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# taz.de -- Erster Bürgerrat für Ernährung: Was gibt es zu essen?
> Demnächst soll der erste offizielle Bürgerrat den Bundestag beraten. Es
> geht um die Frage, wie weit der Staat in die Ernährung eingreifen darf.
Bild: …Fleisch oder kein Fleisch? Auch darauf könnte der neue Rat eine Antwo…
Berlin taz | Essen ist eines dieser Themen, über die schnell ein
Kulturkampf ausbrechen kann. Darf bei einem bayerischen Weinfest keine
Bratwurst angeboten werden? [1][Manche Konservative wähnen Deutschland auf
dem Weg in die Veggie-Diktatur.] Die Grundsätzlichkeit des Themas und das
Polarisierungspotenzial haben dazu beigetragen, dass über „Ernährung im
Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben“ wohl bald
der [2][erste ausgeloste Bürgerrat] offiziell beim Bundestag tagt.
In diesem September sollen die Beratungen starten. „Dem Bürgerrat gehören
160 Personen an, die nach dem Zufallsprinzip aus allen Menschen über 16
Jahren mit Erstwohnsitz in Deutschland ausgewählt werden“, heißt es im
Einsetzungsbeschluss, der der taz vorab vorlag. Wahrscheinlich werden die
Teilnehmer:innen aus den Melderegistern ausgelost.
Wobei die Organisatoren darauf achten müssen, dass eine gewisse
Repräsentativität nach „Alter, Geschlecht, regionaler Herkunft,
Gemeindegröße und Bildungshintergrund“ gewährleistet ist. Auch Vegetarier
und Veganer sollen mitwirken. In seinen mehrmonatigen Beratungen wird das
Gremium mit professioneller Moderation und wissenschaftlicher Expertise
unterstützt.
Bürgerräte sind ein Verfahren der demokratischen Partizipation, mit dem es
unter anderem Erfahrungen auf kommunaler Ebene und in Staaten wie
Österreich, Schweiz und Schweden gibt. Anfang 2021 fand probeweise ein
bundesweiter Bürgerrat zu „Deutschlands Rolle in der Welt“ unter der
Schirmherrschaft des damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble
(CDU) statt.
## Versammlung soll beraten, nicht entscheiden
Die jetzt auszulosende Versammlung soll beratende, keine entscheidende
Funktion haben. Die Befürworter:innen versprechen sich davon mehr
Bürgernähe der Politik. Ein Konsortium aus der Organisation Mehr Demokratie
und drei Firmen hat nach einer Ausschreibung des Bundestages den Zuschlag
für die Durchführung des Bürgerrats erhalten. Insgesamt kostet das etwa
drei Millionen Euro.
Die Abstimmung im Bundestag ist für diesen Mittwoch anberaumt. Bis Dienstag
wurde der Einsetzungsbeschluss von SPD, Grünen, FDP und Linken getragen.
Die Union ist zwiegespalten. Einerseits will man sich nicht dem Votum des
Altvorderen Schäuble entgegenstellen, andererseits bezweifeln konservative
Abgeordnete die Legitimation ausgeloster Bürgerversammlungen zur Beratung
der Politik. Zu ihrer Skepsis trägt bei, dass die Klimaprotestorganisation
Letzte Generation einen Bürgerrat fordert, um den Kohlendioxidausstoß
schnell zu beenden.
## Kennzeichnung, Klima, Kosten
Zum Thema Ernährung steht im Beschlusstext unter anderem: „Der Mehrwert des
Bürgerrates für den Deutschen Bundestag besteht darin, ein genaues Bild
davon zu bekommen, welche Maßnahmen die Bürgerinnen und Bürger für eine
gesündere und nachhaltigere Ernährung wünschen oder welchen Beitrag sie
selbst dafür bereit sind zu leisten.“ Die Debatten sollen sich unter
anderem um die Kennzeichnung von Lebensmitteln, Tierwohl, Auswirkungen der
Landwirtschaft auf das Klima, [3][Steuern auf Nahrungsmittel] und
Lebensmittelverschwendung drehen.
Im Ältestenrat des Bundestages, der die Entscheidung vorbereitete, standen
auch andere Themen zur Auswahl. So schlug die Union das soziale Pflichtjahr
für alle jungen Erwachsenen vor, die FDP wollte über die alternde
Gesellschaft beraten lassen. Koalition und Linke entschieden sich
schließlich für das Ernährungsthema.
Wenn die 160 Leute ihre gemeinsame Stellungnahme Anfang 2024 vorlegen, wird
das Plenum des Bundestages darüber diskutieren. Dann wandert das
Bürger:innen-Votum zur weiteren Beratung in den federführenden Ausschuss
für Ernährung und Landwirtschaft. [4][An die Empfehlungen der
Bürger:innen gebunden ist er nicht].
10 May 2023
## LINKS
[1] /Gruene-gegen-Ampel-Partner/!5921396
[2] /Buergerinnenraete-in-der-Klimakrise/!5890208
[3] /Studie-zu-Kosten-von-Fleischkonsum/!5827963
[4] /Mitbestimmung-in-der-Klimakrise/!5881650
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Tierhaltung
Ernährung
Klima
klimataz
Zukunft
Partizipation
Ernährung
Ernährung
Bundestag
Bärbel Bas
Initiative Tierwohl
konventionelle Tierhaltung
Genuss
Fleischersatz
Schwerpunkt Klimawandel
Cem Özdemir
Forschung
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