| # taz.de -- Historiker Malinowski über Hohenzollern: „In der Sichtachse Hitl… | |
| > Wie braun waren die Hohenzollern wirklich? Ein Gespräch über die | |
| > Zerschlagung der Weimarer Republik und die Rolle des preußischen | |
| > Königshauses dabei. | |
| Bild: Kronprinz mit Mütze der Totenkopfhusaren plaudert mit Hitler, vorne Gör… | |
| taz am wochenende: Herr Malinowski, Sie sind 1966 in Berlin geboren, im | |
| Westteil der Stadt zur Schule gegangen. Haben dort auch studiert. Hätten | |
| Sie als angehender Historiker gedacht, dass wir uns über die Beteiligung | |
| der Monarchisten an der Zerstörung der Weimarer Demokratie sowie dem | |
| Aufstieg des Faschismus einmal wieder ernsthaft streiten werden? | |
| Stephan Malinowski: Nein, mit Sicherheit nicht. Wie die meisten dachte ich, | |
| dass man in dieser Hinsicht mit den Hohenzollern und diesem alten | |
| Adelsmilieu fertig ist. | |
| Ihre Dissertation von 2003 trägt den Titel „Vom König zum Führer. Sozialer | |
| Niedergang und politische Radikalisierung im deutschen Adel zwischen | |
| Kaiserreich und NS-Staat“. Also eine leise Ahnung von den heutigen | |
| Auseinandersetzungen müssen Sie da schon gehabt haben? | |
| Zu dem Thema bin ich eher durch Zufälle gekommen. Ich habe mich im Studium | |
| früh für Stauffenberg und den Kreis um den 20. Juli interessiert. Den | |
| konservativen Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Sowie die | |
| Bruchstellen, die es zwischen Konservativen und Nazis gab. Insofern | |
| beschäftigte ich mich früh mit dem preußischen Adel. Und wusste, wie klein | |
| der tatsächlich Widerstand leistende Kreis der Adligen war. | |
| Erben der gestürzten Hohenzollernmonarchie streben heute nach | |
| Wiedergutmachung für ihre wegen ihrer Beteiligung an der Naziherrschaft | |
| eingezogenen Vermögen im Osten Deutschlands. Wann haben Sie das erste Mal | |
| davon gehört? | |
| Mit dem Ende der DDR gab es 1994 eine gesetzliche Festlegung. Die besagt, | |
| dass niemand einen Anspruch auf Entschädigungen haben soll, der oder die | |
| dem Aufstieg des Nationalsozialismus „erheblichen Vorschub“ geleistet hat. | |
| In der Diskussion um eine Regelung über Entschädigungen schalteten damals | |
| auch adlige Erbengemeinschaften ganzseitige Anzeigen in großen | |
| Tageszeitungen. Ich war zu dieser Zeit noch Doktorand in Italien. Zuletzt | |
| forschte ich zur französischen und europäischen Kolonialgeschichte. Dann | |
| kam die Anfrage des brandenburgischen Finanzministeriums aus dem Frühjahr | |
| 2014. Ich sollte ein Gutachten über den letzten deutschen Kronprinzen | |
| verfassen. | |
| Um was ging es da genau? | |
| Im Grunde um jene Frage, die bis heute nicht endgültig geklärt scheint: Hat | |
| der letzte deutsche Kronprinz, Wilhelm von Preußen (1882 bis 1951), dem | |
| Nationalsozialismus erheblichen Vorschub geleistet, wie es die Juristen | |
| ausdrücken, oder nicht? Also ob der älteste Sohn des letzten deutschen | |
| Kaisers eine wichtige Rolle bei der Unterstützung des Werdens und des | |
| Bleibens des NS-Regimes gespielt hat. | |
| Zu welchem Ergebnis kamen Sie 2014? | |
| Ich blätterte meine eigenen Notizen durch, begann in den Archiven | |
| nachzulesen. Etwa im brandenburgischen Finanzministerium in Potsdam. Da | |
| geht es gar nicht um geheime Akten. Ich las in alten Zeitungen, | |
| Schriftsätzen und Sammlungen. Schnell entstand ein erster, relativ klarer | |
| Eindruck. Überraschend war für mich vor allem dies: Warum hat man das | |
