# taz.de -- Sportpolitik in Bremen: Der Kampf ums Stadion | |
> Auseinandersetzungen zwischen linken Werder-Ultras und rechten Bremer | |
> Hooligans nennt das Innenressort des Senats „unpolitisch“. | |
Bild: „Unpolitische“ Bremer Hooligans bei einem „unpolitischen“ Meeting… | |
BREMEN taz | Eine kurze Bemerkung aus dem Innenressort sorgt bei linken | |
Werder-Fans für Empörung: Der Weser Report hatte mit Rose Gerdts-Schiffler, | |
Sprecherin von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), über die | |
Auseinandersetzungen zwischen rechten Hooligans und linken Ultras bei den | |
letzten beiden Heimspielen gesprochen. Diese hätten „mit Politik nicht zu | |
tun“, wird Gerdts-Schiffler zitiert, „auch wenn sich diese Ultras nach | |
außen einen politischen Anstrich geben“. | |
Am Ende verhielten sie sich „wie Gewalttäter, denen mit polizeilichen | |
Mitteln Einhalt geboten werden muss und auch wird“. Für Daniel Behm vom | |
Fanprojekt Bremen ist diese Einschätzung „eine Katastrophe“ – sie lege | |
nahe, dass der Ermittlungsfokus auf den linken Ultras liegt und der | |
Konflikt unterschätzt werde. | |
„Es sind eindeutig keine 'unpolitischen' Fußball-Rivalitäten“, so Behm. | |
Dies klarzustellen sei wichtig: „Die Nazi-Schläger sind eine Bedrohung für | |
alle, die nicht in ihr rechtes Weltbild passen.“ Deshalb müssten die Ultras | |
Unterstützung erfahren, statt kriminalisiert zu werden. | |
Eskaliert waren die Auseinandersetzungen zwischen linken Werder-Ultras und | |
rechten Hooligans beim Nordderby in Bremen am 19. April. Zeugen | |
berichteten, dass die Polizei die linken Ultras in der Verdener Straße | |
direkt auf die rechten Hooligans zutrieben. Bei der Schlägerei gab es | |
mehrere Verletzte. Beide Seiten hatten sich mit allen verfügbaren | |
Gegenständen beworfen – bis hin zur Biertischgarnitur. | |
Die aktuellen Auseinandersetzungen zwischen den linken und rechten Fans | |
seien „nicht drei Spieltage alt, sondern acht Jahre oder länger“, so Behm. | |
Er erkennt alte Gesichter: „Die Protagonisten auf der rechten Seite waren | |
auch beim Überfall auf den Ostkurvensaal dabei.“ | |
## Die Sache mit dem Ostkurvensaal | |
Das Fanprojekt betreibt seit Jahren Sozialarbeit im Stadion und unterstützt | |
unter anderem die Anti-Diskriminierungsarbeit in der Kurve. Nach und nach | |
gelang es, die rechten Hooligans aus der Kurve zu verbannen. Beantwortet | |
hatten das die Neonazi-Schläger unter anderem mit einem Angriff auf eine | |
Party von linken Fans im Ostkurvensaal 2007. Mehrere Menschen waren dabei | |
schwer verletzt worden. Schon damals hatte es gedauert, bis rechte Fans | |
auch offiziell als Problem begriffen wurden. | |
Tatsächlich hatten Beobachter unter der Hooligan-Truppe beim letzten | |
Nordderby verschiedene bekannte Neonazis ausgemacht, darunter „Captain | |
Flubber“, den Mitorganisator der „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa), | |
Hannes Ostendorf, den Sänger der Rechtsrock-Band „Kategorie C“ und Mirco | |
Hornstein vom „Nordsturm Brema“. | |
Derzeit würde von den Hooligans austariert, wie stark sie in Bremen wieder | |
an Boden gewinnen könnten, sagt Fan-Sozialarbeiter Behm. „Das haben sie | |
lange nicht probiert.“ In dieser Situation müsse ihnen politisch eindeutig | |
und gemeinsam die rote Karte gezeigt werden. | |
Wie gefährlich eine Verharmlosung durch das Innenressort sei, zeigte sich | |
für Behm am letzten Wochenende: Unter anderen Hannes Ostendorf hatte nach | |
der Schlägerei vom Nordderby im Internet Steckbriefe von vermeintlich | |
„linken Gewalttätern“ verbreitet. Beim nächsten Heimspiel, am letzten | |
Samstag gegen Eintracht Frankfurt, seien dann Gruppen rechter Hooligans im | |
Viertel unterwegs gewesen und hätten Leute gesucht, um sie zu verprügeln: | |
linke Ultras, aber auch unbeteiligt Fans und Linke sollen angegriffen | |
worden sein. Unterwegs gewesen seien alte Bekannte der „Standarte Bremen“, | |
obwohl die Hooligan-Truppe sich aufgelöst haben will: Henrik und Hannes | |
Ostendorf, André Sagemann und andere. | |
Wilko Zicht, vom Bündnis aktiver Fußballfans und grüner Kandidat für die | |
Bürgerschaft, bestätigt die Beobachtung. Die Polizei habe die Hooligans zu | |
wenig unter Kontrolle gehabt, teilweise seien sie kontrolliert und dann | |
wieder laufen gelassen worden. Auch Zicht ist entsetzt über die Haltung des | |
Innenressorts: „Die Mehrheit der Ultras hat keine Lust auf Gewalt. Aber nun | |
sind sie schlichtweg wegen ihres anti-rassistischen Engagements durch | |
extrem brutale und hochgradig kriminelle Nazi-Schläger in Gefahr.“ | |
## Gewaltfreie Politik | |
Um die Nazis auf Dauer in Schach halten zu können, bräuchten die Ultras die | |
Rückendeckung von Verein und restlicher Fanszene. „Wer die | |
gesellschaftspolitische Dimension des Konflikts verleugnet, untergräbt | |
diese Solidarität und spielt den Nazis in die Hände“, so Zicht. Er fordert | |
vom Stadtamt, die Nazi-Hools beim nächsten Heimspiel mit einem | |
Aufenthaltsverbot für das Viertel zu belegen. | |
Ressort-Sprecherin Gerdts-Schiffler sagt, sie sei im Weser Report etwas | |
eigenwillig zusammengefasst worden. „Natürlich sind die einen Rechte und | |
die anderen Linke“, so Gerdts-Schiffler zur taz. Und das sei wohl auch der | |
Grund für die Auseinandersetzung. Aber: „Das ist keine Politik, wie wir sie | |
verstehen. Letztendlich ist es eine Auseinandersetzung mit einem hohen | |
Level an Gewalt.“ Deshalb habe sie auch erklärt, dass der Innensenator dazu | |
keinen Kommentar abgeben werden, das Ganze sei „eine Sache der Polizei“. | |
Fan-Sozialarbeiter Behm versteht diese Logik nicht: „Als die Hooligans den | |
Ostkurvensaal überfielen, war es auch gewalttätig und hatte dennoch mit | |
Politik zu tun.“ | |
7 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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