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Erderwärmung | |
| IG | |
| Chile | |
| Millennials | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Wir retten die Welt | |
| Klimakonferenz in Dubai | |
| Pariser Abkommen | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Greta Thunberg | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| António Guterres | |
| Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Kunst | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Warnung vor noch größerer Klimakrise: Unfassbare drei Grad mehr für die heut… | |
| Es ist Zeit zu handeln. Jetzt. Sofort. Radikal. Die menschengemachte | |
| Erderhitzung kann nicht mehr gestoppt, nur noch ein bisschen abgemildert | |
| werden. | |
| Studie zu globalen Kippsystemen: Höchste Zeit für positive Kipppunkte | |
| Der Punkt, von dem es kein Zurück gibt, bedroht Eisschilde, Korallenriffe | |
| und den Golfstrom. Doch nicht alle Kettenreaktionen sind zwingend negativ. | |
| Kapitalismus und Klimaschutz: Schrumpfen statt Wachsen | |
| Klimaschutz ist nur möglich, wenn Kapitalismus und Wachstum enden. | |
| Millionen Menschen werden sich beruflich umorientieren müssen. | |
| Verfassungsreferendum in Chile: Aus alt mach alt | |
| Beim Volksentscheid in Chile blieb die Veränderung dem Altbekannten | |
| unterlegen. Der Prozess hat allerdings einen demokratischen Diskurs | |
| angeschoben. | |
| Millennials und Zoomer: Neue deutsche Jugend | |
| Klima und Krieg verängstigen junge Leute. Sie übernehmen Verantwortung, | |
| wollen die Welt retten und für die Fehler der Alten geradestehen. | |
| Debatte über Verzicht in der Klimakrise: Sparen fürs Klima | |
| Verzicht auf den Energieverbrauch muss nicht immer weh tun. Nur mit | |
| Verschwendung aufzuhören, wäre schon ein wesentlicher Schritt. | |
| Klima-Sozialfonds der EU: Die Last ungleich verteilen | |
| Ein CO2-Preis ist richtig. Reiche Länder in der EU müssen ärmere im Kampf | |
| gegen die Erderwärmung unterstützen. | |
| Erderwärmung und soziale Gerechtigkeit: Die Welt retten | |
| Die Autorin Octavia Butler hat vor 30 Jahren vieles vorausgesehen, was | |
| heute passiert. Sie zeichnet eine düstere aber nicht aussichtslose | |
| Perspektive. | |
| Generationenwandel in der Klimakrise: Wenn der Boomer erzählt | |
| Sie wissen alles. Und tun fast nichts. Schließlich haben sie ja genug | |
| getan, die Boomer. Oder? | |
| Klimaschurke Brasilien: Für die Ausbeutung des Amazonas | |
| Die Regierung Bolsonaro fährt zwar mit einem Umweltplan zur Klimakonferenz | |
| nach Glasgow. Allerdings steht da nichts zur Abholzung des Regenwalds drin. | |
| Science-Fiction-Roman und CO2-Ausstoß: Kurs auf eine bessere Welt | |
| Der Roman „Das Ministerium für die Zukunft“ beschreibt den Weg zum | |
| erstmaligen Sinken des CO2-Gehalts in der Atmosphäre. Das ginge auch im | |
| echten Leben. | |
| Klimaforscher über Ampel-Verhandlungen: „Der Geist ist ein offener“ | |
| Hans Joachim Schellnhuber spricht darüber, was die nächste Bundesregierung | |
| liefern muss – und wann er fürs Klima in den Hungerstreik geht. | |
| Studie zu Folgen der Klimakrise: Ein halbes Leben lang Hitzewellen | |
| Neugeborene werden weit mehr Extremwetterereignisse erleben als die | |
| Generation ihrer Großeltern. Das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten könnte viel | |
| verhindern. | |
| Globaler Klimastreik am Freitag: Greta ist in Berlin dabei | |
| Zwei Tage vor der Bundestagswahl ruft Fridays for Future zum globalen | |
| Klimastreik auf. Allein hierzulande sind in hunderten Städten Demos | |
| geplant. | |
| UN-Vollversammlung zum Klima: Mehr Geld, weniger Kohle | |
| Klimafortschritte beim UNO-Treffen: Die USA stocken Hilfen für arme Länder | |
| auf, China will keine Kohlekraftwerke im Ausland mehr bauen. | |
| USA auf der UN-Vollversammlung: Biden setzt auf Multilateralismus | |
| Bei seiner Rede auf der UN-Generalversammlung bekundet der US-Präsident den | |
| Willen zur gemeinsamen Bewältigung von Klimakrise und Coronapandemie. | |
| Der ökologische Wandel des Olaf Scholz: Plötzlich Klimaschützer | |
| Lange fand Olaf Scholz das Klimathema eher lästig. Jetzt, im Wahlkampf, | |
| wirbt er als „Kanzler für Klimaschutz“. Was ist davon zu halten? | |
| Kritik an staatlichen Bürgschaften: Deutsche Hilfe für arktisches Gas | |
| Bundesregierung sichert Miliardenkredite für fossile Infrastruktur im | |
| Ausland ab. Umweltgruppen sehen darin eine Verletzung des Paris-Abkommens. | |
| Klimaneutralität und Kunst in Finnland: Alarm an Quay 6 | |
| Finnland will 15 Jahre vor der EU klimaneutral werden. Auch die Kunst in | |
| Europas Norden achtet längst auf Nachhaltigkeit – und sieht gut aus. |