| Wirken des früheren Kronprinzen nicht schon viel früher thematisiert? | |
| Warum nicht? | |
| Ein Teil der Erklärung dürfte darin liegen, dass wir die Geschichte der | |
| Weimarer Republik eher rückwärts lesen, von 1933 an. Denn die endgültige | |
| Zerstörung kam von den Nationalsozialisten. Man hat dabei andere | |
| rechtsradikale Gruppen, die sich seit etwa 1900 herausgebildet hatten, | |
| tendenziell vernachlässigt. Obschon diese ebenfalls eine große Relevanz für | |
| die Zerstörung der Republik hatten. Zu diesem Milieu gehören große Teile | |
| des preußischen Adels, des deutschen Hochadels und eben führend die | |
| Hohenzollern. | |
| Im Jahr 2015 wurden Sie erstmals von den Anwälten der Hohenzollernfamilie | |
| strafrechtlich angegangen. Was war der Grund? | |
| Ein Beitrag von mir für Die Zeit. Ich stellte dort im August 2015 den | |
| inhaltlichen Kern meines Gutachtens einem größeren Publikum vor. Ich fand | |
| es kurios, dass innerhalb des Ministeriums eine geheim gehaltene | |
| Geschichtswissenschaft stattfindet, mit eigens bezahlten Historikern von | |
| zum Teil sehr hohem Rang. Ein von den Hohenzollern privat beauftragtes und | |
| bezahltes Gutachten kam ja von Christopher Clark, Professor an der | |
| University of Cambridge, einem der angesehensten und populärsten Historiker | |
| der deutschen Geschichte überhaupt. | |
| Sie und Peter Brandt waren vom Ministerium beauftragt, Clark und Wolfram | |
| Pyta waren privat von den Hohenzollern bestellt? | |
| Ja, zu Konditionen, die wir nicht kennen. Clark hatte als Erster ein | |
| Gutachten vorgelegt, was ich übrigens bis heute nicht schlecht finden kann. | |
| Aber um auf meinen Zeit-Artikel zurückzukommen: Ich war der Ansicht, dass | |
| diese Fragen in eine öffentliche Debatte gehörten. Wir sprechen schließlich | |
| über 1933 und den Anteil, den die deutschen Eliten bei der Etablierung des | |
| Dritten Reiches hatten. Ich habe für meinen Artikel keine vertraulichen | |
| Quellen zitiert, nur öffentlich zugängliches Material verwendet. Das hat | |
| allerdings für eine Strafanzeige von Georg Friedrich Prinz von Preußen und | |
| die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens gegen mich bei der | |
| Staatsanwaltschaft Hamburg gereicht. Da kann man schon nervös werden, wenn | |
| man zum Weihnachtsfest 2015 einen Brief der Staatsanwaltschaft Hamburg | |
| bekommt. Der Vorwurf lautete auf Verletzung von Privatgeheimnissen der | |
| Familie. Das Verfahren wurde 2016 eingestellt. | |
| Prinz von Preußen ist sehr prozessfreudig? | |
| [1][Es hagelte speziell nach 2019 Abmahnungsschreiben], die der „Chef der | |
| Familie“ gegen Medienhäuser, Journalisten, Historiker und Politiker | |
| richtete. Wir sprechen von über 80 bekannten Fällen, die auch auf einer | |
| [2][eigens geschaffenen Wiki-Seite] dokumentiert werden. | |
| Kennen Sie ein anderes Beispiel für den Versuch, mit juristischen Mitteln | |
| eine wissenschaftliche Debatte und Interpretation von Geschichte derart | |
| einzukreisen? | |
| Ich kenne keines, aber ich bin auch kein Jurist. Es scheint mir in der | |
| deutschen Nachkriegsgeschichte beim Umgang mit einem historischen Stoff | |
| jedoch ein Sonderfall zu sein. | |
| Nun haben Sie gerade Ihr 750-seitiges Werk „Die Hohenzollern und die Nazis. | |
| Geschichte einer Kollaboration“ veröffentlicht. Es fehlt auf kaum einer | |
| Bestenliste. Was glauben Sie, wird das nun Eindruck auf Georg Friedrich | |
