# taz.de -- Wohnungspolitik linker Parteien: Alles auf Anfang | |
> Klare Kante in der Wohnungspolitik: SPD, Linke und Grüne stehen gegen | |
> Union und FDP. Aber nur, weil sie liberale Positionen revidiert haben. | |
Bild: Gegen Verdrängung, gegen Mietensteigerung: Mieter beim Protest in Berlin | |
Nach einer Weile holt Bernhard Daldrup einen alten Suhrkamp-Band aus dem | |
Regal seines Abgeordnetenbüros. Alexander Mitscherlich, „Die Unwirtlichkeit | |
der Städte“, ein Klassiker der linken Literatur der 60er Jahre. Die Seiten | |
sind vergilbt, ganze Passagen unterstrichen. Daldrup hat ihn im Studium | |
gelesen. Später war der heute 62-Jährige lange Leiter des | |
Stadtplanungsamtes im westfälischen Beckum, inzwischen ist er Obmann der | |
SPD-Fraktion im Bundestagsausschuss für Wohnen. | |
Man kann mit Daldrup, einem SPD-Linken, über Mitscherlich reden, über | |
Stadtplanung, über Bauen in ländlichen Gebieten. Vor allem aber über | |
Fehler. Die der SPD und seine eigenen: „Früher konnte ich es | |
nachvollziehen, wenn sich Städte von ihren Wohnungsbeständen getrennt haben | |
und das Geld zum Haushaltsausgleich nutzen mussten oder für etwas anderes | |
wie etwa den Straßenbau ausgegeben haben.“ Heute sieht Daldrup das anders: | |
„Die öffentliche Hand muss Wohnungen für breite Schichten zur Verfügung | |
stellen.“ | |
Sozialdemokraten und Sozialisten haben ihre Zeitungen gerne Vorwärts oder | |
Avanti genannt; die Grünen plakatierten in ihrer Anfangszeit „Wir sind | |
weder rechts noch links, sondern vorne“. Vorwärts immer, rückwärts nimmer. | |
Aber in der Wohnungsfrage haben sich Linke in den letzten zwei Jahrzehnten | |
im Kreis gedreht. Zu Anfang verkauften Bund und Kommunen große öffentliche | |
Wohnungsbestände, unterstützt von SPD, Grünen und Linken. Heute hätten | |
viele die Bestände gerne zurück. | |
Spricht man mit Vertretern linker Parteien, schwärmen fast alle von | |
[1][Wien, wo der Anteil öffentlich gebundener Wohnungen] über 50 Prozent | |
liegt. Aber während viele Kommunen zum Beispiel ihre einst veräußerten | |
Stadtwerke längst zurückgekauft haben, sind sie bei privatisierten | |
Wohnungen zögerlich: Weil der Wohnungsmarkt weitgehend privatisiert und zu | |
wenig reguliert wurde, sind die Preise so explodiert, dass sich die | |
Kommunen kaum leisten können, Wohnungen im großen Stil anzukaufen. | |
Wie keine andere Stadt steht Berlin für die Privatisierungswelle der nuller | |
Jahre und das Hin und Her der linken Parteien. Der rot-rote Senat verkaufte | |
2004 angesichts der immensen Verschuldung des Landes die | |
Wohnungsgesellschaft GSW. Ihre Bestände gehören inzwischen zur Deutschen | |
Wohnen. Andere Berliner Wohnungsgesellschaften verkauften einzelne Häuser. | |
Ergebnis: Von den knapp 400.000 öffentlichen Wohnungen Berlins im Jahr 2000 | |
waren sieben Jahre später noch 260.000 übrig. Die Grünen, seinerzeit auf | |
striktem Sparkurs, kritisierten den rot-roten Senat: 160.000 städtische | |
Wohnungen würden reichen. | |
Als nach jahrelanger Rezession Berlins Wirtschaft ab Ende der nuller Jahre | |
wieder ebenso wuchs wie die Bevölkerung, stiegen die Mieten wie in kaum | |
einer anderen deutschen Stadt. 73 Prozent der Wohnungen gehörten 2007 | |
privaten Eigentümern – das Land hatte kaum noch Einfluss auf den | |
Wohnungsmarkt. | |
Dennoch änderte die Berliner Landespolitik nur langsam ihren Kurs: In | |
bescheidenem Umfang werden heute wieder Sozialwohnungen errichtet, die | |
landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften bauen wieder, die Mietpreisbremse | |
