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# taz.de -- Hooligan-Posing: Rechte auf Revier-Erweiterung
> Bremer Nazis suchen zunehmend Gelegenheiten zum Hooligan-Posing. Bei der
> EM in Frankreich, aber auch bei einem missglückten Fackelzug an der Uni.
Bild: Ende eines „Fackelmarsches“ an der Bremer Uni am 16. Juni 2017: Hools…
BREMEN taz | Während Deutschland bei der EM in Frankreich immer noch nicht
ausgeschieden ist, machten vor allem zu Beginn der Spiele die Schlägereien
von Hooligans Schlagzeilen. Bei der ersten Begegnung der deutschen
Mannschaft gegen die Ukraine überfielen am 12. Juni rund 50 deutsche
Hooligans gegnerische Fans: Flaschen und Stühle fliegen, rechte Parolen
werden gerufen und eine Reichskriegsflagge gezückt. Insgesamt sollen sich
rund 150 polizeibekannte Gewalttäter aus Deutschland an dem Tag in Lille
befunden haben. Haben sich auch Bremer Hooligans an diesen oder anderen
Ausschreitungen in Frankreich beteiligt?
Das will die Bürgerschafts-Fraktion der Grünen nun wissen und hat eine
umfangreiche Anfrage zu den Aktivitäten der Bremer Hooligan-Szene – und den
Gegenaktivitäten des Senats – in den letzten Jahren eingereicht.
## „Keine Erkenntnisse über einen Aufenthalt“
Bei der Polizei Bremen lägen „keine Erkenntnisse über einen Aufenthalt von
Bremer Hooligans bei der EM in Frankreich vor“, erklärte Rose
Gerdts-Schiffler, Sprecherin des Innenressorts, auf Anfrage der taz.
Ebensowenig weiß man über eine Beteiligung von Bremer Hooligans an
Gewalttaten während der EM. Auch Ausreiseverbote gegen Bremer Hooligans für
die EM habe es keine gegeben. Aus Gründen der Gefahrenabwehr hätte das
Stadtamt die Möglichkeit, eine Meldeauflage auszusprechen. Sei eine Person
in der letzten Zeit nicht polizeilich in Erscheinung getreten, gebe es
keine rechtlichen Möglichkeiten, einer Person die Ausreise zu untersagen.
Nach Informationen der taz indes sind mindestens vier Anhänger der Bremer
Hooligan-Gruppe „Nordsturm Brema“ bei einem Deutschlandspiel in Frankreich
gewesen. Wie die „Standarte Bremen“ und andere Hooligan-Gruppen hatte
„Nordsturm Brema“ sich Anfang 2015 angeblich selbst aufgelöst, nachdem ein
Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes ermöglichte, Hooligan-Gruppen als
kriminelle Vereinigungen einzustufen.
Fotos von der EM zeigen nun unter anderem den Kopf der Truppe, Mirko H.,
wie er mit insgesamt zwölf Männern in der unterirdischen Metro-Station
„Grands Boulevards“ hinter einer großen Deutschlandfahne posiert. Auf einem
weiteren Fotos hängen einige Männer vor einer Sportsbar am Boulevards
Poissonière, einer Verlängerung des berühmten Boulevards Hausmann, unweit
der Metro-Station eine Deutschland-Fahne mit dem Schriftzug „Bremen“ auf.
## Überfall auf antirassistische Ultras
Der Hooligan Mirco H. ist dabei kein Unbekannter: 2007 war er am Überfall
auf eine Party von antirassistischen Ultras im Ostkurvensaal beteiligt,
2012 tauchte er in einem Video auf, das ihn zusammen mit anderen Bremer
Hooligans bei einer verabredeten Schlägerei mit einer Duisburger Gruppe in
einem Waldstück zeigt und bei dem er ein Hakenkreuz auf dem T-Shirt trägt.