| Prinz von Preußen machen? | |
| Ich gehe davon aus, dass die Familie Hohenzollern, ihre juristischen und | |
| historischen Berater den Forschungsstand insgesamt zur Kenntnis nehmen | |
| werden. Eine Stärke konservativer Historiker in Deutschland lag eigentlich | |
| auch immer darin, empirische Evidenzen anzuerkennen. Das unterscheidet sie | |
| von einer ideologisierenden Rechten. | |
| Lassen Sie uns kurz über Fakten sprechen, die eindeutig dafür sprechen, | |
| dass der frühere Kronprinz ein prominent Handelnder auf rechtsextremer | |
| Seite war. | |
| Man sollte zur Person des Wilhelm Prinz von Preußen zwei Punkte festhalten: | |
| Erstens, dieser Mann hat von Anfang bis Ende radikal und mit allen ihm zur | |
| Verfügung stehenden Mitteln gegen die Republik gearbeitet. Und zwar scharf, | |
| unnachgiebig und auf Seite der extremen Rechten. Und zweitens, im Kern | |
| seiner Bemühungen stand die Zusammenführung aller rechtsradikalen Kräfte in | |
| einem Bündnis. Er hat so spätestens mit dem Jahr 1930 den | |
| Nationalsozialismus und die NS-Bewegung offen und massiv unterstützt. Als | |
| prominent hervorgehobene Figur hat der frühere Kronprinz dem Vormarsch der | |
| NS-Bewegung konsequent Vorschub geleistet. [3][Wie auch seine Ehefrau, die | |
| meisten seiner Brüder, sein Vater] und andere Mitglieder dieser Familie, | |
| wie auch zeitweise sein Sohn Louis Ferdinand. Sie alle haben den | |
| Nationalsozialismus öffentlich sowie im internen Bereich des rechten | |
| Milieus massiv befördert. Das lässt sich durch viele Dokumente belegen. | |
| Beiträge in Zeitungen, Reden, Briefe, Notizen über Zusammenkünfte, Treffen | |
| mit NS-Honoratioren und, und, und. | |
| Gerade ist ein Sammelband erschienen. Da wird der frühere Kronprinz von | |
| Autoren wie Ulrich Schlie und Thomas Weber als ein „geduldeter, bisweilen | |
| belächelter Mitläufer am Rande“ dargestellt. Demnach sei er zu unbedeutend | |
| gewesen, um dem Aufstieg des Nationalsozialismus erheblich Vorschub | |
| geleistet zu haben. Was entgegnen Sie? | |
| Also das ist das Kernargument, welches der Kollege Christopher Clark in | |
| seinem frühen Gutachten ins Spiel gebracht hat. [4][Clark selber hat es | |
| längst revidiert] und sagt, ihm habe damals nicht genug Material zur | |
| Verfügung gestanden. Clark konnte auch nicht ahnen, wohin die Debatte | |
| drehen würde. Nein, der Kronprinz war eindeutig keine gesellschaftliche | |
| Randfigur. Er war ein sehr prominenter Repräsentant der alten Eliten. Auch | |
| der andere [5][von den Hohenzollern beauftragte Gutachter Wolfram Pyta] | |
| bezweifelt ja nicht, dass der frühere Kronprinz eine Schlüsselfigur in den | |
| Jahren 1932 und 33 war. Nur behauptet Pyta, dass der Kronprinz versucht | |
| hätte, zusammen mit General Schleicher eine Art Militärdiktatur zu | |
| errichten. So hätten die Monarchisten praktisch als „Résistance avant la | |
| lettre“ den Führer verhindern wollen. Auch diese These ist von der | |
| Fachwissenschaft scharf kritisiert worden. | |
| Sie sprechen bei den Hohenzollern und ihren Vertretern von einer | |
| Archäologie der Argumente, was meinen Sie damit? | |
| Der heutige Chef des Hauses befleißigt sich unterschiedlicher Thesen, um | |
| ans Ziel zu kommen. Funktioniert die eine nicht, holt er die nächste | |
| hervor. Mal soll der Kronprinz gar nicht rechtsradikal gewesen sein. | |
| Tauchen eindeutige Belege auf, soll er wiederum zu dumm oder unbedeutend | |
