# taz.de -- Wohnungspolitik der SPD: Bezahlbar bauen | |
> Die SPD will die steigenden Preise auf dem Wohnungsmarkt mit einem | |
> „Mietenstopp“ beenden. Der Koalitionspartner ist irritiert. | |
Bild: Nicht mehr lange? | |
BERLIN dpa | Um steigende Mieten einzudämmen, will die SPD in der | |
Wohnungspolitik deutlich über die bisherigen Koalitionsbeschlüsse | |
hinausgehen. „Wir wollen einen Mietenstopp, um die Preisspirale zu | |
unterbrechen“, heißt es in einem gemeinsamen Papier der Parteivorsitzenden | |
Andrea Nahles und ihres Stellvertreters Thorsten Schäfer-Gümbel, der | |
Spitzenkandidat bei der bevorstehenden Landtagswahl in Hessen ist. | |
„In den nächsten fünf Jahren sollen Mieten nur noch um die | |
inflationsbedingte Preissteigerung erhöht werden dürfen – überall dort, wo | |
der Wohnungsmarkt angespannt ist.“ Kritiker wittern Wahlkampfgetöse. Das | |
Papier wurde [1][am Samstag im Internet veröffentlicht (pdf)]. | |
Justizministerin Katarina Barley (SPD) pocht wie ihre Parteikollegen auf | |
Beschlüsse, um steigenden Mieten entgegenzuwirken. „Wir brauchen neue, | |
langfristige Antworten für das Mieten und Bauen der Zukunft“, sagte Barley. | |
„Ein wichtiger Aspekt ist der Umgang mit hohen Bestandsmieten. Dazu gehören | |
zudem weitergehende staatliche Investitionen, private Mittel und | |
gesetzliche Regelungen.“ | |
Der stellvertretende rechtspolitische Sprecher der | |
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak, sprach von „neuen, | |
unabgestimmten Vorschlägen“ und warf der SPD ein „durchsichtiges Manöver | |
für den Wahlkampf in Hessen und Bayern“ vor. „Ich finde das | |
unverantwortlich“, erklärte Luczak. | |
## „Zusätzliche Maßnahmen ergreifen“ | |
Im „Hessenplan“, dem Wahlprogramm von SPD-Spitzenkandidat Schäfer-Gümbel, | |
steht das Thema Mieten ganz oben: „Dafür werden wir mehr bauen, | |
Landes-Grundstücke mobilisieren und die Mieterrechte stärken“, heißt es | |
dort im ersten von sechs Punkten. In Hessen wird am 28. Oktober gewählt. | |
Der Vizevorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, sieht in | |
dem SPD-Papier einen „sozialistischen Irrweg“. Der bau- und | |
wohnungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Chris Kühn, erklärte: | |
„Dieses Papier zeigt, wie unzufrieden die SPD selbst mit der letzten | |
Mietrechtsnovelle und der Wohnungspolitik der Bundesregierung ist, deren | |
Teil sie ist.“ | |
Das Kabinett hatte erst in dieser Woche ein Gesetz zum Schutz vor | |
überhöhten Mieten [2][auf den Weg gebracht]. Es soll die bereits geltende | |
Mietpreisbremse verschärfen und die finanzielle Beteiligung von Mietern an | |
Modernisierungskosten begrenzen. Die SPD will weitergehen: „Der Druck auf | |
dem Mietmarkt ist heute so dramatisch, dass wir zusätzliche Maßnahmen | |
ergreifen müssen“, hieß es. | |
Der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger erklärte dazu: „Offenbar ist die | |
Bundesregierung auch bei diesem Thema uneins, und die SPD kann oder will | |
sich nicht durchsetzen.“ | |
## Auch Merkel äußert sich | |
Nach Einschätzung des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft kann der | |
schnelle Anstieg der Mieten in Ballungszentren nicht allein in den Städten | |
bekämpft werden. Verbandspräsident Axel Gedaschko forderte: „Die | |
entwicklungsfähigen Städte in den ländlichen Regionen müssen in die | |
Überlegungen für mehr bezahlbaren Wohnraum einbezogen werden.“ | |
Nahles und Schäfer-Gümbel nannten als beste Mietpreisbremse „Bauen, bauen, | |
bauen – und zwar bezahlbare Wohnungen“. Dafür müssten Kommunen nicht | |
genutzte Baugrundstücke mit höheren Abgaben belegen können, um die | |
Spekulation zu begrenzen und Anreize zu setzen, zügig zu bauen. Baurechte | |
in Innenstädten sollten verstärkt mit Baupflichten einhergehen, hieß es | |
weiter. | |
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte am Samstag die | |
Wohnungspolitik als einen Arbeitsschwerpunkt der Regierung: „Wir | |
investieren in ganz besonderer Weise in den Wohnungsbau, durch das | |
Baukindergeld zum Beispiel, aber auch durch eine Sonderabschreibung, damit | |
wir mehr Wohnungen bauen können und genauso auch im sozialen Wohnungsbau“, | |
sagte sie [3][in ihrem wöchentlichen Podcast]. Einen direkten Bezug auf die | |
SPD-Forderungen gab es in dem vorher aufgezeichneten Internetauftritt aber | |
nicht. | |
## Neuer Sozialpakt gefordert | |
Eine Begrenzung von Mieterhöhungen auf die Inflationsrate wäre für | |
Vermieter ein deutlicher Einschnitt: Sie liegt in Deutschland derzeit bei | |
zwei Prozent. Bislang darf die Miete innerhalb von drei Jahren um bis zu 15 | |
Prozent erhöht werden. Beim Eigentümerverband Haus und Grund kommt der | |
„Mietenstopp“ entsprechend schlecht an. Davon halte man „rein gar nichts�… | |
sagte Geschäftsführer Alexander Wiech. | |
Die SPD-Spitze fordert „einen neuen Sozialpakt“ mit Immobilieneigentümern: | |
„Wer im Interesse der Mieter baut und nicht nur für den eigenen Profit, | |
soll vom Staat unterstützt werden.“ Die Umwandlung von Mietwohnungen in | |
Eigentum solle begrenzt, Ausnahmen sollten auf ein Minimum reduziert | |
werden. Zudem solle es deutlich weniger Möglichkeiten für | |
Eigenbedarfskündigungen geben. Bei öffentlich geförderten Wohnungen wollen | |
die Sozialdemokraten günstige Mieten länger garantieren. | |
Aus Sicht des Sozialverbands VdK sind „drastische Eingriffe in den | |
Wohnungsmarkt“ dringend geboten. Auch der Deutsche Mieterbund zeigte sich | |
erfreut. | |
9 Sep 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Sonstiges/Mietenwende_Jetzt.pdf | |
[2] /!5530848 | |
[3] https://www.youtube.com/watch?v=bJzT1eEUs7Y | |
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