ist flächendeckend in Kraft. Große Wirkungen hat dies alles nicht. Die | |
Deutsche Bank prognostizierte kürzlich, Berlin könnte in Zukunft zu den | |
teuersten europäischen Städten gehören. | |
Wird nun alles besser? Vor zwei Wochen bot Berlins Regierender | |
Bürgermeister Michael Müller der Deutschen Wohnen an, die einst | |
[2][privatisierten Wohnungen zurückzukaufen]. Käme es dazu, wäre die | |
rot-rote Politik nach 2002 so gut wie abgewickelt. Allerdings zu hohen | |
Kosten: Berlin hat die GSW-Wohnungen 2004 für 405 Millionen Euro verkauft, | |
heute beträgt der Buchwert etwa 7 Milliarden Euro. | |
Müller reagiert unter dem Druck der Umfragen: Seine SPD liegt nur noch bei | |
15 Prozent, hinter den Koalitionspartnern Grüne und Linkspartei. Zudem soll | |
im Frühjahr ein Volksbegehren starten: „Deutsche Wohnen & Co enteignen.“ | |
Die linken Aktivisten wollen alle Wohnungsunternehmen, die mehr als 3.000 | |
Wohnungen in Berlin besitzen, enteignen. Entschädigungen sollen unter dem | |
Marktwert erfolgen. Ob das rechtmäßig ist, werden Gerichte entscheiden | |
müssen. Dennoch haben sich einige Grüne und die Linkspartei bereits hinter | |
das Volksbegehren gestellt. | |
## Dürfen Kommunen die Miete deckeln? | |
Damit nicht genug. Ebenfalls im Januar folgte die zweite mietenpolitische | |
Sensation binnen kurzer Zeit aus Berlin. Als der Bund und die Kommunen ihre | |
Wohnungen in den neunziger und nuller Jahren privatisierten, versäumten | |
sie, ein stärkeres Mietrecht als Ausgleich zu schaffen. Damals waren die | |
Mieten billig, die Nachfrage nach Wohnungen gering. Die Städte seien fertig | |
gebaut, Zuzüge in größerem Umfang nicht mehr zu erwarten – das dachten auch | |
viele Sozialdemokraten, Linke und Grüne. Als die Städte wider Erwarten | |
wuchsen, regierte wieder im Bund die Union, die fast alle Vorschläge für | |
einen schärferen Mieterschutz blockierte. | |
Jahrelang glaubten alle, alleine der Bund sei für das Mietrecht zuständig. | |
Aber dann veröffentlichte Ende 2018 der Berliner Jurist Peter Weber in | |
einer Fachzeitschrift einen Aufsatz. Weber argumentiert, dass Kommunen das | |
Recht haben, selbst in die Miethöhe einzugreifen. In den drei Berliner | |
Regierungsparteien las man Webers Aufsatz interessiert. Als Erstes trauten | |
sich drei SPDler aus der Deckung, darunter die Bundestagsabgeordnete Eva | |
Högl. Sie forderten einen Mietendeckel bei 6 bis 7 Euro bei Alt- und | |
Neubauten. | |
Inzwischen hat sich die [3][Landes-SPD hinter diese Position] gestellt, | |
wenn auch leicht verändert: Für fünf Jahre soll in allen Stadtgebieten mit | |
einem besonders starken Mietanstieg ein Mietenstopp gelten – allerdings nur | |
für Altbauten. Auch in anderen Städten interessiert man sich für Webers | |
Aufsatz. Ob man seine Argumente wirklich juristisch für ausreichend hält, | |
muss der Senat aber erst noch entscheiden. | |
Um zu wissen, warum sich die Berliner Landespolitik in der Wohnungsfrage | |
einmal im Kreis gedreht hat, hilft ein Besuch bei Katalin Gennburg. Die | |
34-Jährige ist seit 2016 stadtentwicklungspolitische Sprecherin der | |
Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Gennburg greift auf Twitter | |
Investoren an („Keinen Millimeter für Gröner“) und agitiert gegen Airbnb | |
(„Vermietungskonzerne enttarnen und zurückdrängen“). | |
Sie empfängt in ihrem Wahlkreisbüro in Treptow, es ist Mitte November, noch | |
vor dem wohnungspolitischen U-Turn der SPD. „Ich habe 2001 für den | |
