# taz.de -- Ultras gegen Hooligans: Ausschreitungen beim Nordderby | |
> Rechte Bremer Fans haben Werder-Ultras angegriffen. Zeugen zufolge trieb | |
> die Polizei die Ultras direkt den Hooligans in die Arme. | |
Bild: Randale beim Derby: Nicht nur Werder und HSV-Fans prügelten sich, sonder… | |
HAMBURG taz | Im Umfeld des Fußballspiels zwischen Werder Bremen und dem | |
Hamburger SV ist es am Sonntag zu Gewalttaten zwischen Bremer Hooligans und | |
Ultra-Fans gekommen. Übereinstimmenden Berichten von Beobachtern zufolge | |
hat dabei die Polizei die linken Ultras direkt auf die rechten Hooligans zu | |
getrieben. | |
Bei den Schlägereien gab es mehrere Verletzte, die zum Teil im Krankenhaus | |
ärztlich versorgt werden mussten. Die Polizeiführung bewertete „den Ablauf | |
des Gesamteinsatzes insgesamt positiv“. | |
Wegen der Rivalität zwischen den Bundesliga-Klubs der beiden großen | |
Hansestädte hatte die Polizei das Nordderby von vornherein als Risikospiel | |
eingestuft – allerdings eher, weil sie Randale und Konflikte zwischen | |
Bremer und Hamburger Fans befürchtete als unter Bremern. Tatsächlich | |
prügelten sich vor dem Spiel am Gleisdreieck an der Lübecker Straße laut | |
Polizei rund 60 gewaltbereite Hamburger mit rund 150 Bremer Ultras. | |
Während und nach dem Spiel gingen sich jedoch außerdem die Bremer | |
untereinander an die Gurgel. Der Grund dafür ist, dass die Hooligans sich | |
politisch überwiegend dem rechten Spektrum zuordnen. Wie Ende vergangenen | |
Jahres die niedersächsische Landesregierung bestätigt hat, ist die Szene | |
mit der Rocker und Neonazi-Szene verflochten. Die radikalen Fußballfans der | |
Ultra-Szene verstehen sich demgegenüber überwiegend als links. | |
Nach den Aussagen dreier Zeugen, die ungenannt bleiben wollen, sind am | |
Sonntagnachmittag Ultras und Hooligans schon während des Spiels aneinander | |
geraten: Eine Gruppe von Ultras ging demnach mit Blick auf das Ende des | |
Spiels durch die Hamburger Straße Richtung Stadion. Als sie dabei am | |
„Verdener Eck“ vorbeikamen, einer Kneipe, in der etwa 30 Hooligans das | |
Spiel ansahen, wurden sie von den Hooligans angegriffen. | |
Die 50 Ultras bogen auf die Verdener Straße ein und wurden kurz vor dem | |
Osterdeich von der Polizei zur Personalienfeststellung festgehalten. Auf | |
dem Deich standen weitere 100 bis 200 Ultras, die das Spiel im Stadion | |
gesehen hatten, um die anderen in Empfang zu nehmen. Um den Osterdeich | |
wieder dem Verkehr zu öffnen, löste die Polizei die Versammlung auf und | |
traktierte die Fans dabei mit Schlagstöcken und Pfefferspray. | |
Dann trieb sie einen Teil der Ultras in die Verdener Straße, in der sich | |
200 Meter weiter das Verdener Eck mit den Hooligans befindet. Die Verdener | |
Straße war frei von Polizei – und vor dem Lokal warteten schon die | |
Hooligans. „Die Polizei hat überhaupt nicht gecheckt, dass die Hools und | |
Ultras nicht getrennt sind“, sagt ein Zeuge. | |
Beide Seiten bewarfen sich mit allen verfügbaren Gegenständen – nach | |
Angaben der Polizei bis hin zur Biertischgarnitur. Außerdem seien die | |
Parteien mit Dachlatten aufeinander losgegangen, teilte die Polizei mit. | |
„Ich kann nicht bestätigen, dass wir die Ultras auf die Hooligans | |
zugetrieben haben“, sagt Polizeisprecher Dirk Siemering. Der Polizei sei | |
noch nicht klar, was passiert sei, und bitte Zeugen, sich zu melden. Sie | |
gehe davon aus, dass beide Seiten provoziert hätten. Bei der Auflösung der | |
Versammlungen sei die Polizei „konsequent eingeschritten“. | |
Unter den Hooligans am Verdener Eck machten Beobachter verschiedene | |
bekannte Neonazis aus, darunter Promis wie „Captain Flubber“, den | |
Mitorganisator der „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa), Hannes Ostendorf, | |
den Sänger der Rechtsrock-Band „Kategorie C“ und Mirco Hornstein vom | |
„Nordsturm Brema“. | |
Wilko Zicht vom Bündnis Aktiver Fußballfans hält es für möglich, dass es im | |
Verhältnis zwischen den verfeindeten Gruppen in den nächsten Wochen zu | |
brenzligen Situationen kommen könnte. | |
Andererseits seien die Kräfte heute eindeutig zu Gunsten der Ultras | |
verteilt. Anders als 2007, als Hooligans eine Party im Fan-Lokal | |
„Ostkurvensaal“ überfielen, gebe es bei den linken Fans heute nicht mehr | |
das Gefühl, sie könnten sich nicht wehren, sagt Zicht. „Das hat sich | |
mittlerweile gedreht.“ | |
20 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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