# taz.de -- Neues vom Hohenzollernstreit: Der kleinliche Prinz | |
> Neues von den Hohenzollern: Georg Friedrich von Preußen behauptet, er | |
> will den Diskurs. Nur: Warum bekämpft er ihn dann juristisch? | |
Bild: Hübscher Auftritt: Georg Friedrich von Preußen mit Frau Sophie am Mittw… | |
Am Mittwochabend hatte Georg Friedrich von Preußen noch einen hübschen | |
Auftritt im Kronprinzenpalais zu Berlin. Im Beisein von Bundesminister | |
Peter Altmaier rühmte er sich, ein Mann des freien Wortes und der | |
wissenschaftlichen Streitkultur zu sein. Klang gut, Anlass war die | |
Buchpremiere von Lothar Machtan „Der Kronprinz und die Nazis. Hohenzollerns | |
blinder Fleck“. Georg Friedrich [1][hat Machtans Studie tatsächlich generös | |
gefördert], dem Autor privilegierten Zugang zum Familienarchiv verschafft. | |
Klingt aber weniger gut, so man weiß, wie selektiv der Preußen-Chef vorgeht | |
und seine Kritiker juristisch bekämpfen lässt. | |
Der deutsche Historikerverband dokumentiert die juristischen Feldzüge des | |
Ururenkels des letzten deutschen Kaisers [2][auf einem eigens | |
eingerichteten „Hohenzollern-Klage-Wiki“]. Das ganze Ausmaß, mittels | |
Abmahnungen Wissenschaftler, Journalisten oder Politiker einschüchtern zu | |
wollen, wird dabei ersichtlich. Beim Antichambrieren mit Altmaier und | |
Machtan mag sich Georg Friedrich jovial geben. Die juristische Praxis | |
zeichnet ein eher hartes, kleinliches Bild. | |
Allein am Donnerstag (19. 8.) wurden vor dem 10. Zivilsenat des | |
Kammergerichts Berlin vier Berufungsverfahren verhandelt. In allen ging es | |
um das freie Wort im Hohenzollernstreit, und wo solches endet. Etwa bei | |
einer Twittermeldung der Grünen aus dem Berliner Landesparlament. | |
Die Grünen-Fraktion hatte im Juli 2019 getwittert: „Dass die #Hohenzollern | |
Mitsprache bei der künftigen Geschichtsdarstellung reklamieren, geht in | |
einer #Demokratie gar nicht! @dpwes erwartet von Senat&Bund, dass sie | |
jegliche Form einer erinnerungspolitischen Einflussnahme grundsätzlich | |
ausschließen.“ | |
## Von der Meinungsfreiheit gedeckt | |
Daniel Wesener, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen im | |
Landesparlament, durfte am Donnerstag erleichtert lächeln. Das | |
Kammergericht unter Vorsitz von Richterin Susanne Tucholski sah das | |
politische Statement von der Meinungsfreiheit gedeckt. Der Anwalt der | |
Hohenzollern, Markus Hennig, zog zurück, der Berufung der Grünen wurde | |
stattgegeben. | |
Erfolgreich war auch die Berufung des Verdi-Magazins „M“ – Menschen Machen | |
Medien. Bei den Gewerkschaftern hatte es geheißen, Georg Friedrich von | |
Preußen habe sich als „besonders klagefreudig erwiesen, was die | |
wissenschaftliche und mediale Aufarbeitung der Geschichte seiner Familie | |
angeht“. Solche Äußerungen müsse der Ururenkel hinnehmen, der sich in einer | |
vermögensrechtlichen Auseinandersetzung mit Bund, Ländern und Museen | |
befindet, so das Gericht. Das vorige Urteil des Landgerichts Berlin wurde | |
kassiert. | |
Keinen Erfolg mit ihrer Berufung hatte hingegen die deutsche Sektion der | |
Open Knowledge Foundation. Sie hatte zu faktisch suggeriert, gar niemand | |
käme ins Privatarchiv der Hohenzollern hinein. | |
Und dann war da noch der Berufungsfall des Historikers Stephan Malinowski. | |
Sein Buch „Die Hohenzollern und die Nazis. Geschichte einer Kollaboration“ | |
wird im Herbst erscheinen. Für das Land Brandenburg war er 2014 als | |
Gutachter tätig. | |
## Hohenzollern ohne Wünsche | |
Im Juli 2019 zitierte ihn eine Journalistin der Deutschen Welle mit dem | |
Satz: „Der Wunsch, die Geschichtsschreibung und die Deutung des Hauses | |
Hohenzollern selbst steuern und öffentlich finanzieren zu lassen, erscheint | |
mir, sehr vorsichtig gesagt, abenteuerlich.“ Es war eine Interpretation aus | |
einer privaten Mailkorrespondenz. Die Deutsche Welle löschte ihn. | |
Das Kammergericht sah dennoch eine falsche Tatsachenanknüpfung als gegeben. | |
Beide Parteien haben nun den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt | |
erklärt, die Kostenaufteilung des Verfahrens steht noch aus. | |
2017 hieß es vonseiten der Preußen-Erben übrigens noch: „In Anlehnung an | |
das 1877 eröffnete, im II. Weltkrieg zerstörte Hohenzollern-Museum in | |
Schloss Monbijou plant das Haus Hohenzollern die Einrichtung eines neuen | |
Hohenzollern-Museums. Unter Einbeziehung zahlreicher früher in Schloss | |
Monbijou präsentierten und in Familienbesitz verbliebener Exponate soll die | |
Geschichte der Hohenzollern-Dynastie und ihrer Regenten aus heutiger Sicht | |
dargestellt werden. Dabei wird das als Hauptleihgeber auftretende Haus | |
Hohenzollern maßgeblich an Konzeption und Gestaltung des neuen Museums | |
beteiligt sein.“ [3][Kein Wunsch nach Einflussnahme?] | |
Mit dem freien Wort und wie man es interpretiert, ist es so eine Sache. | |
20 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Fanizadeh | |
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