rot-roten Kurs geworben und bin als Kommunalpolitikerin Reformerin | |
geworden“, sagt sie. „Die West-Linken in der PDS haben uns damals extrem | |
genervt.“ Zwischen ihrem Reformkurs und der West-Linken, die grundsätzlich | |
gegen eine Regierungsbeteiligung war, habe es politisch nichts gegeben. Das | |
sei erst später mit Katja Kipping und dem Konzept der „Partei in Bewegung“ | |
gekommen. So stimmten auch die PDS-Realos 2004 für die Privatisierung der | |
GSW. Haushaltssanierung hatte Priorität. | |
Die stadtpolitischen Bewegungen fielen den Berliner Landesregierungen, ob | |
Rot-Rot oder der SPD-CDU-Koalition danach, erheblich auf die Nerven. Sie | |
initiierten Volksbegehren zur Wasserprivatisierung, gegen die geplante | |
Bebauung des einstigen Tempelhofer Flughafengeländes, zur Reduzierung der | |
Mieten. Der Senat versuchte, sie juristisch auszukontern, monierte | |
fehlerhafte Gesetzesformulierungen. | |
Erst nachdem die Linke 2011 aus der Landesregierung flog, lernte die | |
Partei, mit statt gegen die Bewegungen Politik zu machen. Das ging nicht | |
ohne innerparteiliche Auseinandersetzungen: „Beim Mietenvolksentscheid | |
haben unsere Fachpolitiker gesagt, den können wir nicht unterstützen, weil | |
in irgendeinem Paragrafen ein Satz drinsteht, der nicht geht. Aber wenn es | |
eine Volksinitiative für ein Gesetz gibt, das man grundsätzlich richtig | |
findet, in dem man aber einen Absatz für schwierig hält, muss man trotzdem | |
zustimmen.“ Der Mietenvolksentscheid kam nie zur Abstimmung; der Senat | |
übernahm aber viele Forderungen der Aktivisten. | |
Das sei heute auch ein Unterschied zur SPD: „Die Sozialdemokraten sehen | |
sich als Staat“, sagt Gennburg. „Die wollen alles selbst entscheiden.“ | |
Deshalb sei es klar, dass die SPD das Volksbegehren „Deutsche Wohnen | |
enteignen“ ablehnen würde. „Wobei – man weiß ja nie“, sagt sie. „Die | |
Sozialdemokraten neigen derzeit zu spontanen Entscheidungen.“ Wenige Tage | |
später gibt Müller bekannt, die ehemaligen GSW-Wohnungen zurückkaufen zu | |
wollen. Keine direkte Unterstützung des Volksbegehrens, aber ein deutlicher | |
Schritt in diese Richtung. | |
## SPD prescht vor | |
Bereits im Sommer hatten auf Bundesebene Andrea Nahles und der hessische | |
SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel [4][ein Mietenpapier vorgelegt,] das fast | |
alle Wünsche der großen Mieterorganisationen erfüllt: Mietenstopp auf | |
Inflationshöhe, besserer Kündigungsschutz bei Eigenbedarf, ein besserer | |
Schutz vor der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Das war auch | |
Taktik, so kurz vor den Wahlen in Bayern und Hessen. Aber SPD, Grüne und | |
Linke unterscheiden sich damit in der Mietenprogrammatik nur noch im Detail | |
– was die Bestandswohnungen betrifft. | |
Beim Neubau sind die Unterschiede noch immer gravierend. Hier sind die | |
Kosten inzwischen so hoch, dass Länder und Kommunen große Beträge in die | |
Hand nehmen müssten, um den Neubau in wesentlichen Teilen selbst zu | |
finanzieren. Das allerdings verhindert schon die Schuldenbremse. Die SPD | |
setzt für die Mittelschicht daher einerseits auf private Investoren, | |
weshalb sie Neubauwohnungen von Mietpreisbremsen ausnimmt – ohne die | |
Aussicht auf hohe Mieteinnahmen bestünde kaum Anreiz zu bauen. Andererseits | |
soll das von der Großen Koalition beschlossene Baukindergeld die | |
Eigentumsbildung von Familien fördern. | |
Grüne und Linkspartei hoffen dagegen auf eine neue Wohngemeinnützigkeit: | |