| gewesen sein. [6][Oder im Kulturausschuss des Bundestages] behauptet | |
| [7][ein Benjamin Hasselhorn, die Forschung] wüsste noch gar nichts Genaues | |
| über den Kronprinzen. Das Gegenteil ist seit Jahrzehnten der Fall. Der | |
| [8][Kronprinz setzte seine große symbolische Macht zielstrebig dafür ein,] | |
| den Nationalsozialismus an die Macht zu bringen. | |
| Er gehörte auch selber der SA an? | |
| Einer Unterabteilung der SA. [9][Er läuft nach 1933 in Uniform mit | |
| Hakenkreuzbinde herum, lässt sich für die Propaganda] damit ablichten. Er | |
| nimmt Paraden wie die der SA in Breslau im Oktober 1933 ab. 80.000 Männer | |
| ziehen an ihm vorbei. Er steht dabei zentral auf der Tribüne und spaziert | |
| hinterher mit Ernst Röhm und Hitler demonstrativ vorneweg. Historische | |
| Aufnahmen zeigen ihn immer wieder mit Himmler und Röhm. Die Vorstellung, | |
| dieser Mann könne unbedeutend gewesen sein, ist geradezu grotesk. Der | |
| preußische Kronprinz bewegte sich von 1918 an kontinuierlich im | |
| gegenrevolutionären Milieu der Rechten. Auch schon im Exil in Holland – und | |
| erst recht nach seiner Rückkehr 1923 nach Deutschland. | |
| Das lässt sich alles belegen? | |
| Sehr detailliert. Und das haben auch schon andere vor mir getan. Das | |
| Szenario 1932/33 beinhaltet für die antirepublikanische Rechte die große | |
| Gefahr, sich in gegenseitigen Kämpfen zu ergehen. Um genau dies zu | |
| verhindern, dafür brauchte es Repräsentanten wie den Kronprinzen. [10][Der | |
| Kronprinz arbeitete kontinuierlich und stetig darauf hin, die | |
| rechtsextremen Strömungen für eine gemeinsame Regierung] unter Hitler | |
| zusammenzubringen. Und natürlich gab es zwischendurch auch andere taktische | |
| Konstellationen und Erwägungen, etwa eine Strasser-Regierung oder die | |
| Diktatur unter Kurt von Schleicher, die Querfront usw. Aber eine Konzeption | |
| ohne Einbindung der Nationalsozialisten war nie vorgesehen. | |
| Andere sagen, Hindenburg war doch viel entscheidender als unser Prinz von | |
| Preußen? | |
| Das stimmt. Aber muss Kronprinz Wilhelm von Preußen auf Nummer eins der | |
| NS-Verbrecherskala landen, damit er als besonders belastet gilt? Jemand, | |
| der in den Milieus der rechtsextremen Eliten ein- und ausgeht; den Duce in | |
| Italien aufsucht, der Generäle und Nazifunktionäre nach Schloss Cecilienhof | |
| lädt? Der sich mit den 500 mächtigsten Menschen des Reiches zu Feiern | |
| verabredet, bei denen man nebenbei bespricht, wie man die Republik | |
| zerstören wird? Der Kronprinz ist eine Figur, auf die Millionen von | |
| Menschen schauen. Manche mit Spott, andere mit Ehrfurcht. Er gibt den | |
| Dandy, ist ein Playboy. Aber er bleibt immer der älteste Sohn des letzten | |
| deutschen Kaisers: der Kronprinz! Entsprechend war die Botschaft, als er am | |
| „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933 auftritt und zusammen mit Adolf Hitler | |
| den Schulterschluss der rechten Kräfte öffentlich zelebriert. | |
| Das symbolische Angebot an Deutschnationale und Monarchisten, im | |
| Nationalsozialismus mitzumachen? | |
| Eindeutig. Der Kronprinz sitzt in der Garnisonkirche, in der Sichtachse | |
| Hitlers. Hitler spricht zu Hindenburg, der auf einem Stuhl sitzt, dahinter | |
| der Kronprinz mit Teilen der Hohenzollernfamilie. Sein Bruder August | |
| Wilhelm tritt in SA-Uniform auf. Zwei weitere seiner Brüder sind in | |
| Stahlhelm-Uniformen zugegen. Stahlhelm- und Reichswehr-, Polizei-, SS- und | |
