# taz.de -- Sozialwissenschaftler Hafke über Fussballfans: „Ich fände die U… | |
> Auch in Bremen gibt es immer mehr „Ultras“ unter den Fans, darunter | |
> vermehrt Frauen. Die Zahl der rechten Hooligans ist dagegen konstant | |
> geblieben | |
Bild: "Bei den links orientierten Ultras gibt es viele Frauen, die sich gegen S… | |
taz: In Bremen, sagen Polizei und Senat, gibt es immer mehr „Ultras“ unter | |
der Fußballfans. Warum, Herr Hafke? | |
Thomas Hafke: Die Zahl der Ultras hat in den letzten Jahren bundesweit | |
stark zugenommen. Bremen bildet da keine Ausnahme. Das liegt zum einen an | |
der Attraktivität dieser Jugendbewegung und zum anderen an den Medien. Es | |
vergeht im Prinzip nicht ein Tag, an dem nicht über die Ultras berichtet | |
wird. | |
... aber da werden doch oft jene Fans, die für Choreografien in den Kurven | |
sorgen und gewaltorientierte Hooligans in einen Topf geworfen, oder? | |
Nicht mehr so stark wie früher. Und auch die Ultras selbst verfügen über | |
eigene Medien. Sie bringen das Lebensgefühl vieler Jugendlicher zum | |
Ausdruck, zum Beispiel, indem sie die Kommerzialisierung und die | |
Verregelung aller Lebensbereiche kritisieren. Es geht hier ja nicht nur um | |
Fußball und ausdrucksstarken Support – auch Musik oder Graffiti spielen | |
eine Rolle. Es gab da früher nichts Vergleichbares in der Jugendkultur. | |
Zudem muss man bedenken, dass der Fußball insgesamt attraktiver geworden | |
ist und sich immer mehr Menschen für diesen Sport interessieren. Wenn ich | |
heute jung wäre, fände ich die Ultras auch spannend. | |
Senat und Polizei gehen in Bremen von acht Ultra-Gruppierungen mit etwa 410 | |
AnhängerInnen aus. Ist das realistisch? | |
Ja. | |
In dem Bericht sind aber auch „Bremen Asozial United“ oder „Bremen Ost“… | |
Ultras aufgeführt. Zu Recht? | |
Es ist fraglich, ob sie dazugehören. Sie beteiligen sich nicht wirklich an | |
dem, was die Ultras machen. Ich würde sie zwischen ihnen und Hooligans | |
ansiedeln. | |
Gibt es Solidarisierungen zwischen den Ultras und den gewaltorientierten | |
Hooligans? | |
An einigen Standorten gibt es da Überschneidungen zwischen beiden Gruppen, | |
aber in Bremen ist das strikter getrennt. | |
Nur die beiden linken Ultra-Gruppen haben überhaupt Frauen, sagen Polizei | |
und Senat. Stimmt das? | |
Nein. In den meisten relevanten Ultra-Gruppen gibt es heute Frauen. Bei den | |
Hooligans nicht. Allerdings gibt es bei den links orientierten Ultras viele | |
Frauen – schließlich engagieren sie sich gegen Sexismus und | |
Diskriminierung. | |
Der Bericht geht von etwa 15 bis 20 weiblichen Ultras aus. | |
Ich würde sagen, es sind insgesamt eher doppelt so viele. | |
Daneben gibt es drei Hooligan-Gruppen mit etwa 85 Leuten, Standarte Bremen, | |
Nordsturm Brema und City Warriors. Deren Zahl bleibt konstant, so der | |
Senat. Und es gibt die rechten Farge Ultras, die vor allem den TSV | |
Farge-Rekum begleiten. | |
Von dieser Größenordnung gehe ich auch aus. Zu den Hooligans der Standarte | |
haben wir aber schon seit Jahren keinen Kontakt mehr. Hier haben wir es mit | |
rechten Gruppierungen zu tun. | |
Bei der Standarte gelten Sie ja eh als „Antifa-Wichtigtuer“. | |
Ja. Diese Leute dort sind jenseits der 40. Wir machen aber Jugendarbeit. | |
Zudem waren sie 2007 am Überfall auf linke Werder-Fans beteiligt. Einige | |
Mitglieder sind offene Nazis oder Kader. Außerdem gehen sie kaum noch zu | |
Spielen von Werder und meiden den Ostkurven-Saal. | |
Das ist ja von uns und Werder auch so gewollt. Allerdings sind sie nach wie | |
vor an den Rändern aktiv und versuchen, jugendliche Fans zu gewinnen. Ob | |
sie damit Erfolg haben, kann ich schwer einschätzen. Deshalb ist es | |
wichtig, dass wir die Jugendlichen erreichen die gerade auf der Suche nach | |
politischer Orientierung sind und Gefahr laufen, in diese Gruppen geraten. | |
In der letzten Saison ist die Zahl der Straftaten bei Fußballspielen laut | |