Mit Steuererleichterungen soll gemeinnützigen Trägern der Bau billiger | |
Wohnungen erleichtert werden. Eine Forderung, die inzwischen auch der | |
sozialdemokratisch dominierte Deutsche Mieterbund teilt. | |
Vielleicht noch gravierender sind die Unterschiede in der | |
Stadtentwicklungspolitik – und dazu hilft noch einmal ein Blick auf Katalin | |
Gennburg und ihren Direktwahlkreis 1 in Treptow-Köpenick. Die Linkspartei | |
versteckte sie bei den Abgeordnetenhauswahlen 2016 weit hinten auf einem | |
aussichtslosen Platz auf der Landesliste, Gennburgs Wahlkreis hatte die SPD | |
2011 noch mit 12 Prozent Vorsprung vor der Linken geholt. | |
Dann versenkte sich die SPD selbst. Wenige Tage vor den Wahlen im September | |
2016 beschallte das Lollapalooza-Popfestival Gennburgs Wahlkreis ein ganzes | |
Wochenende lang bis spät in die Nacht mit Musik. Ein Festival, das die SPD | |
samt ihrem Direktkandidaten erbittert verteidigt hatte, während Gennburg | |
mit ihren Treptower Linken und den Grünen monatelang Sturm lief. Es war, | |
als hätte die SPD Plakate mit der Aufschrift „Liebe Anwohner, beim Aufbau | |
des neuen Berlin können wir auf euch keine Rücksicht nehmen. Bitte wählt | |
uns trotzdem. Eure SPD“ gedruckt. Am Ende zog Gennburg mit 3 Prozent | |
Vorsprung an ihrem SPD-Konkurrenten vorbei. | |
Ein alternativ wirkendes, aber kommerzielles Festival wie Lollapalooza | |
passt in die „Arm, aber sexy“-Politik, die der damalige Regierende | |
Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) in den nuller Jahren für Berlin | |
verkündet hatte. Es war im Kern ein klassisches Gentrifizierungsprogramm: | |
Berlins Subkultur sollte die Jugend der Welt anlocken und in der Folge | |
Investoren nach sich ziehen. Heute lässt sich feststellen: Es hat | |
ökonomisch funktioniert. Aber die Folgen für den Wohnungsmarkt bekommt | |
Berlin nicht in den Griff. Wowereit selbst hat diese Entwicklung | |
achselzuckend hingenommen: „Es gibt kein Recht auf Innenstadt“, sagte er | |
einmal. | |
Berlin hat heute dasselbe Problem wie München oder Frankfurt: Die Städte | |
werben um Unternehmen, haben aber nicht das Geld, die Wohnungen für die neu | |
hinzuziehenden Beschäftigten selbst zu bauen. Das übernehmen, wenn | |
überhaupt, private Investoren. Sie können die Immobilienpreise schon | |
deshalb nach oben treiben, weil die neuen Einwohner in Sektoren wie Banken | |
oder High-Tech arbeiten, in denen der Verdienst weit über dem der | |
bisherigen Einwohner liegt. | |
Aber bei einigen Grünen und Linken hat ein Umdenken eingesetzt: Gennburg | |
gehört ebenso wie Friedrichshain-Kreuzbergs grüner Baustadtrat Florian | |
Schmidt zu denen, die das Wachstum bremsen möchten. Beide begrüßen, dass | |
Google seine Pläne für einen Campus in Kreuzberg begraben musste: „Wir | |
haben zum Beispiel in San Francisco erlebt, dass durch die Ansiedlung von | |
Google völlig neue Verdrängungswellen stattgefunden haben“, sagt Gennburg. | |
## Differenzen im Detail | |
Und dennoch: Bei allen Differenzen im Detail gibt es inzwischen wieder eine | |
klare Unterscheidbarkeit zwischen Links und Rechts in der Wohnungsfrage. | |
SPD, Grüne und Linke stehen für die Regulierung des Mietmarktes und einen | |
höheren Anteil des gemeinwohlorientierten Sektors; Union und FDP dafür, | |
dass der Markt die Dinge regelt. | |
Besuch bei Daniel Föst. Der 42-Jährige ist wohnungspolitischer Sprecher der | |
FDP im Bundestag. Föst ist als Münchner selbst von den steigenden Mieten | |
