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# taz.de -- Rechte Gewalt beim Nordderby: Hooligans an Bord
> 130 Neonazis und Hooligans kommen per Schiff offensichtlich gewaltbereit
> nach Bremen. Doch die Polizei lässt sie laufen. Im Anschluss jagen die
> Schläger Passanten und greifen Journalisten an.
Bild: Hatten von der Polizei wenig zu befürchten: die Neonazis und Hooligans, …
BREMEN taz | Sie trugen Turnschuhe, grün-weiße Sturmhauben und Pullover mit
der Aufschrift „Fußball und Gewalt“: Mit einem Schiff haben am Samstag 130
Neonazis und Hooligans versucht, das Bremer Weserstadion zu erreichen. Dort
lief das 100. Nordderby zwischen Werder Bremen und dem HSV. Vermummt und
mit einem metergroßen Transparent gegen die verfeindeten Hamburger
schipperten die Hooligans die Weser hoch.
Die Polizei hatte wegen dieses Risiko-Spiels viel zu tun, war mit etwa
1.000 Beamten im Einsatz, hatte die Reiterstaffel aus Hannover und
Wasserwerfer aufgefahren. An einem solchen Tag zu wissen, wo sich der
aggressivste, der gewaltsuchende Teil der Fans aufhält, sollte nicht
schaden. Doch nach einer Polizeikontrolle wurde ein Teil der Hooligans ohne
Begleitung laufengelassen.
Sie machten anschließend Jagd auf umstehende Passanten, rannten ihnen in
Seitenstraßen hinterher. Auch auf die Rechtsextremismus-Expertin Andrea
Röpke und einen weiteren Journalisten gingen sie los. Sie wurden bespuckt,
beleidigt und in eine Sackgasse gedrängt. Erst nach einem Hilferuf kamen
zwei Polizisten hinzu, die Journalisten konnten in einem Taxi flüchten.
„Es war bedrückend und gruselig – vor allem die Masken“, sagte eine der
Umstehenden. „Ich kann es immer noch nicht fassen, dass die ohne
Polizeibegleitung in kleinen Grüppchen losziehen durften.“ Sie selbst
musste auch vor den Nazi-Hooligans fliehen und möchten ihren Namen nicht in
der Zeitung lesen.
Den Spieltag, der für Werder Bremen schließlich mit eins zu null ausgeht,
bezeichnete die Polizei im Nachhinein insgesamt als „relativ friedlich“.
Doch dass jene 130 Schiffsgäste, teils mit einschlägigen Vorstrafen, sich
an die Spielregeln nicht würden halten wollen – daran ließen sie keinen
Zweifel. Sie hatten es zuvor sogar schon in Anwesenheit der Polizisten
angekündigt.
Noch auf dem Weg zum Stadion war das Hooligan-Schiff von der
Wasserschutzpolizei aufgehalten und zum Anlegen gezwungen worden. Am
Martini-Anleger in der Bremer Innenstadt wurden die Männer einzeln
kontrolliert. Anlässlich des Jubiläumsspiels hatten sich die
Neonazi-Hooligans der Bremer „Standarte“ mit befreundeten Fans aus Essen
zusammengetan. Mit dabei: Hannes Ostendorf, Sänger der Rechtsrock-Band
Kategorie C in langem, schwarzem Ledermantel, der stadtbekannte
Neonazi-Hooligan André S. und Daniel Fürstenberg, ehemaliger Kandidat der
NPD in Verden.
Während der Kontrolle waren einzelne der Gruppe weiterhin mit Sturmhauben
vermummt und mussten sie nicht abnehmen. Manche riefen Beleidigungen und
Drohungen aus, einer hob die falsche Hand zum Hitlergruß, der auch mit
links strafbar ist. Die Bande auf dem Schiff festzusetzen, wäre für die
Polizei einfach gewesen.
Einsatzziel allerdings war es vornehmlich, an Bord befindliche Pyrotechnik
sicherzustellen. Es seien deswegen einige Strafanzeigen gestellt worden,
hieß es von der Polizei-Pressestelle. Ein genauer Bericht liege erst Anfang
der Woche vor. An Bord seien auch Rechtsextreme gewesen, die ganze Gruppe
pauschal einzusperren, sei allerdings nicht möglich gewesen. Das wäre eine
„Stigmatisierung“, so eine Polizeisprecherin.
Erst im Februar hatte der Bremer Senat auf eine Anfrage der CDU-Fraktion
zum Thema Hooligans geantwortet: Für diese sei das Sportereignis eine
„Nebensache“. Und tatsächlich: Als die Polizei die gewaltsuchenden Männer
unbegleitet laufen ließ, verteilten die sich in alle Richtungen – nur nicht
in Richtung Stadion.
3 Mar 2014
## AUTOREN
Georg Kirsche
## TAGS
Fußball-Bundesliga
Hamburger SV
Werder Bremen
Nordderby
Rechtsrock
Polizei
Fußball
NPD
Fußball
Deutscher Fußballbund (DFB)
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