# taz.de -- Fan-Gewalt in Bremen: Die vier D und das große Fragezeichen | |
> Nach dem Nordderby zwischen Werder Bremen und HSV ermittelt die Polizei | |
> in erster Linie gegen Ultras – ansonsten setzt sie auf ihre neue „4 | |
> D-Strategie“ | |
Bild: Gut gerüstet für das Nordderby HSV gegen Werder Bremen | |
Ein Bremer Abiturient, der zur Ultra-Fanszene gehört, wurde vorgestern | |
festgenommen. Er soll beim Nordderby gegen den HSV am 19. April einen | |
Hooligan verletzt haben. Man wolle, sagt Andrea Wittrock, Leiterin der | |
Kriminalpolizei, „ein Zeichen gegen Gewalt“ setzen. „Dabei ist uns erstmal | |
egal, ob sie von links oder rechts kommt.“ | |
Nichtsdestoweniger arbeitete Staatsanwalt Frank Passade auf der gestrigen | |
Pressekonferenz das Profil eines „politisch motivierten Straftäters“ | |
heraus. Dem mittlerweile 21 Jahre alten Festgenommenen seien fünf Taten | |
zuzurechnen, die einem Muster folgten: „Wenn er jemanden für rechts hält, | |
etwa durch das Tragen von Thor-Steinar-Kleidung, greift er ihn ansatzlos | |
an.“ | |
Hartmut Quast, der die Ermittlungen zum 19. April leitet, verneint, dass | |
der Geschädigte der rechten Szene zugeordnet werden könne. Ein Widerspruch? | |
„Nein“, so Passade – im Vordergrund stünde die Ahndung jeglicher Gewalt. | |
Der Angegriffene habe „massive Prellungen erlitten, ihm fehlt ein Teil | |
eines Zahns. Er wurde zwei Wochen krank geschrieben.“ | |
Wittrock wiederum beklagt, dass es trotz „intensiver Vernehmungs-Bemühungen | |
sehr schwierig“ gewesen sei, Aussagen zu erhalten: „Das Interesse an der | |
Strafverfolgung ist in der Szene nicht sehr groß.“ Das könnte damit | |
zusammen hängen, dass mittlerweile gegen zahlreiche Ultras ermittelt wird, | |
aber nur gegen einen einzigen Hool. | |
Erst auf Nachfrage bestätigte die Polizei, dass es im Zusammenhang mit der | |
„Blitz-Räumung“ des Osterdeichs am 19.4. auch ein Ermittlungsverfahren | |
gegen Polizisten gibt: Es soll zu Verletzungen Unbeteiligter durch die | |
Polizei gekommen sein. | |
Darüber hinaus bleibt fraglich, ob die Aktion, im Polizeijargon auch als | |
„Sprint-Räumnung“ bezeichnet, strategisch klug war. Um den Osterdeich für | |
Polizeifahrzeuge und Fan-Busse frei zu machen, wurden 150 Ultras in die | |
Verdener Straße gedrängt und landeten daraufhin vor dem „Verdener Eck“. | |
Dort kam es zu heftigen Auseinandersetzungen mit den Hools – auch zu der | |
nun angeklagten Körperverletzung. | |
„Wir wussten, dass Hools im ,Verdener Eck‘ waren“, räumt Rainer Backhaus | |
von der Zentralen Einsatzsteuerung ein. Aber die Ultras seien keineswegs | |
bis dorthin gedrängt worden, sondern nur 20 Meter in die Verdener Straße | |
hinein. Backhaus: „Außerdem gibt es da auch seitliche Abzweigungen.“ | |
Generell sei zu berücksichtigen, dass die Polizei überrascht worden sei: | |
Noch nie habe es derartige Gewalt zwischen Bremer Gruppen gegeben, zudem | |
sei sie an unüblichen Orten ausgebrochen – wie dem „Verdener Eck“. | |
Backhaus: „Dort hatten wir sonst nie Probleme.“ | |
Hoffnung setzt Backhaus auf „das neue 4 D-Konzept“: Dialog, Deskalation, | |
Differenzierung, Durchsetzung. Als Letzteres kann zweifelsfrei die aktuelle | |
Verhaftung gelten. | |
3 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Henning Bleyl | |
## TAGS | |
Ultras | |
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