| SA-Einheiten verschmelzen symbolisch miteinander, marschieren gemeinsam | |
| durch Potsdam. Ein Meer von Fahnen: die rot-weiß-schwarzen des Kaiserreichs | |
| vermischen sich mit denen der Nazis und ihren Hakenkreuzfahnen. Mittendrin | |
| in diesem Nazi-Mummenschanz der Kronprinz mit Uniform und der kuriosen | |
| Mütze der Totenkopf-Husaren, eines Eliteregiments der alten preußischen | |
| Armee. Die Fotos zeigen, wie Hitler und der Kronprinz einander anlächeln. | |
| Auch später in der Kroll-Oper ist er dabei, begrüßt lächelnd und per | |
| Handschlag SA- und SS-Männer. Während die kommunistischen Abgeordneten | |
| bereits in Kellern zusammengeschlagen werden und die sozialdemokratischen | |
| Spalier laufen müssen. Seinem Vater schreibt der Kronprinz begeistert in | |
| die Niederlande, wie er auf diese Koalition unter Hitler hingearbeitet hat | |
| und wie glücklich er jetzt sei. | |
| Er will den Nazis 1932 bei der Wahl zwei Millionen Stimmen zugeführt haben? | |
| Damit brüstete er sich 1934 in der britischen Presse. 1932 hatte er offen | |
| zur Wahl Hitlers aufgerufen. Ob es den Nazis vier Millionen oder nur | |
| 200.000 Stimmen brachte? Zu beweisen ist das nicht. Abwegig aber ist, dass | |
| sein Werben wirkungslos blieb. | |
| Unter den Nazis gab es eine starke sich völkisch-antikapitalistisch | |
| verstehende Linie. Wie passten die preußischen Junker, die adligen | |
| Gutsherren mit diesem vulgären Milieu zusammen? | |
| Es ist eine Chamäleon-Strategie: Hitler sprach bei Krupp in Essen anders | |
| als etwa vor Bauern in Pommern oder wenn er sich mit märkischen Adeligen | |
| auf einem Schloss traf. Für die Nazi-Partei war dies eine ständige | |
| Herausforderung. Die Propaganda von völkischem Germanentum, Antisemitismus | |
| und Antibolschewismus musste über die Unterschiede hinweghelfen. Es bleibt | |
| jedoch eine ambivalente Geschichte mit Brüchen. Doch aus dem alten | |
| preußischen Militär und preußischen Adel sind sehr viele bei den Nazis | |
| gelandet, in führenden Stellungen bei der SS und auf anderen Posten. Die SS | |
| war in ihrem Selbstverständnis die neue Elite des Staates und rekrutierte | |
| sich partiell aus der alten. Für junge männliche Adlige, die oben | |
| mitmischen wollten, war sie attraktiv. Auch die alte Ordensrittertradition, | |
| den europäischen Osten zu unterwerfen und zu besiedeln, war dem Adel | |
| weniger fremd als etwa dem Industriearbeiter in Gelsenkirchen. Nach dem | |
| Überfall auf die Sowjetunion treffen bei Himmler sofort die Briefe ein, in | |
| denen Adlige gleich mal eine Option auf 2000 Hektar für ihre Söhne | |
| anmelden: Lieber Herr Reichsführer, wenn Sie doch bitte so freundlich | |
| wären. | |
| Warum haben die Hohenzollern eigentlich nie erwogen, mit der Demokratie zu | |
| gehen? | |
| Die parlamentarische Tradition war in Deutschland schwach, innerhalb des | |
| Hauses Hohenzollern extrem schwach entwickelt. Von den wichtigsten Figuren | |
| des Hauses, dem gestürzten Kaiser Wilhelm II. im niederländischen Exil und | |
| seinem ältesten Sohn, Kronprinz Wilhelm, wird sie scharf abgelehnt. Das | |
| wichtigste Modell war hier seit 1922 der italienische Faschismus. Die | |
| Italiener hatten gezeigt, wie man Demokratie und Arbeiterbewegung | |
| zerschlägt, um danach mit dem Duce an der Spitze einen faschistischen Staat | |
| zu schaffen. Einen, der alte Eliten und Königshaus integriert. | |
| 19 Dec 2021 | |
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