# taz.de -- Muslimhass in Dresden: „Pegida“ wächst zur Großkundgebung | |
> Rund 6.000 Menschen demonstrieren in Dresden gegen die „Islamisierung“ | |
> Sachsens. Das Vorbild könnte Nachahmer finden. | |
Bild: Teilnehmer der Demonstration sammeln sich an der Semperoper in Dresden | |
DRESDEN taz | Der Zug erinnerte an die größten Naziaufmärsche Westeuropas, | |
die Dresden in den Jahren bis 2010 erlebt hat. Wieder marschieren etwa | |
6.000 rohe Gestalten durch die Innenstadt, schwarze Kleidung dominiert. Es | |
sind zwar keine verfassungsfeindlichen Symbole zu sehen, aber Geist und | |
Reden haben viel mit der NPD gemeinsam. | |
„Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“, kurz | |
Pegida, nennt sich die Initiative um deren Wortführer Lutz Bachmann. | |
„Gewaltfrei vereinigt gegen Glaubens- und Stellvertreterkriege auf | |
deutschem Boden“, steht auf dem Transparent an der Spitze des Zugs. | |
Pegida hat am 20. Oktober mit einigen hundert „Montagsdemonstranten“ | |
unscheinbar begonnen. Als regionale Initiative, eine direkte Verbindung zu | |
„Hooligans gegen Salafisten“ in Köln und Hannover ist noch nicht | |
nachweisbar. Das MDR-Fernsehmagazin „exakt“ hat aber bei Facebook eine | |
„Hogesa des Ostens“ entdeckt, die gegen Muslime hetzt: „Heizen wir die | |
Kessel wieder auf. Dieses Pack muss brennen, damit sie ihrem Parasitengott | |
lange beim Sterben huldigen können.“ Seither wuchs die Teilnehmerzahl der | |
sogenannten Abendspaziergänge stetig. | |
An diesem Montag kamen Marschblöcke aus einem Umfeld von etwa 50 Kilometer | |
um Dresden hinzu. Wie bei den Nazis auch wird streng auf Disziplin | |
geachtet: Einhaltung der Marschordnung, kein Alkohol, keine Interviews mit | |
Journalisten. Gegendemonstranten werden dafür mit Rufen und lautem | |
Klatschen übertönt: von Schweigemarsch keine Spur. | |
## Stolz auf Kirchenaustritt | |
Äußerlich gibt man sich mit schwarz-rot-goldenen Fahnen und Lampions betont | |
friedlich, menschenfreundlich und deutsch-kleinbürgerlich. „Wir vermissen | |
unser Land“, steht auf einem Plakat. Das ist angeblich von der Politik und | |
den gleichgeschalteten Medien bedroht, besonders aber von Muslimen, die das | |
christlich-jüdische Abendland bedrohen. | |
Auf Nachfrage wissen die Demonstranten zwar nicht zu sagen, was das | |
Abendland eigentlich ist, und Redner Bachmann berichtet stolz von seinem | |
Austritt aus der Kirche, weil diese gemeinsam mit linken Gruppen einen | |
Aufruf zu Religionsfreiheit und religiöser Toleranz unterschrieben habe. | |
Besondere Zielscheibe des Hasses ist aber auch das über die rechte Szene | |
sehr genau informierte Kulturbüro Sachsen. | |
Wer da durch Dresden marschiert, ist aber nicht nur nach klassischem | |
Rechts-links-Muster einzuordnen. Selbstredend dürfen die NPD- und JN-Reste | |
nicht fehlen, sie stellen sich extra zum Gruppenfoto auf. Daneben aber | |
wird’s schillernd: Reichsbürger, Identitäre, Rocker, Hooligans, | |
Dynamo-Fußballfans, Security-Szene, aber auch zahlreiche in | |
nationalkonservativem Stumpfsinn verharrende Bürger, die sich | |
beispielsweise über die „degenerierte Musik“ bei einer Loveparade ereifern. | |
Auffällig auch: Es sind ganz überwiegend Männer, meist sehr junge und | |
einige wenige sehr alte. Man suhlt sich mit Rufen wie „Wir sind das Volk!“ | |
in 89er Romantik, lässt am Schluss sogar Handys in die Nacht leuchten. | |
## Lob für Innenminister | |
Die Gegenwehr blieb schwach an diesem Montag – wohl auch, weil zeitgleich | |
ein „Bürgerdialog“ der Stadt zu den geplanten Asylbewerberunterkünften | |
stattfand. Zumindest aber die Pegida-Abschlusskundgebung auf dem | |
Theaterplatz konnte von insgesamt etwa 500 Demonstranten lautstark gestört | |
werden. Christian Demuth vom Verein „Bürger Courage“ erinnerte daran, dass | |
der Anteil der Muslime in Dresden bei gerade einmal 0,4 Prozent der | |
Einwohner liege. Und der Verfassungsschutz hat in Sachsen ganze 100 | |
Salafisten gezählt. | |
Angeblich sollen sich auch in anderen Bundesländern Pegida-Kreise nach | |
Dresdner Vorbild formieren. Für kommenden Montag wird dort mit noch mehr | |
Teilnehmern gerechnet. | |
Richtigstellung | |
zu „„Pegida“ wächst zur Großkundgebung“ auf taz.de vom 25.11.2014: | |
In einer früheren Version behaupteten wir, das MDR Magazin „exakt“ habe | |
Siegfried Däbritz aus dem Internet wie folgt zitiert: „Heizen wir den | |
Kessel wieder auf. Dieses Pack muss brennen, damit sie ihren Parasitengott | |
lange beim Sterben huldigen können.“ Richtig ist: Das Zitat stammt aus | |
einer Facebook-Gruppe und wurde anonym geäußert. | |
25 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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