# taz.de -- Sachsen plant Asylpolizei: Wahlkampf auf Flüchtlingskosten | |
> Sachsens Innenminister Markus Ulbig macht Stimmung gegen Flüchtlinge. Er | |
> will Polizei-Sondereinheiten gegen straffällige Asylbewerber einsetzen. | |
Bild: Demo gegen Flüchtlinge in Dresden. | |
DRESDEN taz/dpa | Schon ab Dezember sollen in Sachsen künftig spezielle | |
Polizeieinheiten für straffällige Asylbewerber zuständig sein. „Wir | |
beginnen mit dem Modell in Dresden und wollen sie dann im ganzen Land | |
einsetzen“, sagte Innenminister Markus Ulbig (CDU) der Dresdner Morgenpost. | |
In den Sondereinheiten sollen Ermittler und Fachleute für Straf- und | |
Ausländerrecht zusammenarbeiten, da sich in der Praxis Straf- und | |
Asylverfahren häufig gegenseitig beeinflussten. | |
„Es darf nicht sein, dass einer, der kein Recht auf Asyl hat und dann noch | |
schwer straffällig geworden ist, durch das Zusammentreffen von | |
Strafprozessordnung und Ausländerrecht am Ende mit einer Art Bleiberecht | |
belohnt wird“, erklärte Ulbig. Zugleich betonte er, dass es in der Summe | |
nur wenige kriminelle Asylbewerber gebe: „Mir ist wichtig, die Akzeptanz in | |
der Bevölkerung für die besonders verletzliche Gruppe der Asylbewerber hoch | |
zu halten.“ | |
Der sächsische Flüchtlingsrat hält Ulbigs Äußerungen für gefährlich und | |
falsch. Die Kriminalitätsrate sei selbst nach Angaben der sächsischen | |
Polizei im Umfeld von Flüchtlingsunterkünften nicht gestiegen, so Sprecher | |
Marko Schmidt. „Ulbig schürt Ängste“, sagte Schmidt der taz. Die Polizei | |
sollte besser zunehmende rechtsmotivierte Übergriffe auf Asylbewerber | |
aufklären. | |
Ulbig bediene die Argumentation der sogenannten „Patriotischen Europäer | |
gegen Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida), die seit Wochen in Dresden | |
Stimmung gegen Asylbewerber machen, so Schmidt. Für den Montagabend hat die | |
islamfeindliche Initiative bereits zum sechsten Mal zu einer Demonstration | |
durch Dresden aufgerufen. Vor einer Woche beteiligten sich nach | |
Polizeiangaben etwa 3200 Menschen daran. Ebenfalls am Montagabend trifft | |
sich Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) mit Landräten und | |
den Oberbürgermeistern der kreisfreien Städte, um über die Unterbringung | |
von Flüchtlingen zu sprechen. | |
## Wahlkampf und Handygate | |
Scharfe Kritik an Ulbigs Vorhaben kam am Montag von den sächsischen Linken. | |
Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag, Rico Gebhardt, kritisierte | |
Ulbigs Zungenschlag als befremdlich. Es handele sich um das Gegenteil von | |
Willkomenskultur. „Es ziehen keine zugereisten marodierenden Banden durchs | |
Land, sondern es müssen Asylbewerberheime rund um die Uhr vor befürchteten | |
Übergriffen ,einheimischer' Täter geschützt werden“, so Gebhardt. Während | |
Delikt-orientierte Spezialeinheiten ihre Berechtigung hätten, sei es eine | |
politische Grenzüberschreitung, ganze Bevölkerungsgruppen als Zielobjekt zu | |
nehmen. | |
Ulbig strebt derzeit eine Kandidatur als Oberbürgermeister von Dresden an. | |
Die Wahl soll Anfang Juni 2015 stattfinden. Die oppositionellen Grünen | |
vermuten darin auch das Motiv für Ulbigs Äußerungen: „Fremdenfeindlichen | |
Einstellungen Vorschub zu leisten, gehört nicht zu den Aufgaben eines | |
Innenministers. Und Oberbürgermeister-Wahlkampf auf niedrigstem Niveau | |
genauso wenig“, sagte Petra Zais, migrationspolitische Sprecherin der | |
Fraktion. „Wir brauchen keine Sondereinheit, sondern deutlich mehr | |
Sozialarbeiter“, so Zais. | |
Auf Nachfrage teilte Ulbig mit, dass Thema stehe schon lange im Fokus. | |
Auslöser sei eine Schlägerei in der Erstaufnahmeeinrichtung im September | |
2013 in Chemnitz gewesen. Im Jahr 2013 seien etwa drei Prozent der in | |
Sachsen registrierten Asylbewerber mehrfach straffällig geworden, teilte | |
das sächsische Innenministerium mit. Diese Fälle sollen nun von | |
Arbeitsgruppen in jeder der fünf Polizeidirektionen bearbeitet werden. | |
Als Innenminister war Ulbig unter anderem für die massenhafte Erhebung von | |
Bewegungsdaten durch die sächsische Polizei am 19. Februar 2011 mittels | |
sogenannter Funkzellenabfrage verantwortlich. An dem Tag hatten Tausende | |
Nazi-Gegner gegen einen rechten Aufmarsch anlässlich des Jahrestages der | |
Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg demonstriert. Ulbig erhielt | |
dafür 2012 den Big Brother Award. Das Landgericht Dresden erklärte das | |
[1][massenhafte Sammeln von Handydaten] für rechtswidrig. | |
24 Nov 2014 | |
## LINKS | |
[1] /Beschluss-des-Landgerichts-Dresden/!115060/ | |
## AUTOREN | |
Marco Zschieck | |
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