Statistik stark gestiegen, verglichen mit den Vorjahren. Woran liegt das? | |
Zum einen gehen immer mehr Menschen zum Fußball, damit steigt automatisch | |
auch die Möglichkeit von Straftaten an, zum anderen liegt das an der weiter | |
zunehmenden Präsenz der Polizei, die dann auch mehr Anzeigen schreibt. | |
Damit ist aber nicht gesagt, dass damit die Gewalt wirklich ansteigt. | |
Sicherlich führt ein massives Auftreten der Polizei auch zu Stress unter | |
Fans und trägt somit zu Fehlverhalten bei. Aber auch die Medien sind daran | |
nicht ganz unschuldig, berichten sie doch ständig über Gewalt beim Fußball | |
und ziehen damit eben vermehrt Personen an, die genau das suchen. | |
Demnächst steht das 100. Nordderby gegen den HSV an. Welche Erwartungen | |
haben Sie da? | |
Zu einer Self Fulfilling Prophecy tragen wir ganz bestimmt nicht bei und | |
wir sind auch keine Hellseher. Festzustellen ist aber, dass die | |
Auseinandersetzungen zwischen Bremen und Hamburgern in letzter Zeit | |
nachgelassen haben. Wollen wir hoffen, dass das so bleibt. Aber im | |
Abstiegskampf geht es diesmal für beide Vereine natürlich um viel. Wir tun | |
jedenfalls alles, damit das Derby möglichst gewaltfrei verläuft. | |
14 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
## TAGS | |
Polizei Bremen | |
Fußball-EM 2024 | |
Polizei | |
Bremen | |
Hamburg | |
Hooligans | |
Linke | |
Fußball | |
Fußballfans | |
Fußball | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Prügelnde Werder-Bremen-Fans: Schlägerei nach Werder-Spiel | |
Nach dem Heimspiel am Samstag prügelten sich linke Ultras und mutmaßliche | |
Neonazis aus der Hooligan-Szene. Die Ultras üben Kritik an der | |
Polizeistrategie | |
Hooligan-Posing: Rechte auf Revier-Erweiterung | |
Bremer Nazis suchen zunehmend Gelegenheiten zum Hooligan-Posing. Bei der EM | |
in Frankreich, aber auch bei einem missglückten Fackelzug an der Uni. | |
Werder-Bremen-Ultras versus Polizei: Noch immer keine Freunde | |
Werder-Ultras monieren verstärkten Druck von Nazis, Polizei und Justiz. | |
Freitag warb Bremens Polizeipräsident für Zusammenarbeit – mit verhaltenem | |
Erfolg. | |
Linke Ultras treffen auf rechte Hooligans: Partys mit Gewaltpotenzial | |
In Bremen spielt die Antifa-Band „Feine Sahne Fischfilet“ am Freitag ein | |
Soli-Konzert für den linken Ultra Valentin. In Rufweite wollen rechte | |
Hooligans feiern. | |
Bergedorf & Altona vereint gegen Neonazis: Nazis raus -wörtlich genommen | |
Altonaer Fußballfans sollen Rechtsextreme unsanft aus dem Stadion befördert | |
haben. Auch die Staatsanwältin würde das Verfahren gern einstellen, doch | |
sie darf nicht. | |
Rechte Hooligans gegen Salafisten: Prügeln so ganz ohne Stadion | |
Hooligans verfeindeter Vereine wollen am Sonntag in Köln gegen Salafisten | |
demonstrieren. Die Gründe dafür sind so diffus wie der Zusammenschluss. | |
Buch „Die Linke und der Sport“: Bloß Opium? | |
Gabriel Kuhn zeichnet das Portrait einer Hassliebe. Damit gibt er den | |
Anstoß zu einer Debatte über identitäre Exklusivheit und Solidarität. | |
Kolumne Über Ball und die Welt: Ungarn demonstrieren gegen Orbán | |
Vor einem Stadion protestieren ungarische Linke gegen Victor Orbán. Der | |
rechtsnationale Premier okkupiert den Fußball mit einem riesigen | |
Bauprogramm. | |
Lendenlahme Ordnungsmacht: Polizei lässt Nazi-Hools gewähren | |
Nach dem Nordderby zwischen Werder Bremen und dem HSV spazierten vermummte | |
Hooligans an Polizisten vorbei und machten Jagd auf Journalisten und | |
Passanten. | |
Schikanen gegen Fußballfans: Bahnbrechende Entwicklung | |
Die Bundespolizei untersagt Fans des 1. FC Köln eine Zugfahrt nach Berlin. | |
Das Aufenthaltsverbot steht jedoch auf rechtlich fragwürdiger Basis. | |
Bundesliga-Samstagabendspiel: Werder gewinnt schon wieder | |
Die Mannschaft von der Weser hat sich mit einem 2:0 über Nürnberg wieder | |
ein Stück weiter von den Abstiegsrängen entfernt. Für die Franken dagegen | |
wird's langsam eng. |