# taz.de -- Lendenlahme Ordnungsmacht: Polizei lässt Nazi-Hools gewähren | |
> Nach dem Nordderby zwischen Werder Bremen und dem HSV spazierten | |
> vermummte Hooligans an Polizisten vorbei und machten Jagd auf | |
> Journalisten und Passanten. | |
Bild: Die Polizei nimmt's locker: Nazi-Hooligans mit Sturmhaube bei der Anreise… | |
BREMEN taz | Bremen, Nordderby, Werder gegen den HSV. Während sich am Ufer | |
der Weser Fans und Polizisten tummeln, tuckert ein Schiff in Richtung | |
Stadion. An Bord sind 137 Hooligans, Neonazis, Rocker. Es sind die | |
aggressivsten Bremer mit befreundeten Essenern, gewaltsuchend, der harte | |
Kern. Mehrere Dutzend stehen mit grün-weißen Sturmhauben vermummt an Deck. | |
Nach einer Kontrolle wird die Polizei einige von ihnen unbegleitet laufen | |
lassen, sie werden in der Innenstadt Menschen jagen und Journalisten | |
angehen, sie bespucken und beleidigen – direkt in Rufweite der | |
PolizistInnen. Das geschah Anfang März, die taz berichtete. Am Mittwoch | |
wird Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) der Bremer Innendeputation einen | |
Bericht vorlegen. | |
Der Einsatz sei „insgesamt positiv zu bewerten“, heißt es darin. Auch | |
zukünftig werde die Polizei gegen „organisierte Hooligan-Aktionen | |
konsequent vorgehen“. 241 Polizisten waren im Einsatz, fast zwei für jeden | |
Hooligan. | |
Wie „konsequent“ sie vorgegangen sind, ist dem Bericht zu entnehmen: „Es | |
wurde keine Person in Gewahrsam genommen“ und es wurden „keine | |
Platzverweise ausgesprochen“. Denn: „Die Annahme, dass die Personen [...] | |
Straftaten begehen werden, wäre aufgrund der situationsbezogenen | |
Erkenntnislage nicht gerechtfertigt gewesen.“ | |
Durchsucht wurden die Hooligans und die Polizei hat dabei laut Bericht | |
Bengalo-Fackeln, Böller, einen Zahnschutz und Reizgas gefunden. Und elf der | |
Sturmmasken. Die allerdings wurden nicht als Beweise, sondern „als | |
Fundsachen gesichert“. | |
Tatsächlich störten sich die Polizisten überhaupt nicht an der Vermummung | |
der Hooligans, die sich angeblich vor Fotos von Journalisten schützen | |
wollten. Ein Video, das der taz vorliegt, zeigt einen der Männer, wie er | |
seelenruhig mit Sturmhaube an mehreren Grüppchen von Polizisten | |
vorbeimarschiert. Mehrere Hooligans stehen und sitzen mit Sturmhauben an | |
Deck, direkt neben den Polizisten – ganz unbekümmert. | |
Wer genau an Bord war, weiß die Polizei nicht: Nur bei 43 der 137 Hooligans | |
wurden die Personalien überprüft. Allein unter ihnen wurden dann 19 als | |
Gewalt-suchende „Kategorie C“-Fans eingestuft. Zehn der 43 waren als | |
„Gewalttäter Sport“ erfasst, sieben hätten „Bezüge zu rechtsaffinen | |
Gruppen“. | |
Fotos zeigen den Sänger der Rechtsrock Band „Kategorie C“, Hannes | |
Ostendorf, an Bord. Ebenso Daniel Fürstenberg, ehemaliger NPD-Kader aus dem | |
Bremer Umland. Auch Stefan A., eine Bremer Rotlicht-Größe mit Verbindungen | |
zu Hells-Angels und Neonazis, ist an Deck. | |
Laut Bericht seien nach der Kontrolle etwa 40 Personen losgezogen und | |
wurden „durch Einsatzkräfte begleitet, bis sie sich im Innenstadtbereich | |
zerstreuten“ – sie waren also noch höchstens 50 Meter weit im Blick. | |
Videos zeigen, wie die Hooligans loslaufen und dabei mit Beleidigungen der | |
anwesenden Journalisten noch mal richtig loslegen: „Dreckschlampe“ rufen | |
sie in Richtung der Journalistin Andrea Röpke, die oberhalb des Bootes an | |
einem Geländer steht. „Fotze, da oben, ich hol dich gleich darunter“, ruft | |
einer. Alles unmittelbar vor den Polizisten. Röpke spricht die Beamten | |
mehrfach an, weist sich noch einmal als Journalistin aus. Die Polizisten | |
reagieren nicht. | |
Wenig später umzingeln ein paar der Hooligans Röpke und einen weiteren | |
Journalisten, bespucken und beleidigen sie und versuchen, sie in eine | |
Sackgasse abzudrängen. Polizisten hatten sie erst noch geschützt, waren | |
dann aber wieder abgezogen. | |
Nur, weil Röpkes Kollege die wenig entfernt stehenden Polizisten zur Hilfe | |
ruft, können die beiden Journalisten mit einem Taxi fliehen. Mehrere Zeugen | |
berichten der taz, wie sie vor den Hooligans fliehen müssen oder diese | |
gesehen haben, wie sie Passanten durch die Innenstadt jagten. | |
Später gibt ein taz.de-Kommentator, der sich als Hannes Ostendorf zu | |
erkennen gibt, zu: Es seien „nicht harmlose Passanten gejagt“ worden, | |
„sondern bekannte Fotografen“. | |
5 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Georg Kirsche | |
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