H. hatte bis 2013 ein bundesweites Stadionverbot.
Zuletzt tauchte er in Bremen im April 2015 auf – beim Nordderby gegen den
HSV: Beobachter identifizierten ihn als Teil der Gruppe rechter Hooligans
vor der Kneipe Verdener Eck, zusammen mit Hannes Ostendorf, dem Sänger der
rechtsextremen Band „Kategorie C“ und „Captain Flubber“, einem der
Organisatoren des Vereins „Gemeinsam Stark Deutschland“, einer Abspaltung
der „Hooligans gegen Salafisten“. Aktenkundig wurde Mirko H. bei der
Gelegenheit allerdings wohl nicht: Laut dem Bremer Rechtsanwalt Horst
Wesemann wurden im Zuge der Auseinandersetzung am Verdener Eck von der
Polizei nur die Personalien der linken Ultras aufgenommen. Wesemanns
Mandant Valentin S. war im Juni unter anderem für seine Beteiligung an der
Auseinandersetzung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.
Aus Bremen nach Frankreich zur EM aufgemacht hat sich auch Felix S., ein
Nachwuchs-Hooligan aus dem Bremer Umland, der seine politische Karriere
einst im Umfeld der neonazistischen „Aktionsgruppe Delmenhorst“ begann.
Heute taucht er bei verschiedenen Anlässen unter anderem mit Anhängern der
Hooligan-Gruppen „Nordsturm“ und der „Standarte“ auf.
## Mit Baseball-Schlägern auf den Campus
Wie es um diese Gruppen nun eigentlich steht, welche Erkenntnisse der Senat
über die rechten Hooligans in Bremen hat, haben die Grünen gefragt. Und
auch, was die Polizei über die Hintergründe der jüngsten Vorfälle in Bremen
weiß: Am 18. Juni war eine mit Baseball-Schlägern ausgestattete Gruppe mit
Fackeln über den Campus der Bremer Universität marschiert. Und am 12. Juni
hatten einige Personen am Ostkurvensaal im Weser-Stadion posiert und
Aufkleber gegen Flüchtlinge verklebt, wo das antirassistisch engagierte
Bremer Fan-Projekt seine Räume hat.
Beide Male hatten sich die Personen selbst gefilmt und mit grün-weißen
Sturmmasken vermummt – ein ungewöhnliches Utensil, dass bereits bei einer
Fahrt eines Schiffes voller Hooligans auf der Weser anlässlich des 100.
Nordderbys zum Einsatz kam. Die Polizei hatte damals nur 43 der 137
Personen kontrolliert, im Anschluss waren die Hooligans unter anderem auf
die Journalistin Andrea Röpke losgegangen.
Die Grünen wollen nun auch wissen, ob Hooligans nach der jüngsten Aktion
vom Ostkurvensaal womöglich anschließend zum EM-Vorrundenspiel der
deutschen Nationalmannschaft nach Lille weitergereist sind, wo es auch zu
Ausschreitungen kam. Thomas Hafke vom Fan-Projekt Bremen hält das zumindest
zeitlich für möglich. Zu den Vorfällen am Ostkurvensaal und an der Uni
sagte er: „Mein Eindruck ist, dass die Hooligans sich wieder trauen,
öffentlich aufzutreten und wieder anfangen, ein Bein auf den Boden in der
Fan-Szene zu kriegen“.
Zum Vorfall an der Uni erklärte die Sprecherin des Innenressorts gegenüber
der taz, die Polizei gehe derzeit davon aus, dass sich die Personengruppe
„in optisch martialischer Art und Weise vermummt und skandierend
inszenierte und filmte, um möglicherweise ein entsprechendes Video im
Internet zu publizieren“. Einen Zusammenhang zur EM gebe es nach
derzeitigem Ermittlungsstand nicht.
6 Jul 2016
## AUTOREN
Sebastian Sirk
Georg Kirsche-Humboldt
## TAGS
Fußball-EM 2024
Hooligans
Kolumne Der rechte Rand
Werder Bremen
Gewalt
Bremerhaven
Schwerpunkt Neonazis
Ultras
Rechtsextremismus
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