betroffen: „Als Familienvater mit zwei kleinen Kindern war schnell klar, | |
dass Wohnen als großer Kostenblock das Familieneinkommen auffressen wird.“ | |
Der Grund für die hohen Mieten sei, dass zu wenige Wohnungen gebaut würden: | |
„Seit acht Jahren stehen die Baufertigstellungen nicht im Verhältnis zum | |
Zuwachs der Bevölkerung. Man ist sehenden Auges in die Angebotslücke | |
gelaufen.“ Deutschland dürfe nicht die Mieten in Städten wie London oder | |
Paris akzeptieren: „Schon 2003 sind die Mieten mangels Nachfrage | |
zurückgegangen. Das zeigt, dass unser Konzept funktionieren würde.“ | |
FDP und Union setzen vor allem auf private Bauherren. Was heißt, dass man | |
sie nicht verschrecken darf: „Ein Mietenstopp führt letztlich zu einem | |
Investitionsstopp“, sagte der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco | |
Luczak kürzlich im taz-Interview. „Wir müssen aufpassen, dass wir bei den | |
Regelungen im Mietrecht nicht überziehen, also nicht die | |
Investitionsbedingungen so verschlechtern, dass am Ende niemand mehr bauen | |
will.“ | |
Gehen die Unterschiede in der Wohnungsfrage mit einer möglichen | |
Jamaika-Koalition zusammen? Föst lobt den grünen Bauexperten Chris Kühn, | |
der sei „ein cooler Typ“. Kühn und er seien sich einig, „dass wir das | |
Potenzial beim Dachgeschossausbau heben müssen“. Studien zufolge seien 1,5 | |
Millionen Wohnungen alleine über den Ausbau der Dächer zu gewinnen. | |
„Es gibt Gründe, warum ich kein Jamaika-Fan bin“, sagt dagegen die grüne | |
Bundestagsabgeordnete Lisa Paus, eine Immobilienexpertin. „Schon mit der | |
Union ist es in der Wohnungsfrage hart. Aber mit der FDP? Die Liberalen | |
vertreten die Vermieterinteressen, dafür werden sie gewählt und daran | |
werden sie auch gemessen. Wir vertreten die Interessen der Mieterinnen und | |
Mieter.“ Wem Mieterinteressen wichtig seien, müsse „Grüne, SPD oder Linke | |
wählen“. Wem sie nicht wichtig seien, wähle eben Union, FDP oder AfD. Auch | |
die Rechtspopulisten lehnen die Mietpreisbremse ab und fordern mehr | |
staatliche Zuschüsse zur Eigentumsbildung. | |
Bei all dem Streit über Mietenregulation und Neubau kommt ein Thema | |
regelmäßig bei allen Parteien zu kurz: die Qualität des Neubaus. Bernhard | |
Daldrup, der SPD-Abgeordnete, zitiert seinen Mitscherlich: „Städte werden | |
produziert wie Automobile“, schrieb der Psychoanalytiker 1965. | |
In den sechziger und siebziger Jahren bauten die Stadtplaner monotone | |
Hochhausviertel, um die große Nachfrage zu befriedigen. Fast gleichzeitig | |
wurden enge Hinterhäuser, in die kaum Tageslicht fiel, in den Innenstädten | |
abgerissen und damit die Fehler der Jahrhundertwende korrigiert. | |
Daldrup fürchtet, dass nun, wo wieder schnell viel gebaut wird, solche | |
Fehler wiederholt werden könnten: „Mehr Wohnungen in den Innenstädten zu | |
bauen ist notwendig, um die Nachfrage zu befriedigen und nicht noch weiter | |
Natur und Landschaft zuzubauen. Verdichtung darf aber nicht dazu führen, | |
gute Stadtplanung früherer Jahrzehnte mit siedlungsnahen Natur- und | |
Freiflächen völlig aufzugeben.“ | |
Und dann zitiert Daldrup Hans-Jochen Vogel: „Städte sind Stein gewordene | |
Gesellschaftsstrukturen“, habe der frühere SPD-Oberbürgermeister von | |
München gesagt. Vielleicht sind Städte aber auch Stein gewordene Fehler. | |
Und jede neue Generation muss die Fehler der vorangegangenen korrigieren. | |
3 Feb 2019 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Martin Reeh | |
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