# taz.de -- Mögliches Mitte-links-Bündnis: Geht das noch zusammen? | |
> Eigentlich haben Grüne, SPD und Linke viel gemeinsam. Trotzdem scheint | |
> ein Mitte-links-Bündnis nach der Bundestagswahl unrealistisch. Woran | |
> liegt das? | |
Bild: Eine rot-rot-grüne Regierung wird es wohl nach der Wahl nicht geben | |
Während des Lockdowns sitzen drei Bundestagsabgeordnete zu Hause vor ihren | |
Computern und diskutieren per Livestream, wer für die Coronakrise bezahlen | |
soll. Sie sind sich im Grunde einig: die Reichen. | |
Axel Troost von der Linken will die oberen 1 Prozent sowohl mit einer | |
Vermögensabgabe als auch mit einer Steuer zur Kasse bitten. Lisa Paus, | |
finanzpolitische Sprecherin der Grünen, hält eine einmalige Abgabe für | |
angemessen. Cansel Kiziltepe, SPD-Bundestagsabgeordnete, will wie Troost am | |
liebsten beides. „Axel, da bin ich ganz bei dir.“ Ein Vorgeschmack auf die | |
Zeit nach der Bundestagswahl? | |
Troost seufzt am Telefon. „Wenn Lisa, Cansel und ich | |
Koalitionsverhandlungen führen würden, wären wir uns schnell einig. Aber | |
leider sind wir derzeit die absolute Ausnahme.“ Die drei | |
Finanzpolitiker:innen sind Mitgründer:innen des [1][Instituts | |
Solidarische Moderne] (ISM), eines rot-rot-grünen Thinktanks. | |
Die regelmäßigen Runden des ISM sind derzeit aber einzigartig. Zwischen den | |
drei Parteien, die irgendwie als links gelten, herrscht sonst weitgehend | |
Funkstille. Rot-rot-grüne Strategietreffen beschränken sich auf klandestine | |
Runden mit wenigen Teilnehmer:innen. Troost ist enttäuscht: „Viele labern | |
über Mitte-links, aber es fehlt das Fundament.“ | |
Eigentlich ist es noch schlimmer. Kaum jemand redet mehr öffentlich über | |
ein Mitte-links-Bündnis. Ist es also nicht mehr als eine Seifenblase? | |
Dabei wäre die Zeit doch reif für Veränderungen. Mit dem Abgang Angela | |
Merkels von der politischen Bühne gerät die 16 Jahre währende Hegemonie der | |
Union ins Wanken. Die Klimakrise, die Folgen der Coronapandemie, die | |
Spaltung der Gesellschaft in Gewinner und Verlierer erfordern solidarische | |
und gerechte Lösungen. Nicht in vier Jahren, sondern jetzt. | |
„Eine echte sozialökologische Transformation ist eben nicht nur eine Frage | |
der Gerechtigkeit, sondern auch der Vernunft“, sagt Ulrich Schneider vom | |
Paritätischen Gesamtverband. Man müsse den Druck auf alle Parteien erhöhen. | |
„Damit nach dieser Wahl den Worten auch wirklich Taten folgen.“ | |
SPD-Chefin Saskia Esken glaubt, dass „der Zeitgeist in Deutschland eher | |
links“ wehe. Vielen sei klar, dass der Staat für „bessere Schulen, mehr | |
Digitalisierung und den sozialökologischen Umbau“ Geld brauche. „Es ist | |
doch bezeichnend, dass jetzt schon Vermögende höhere Steuern fordern“, sagt | |
Esken hoffnungsfroh. | |
## Grünen-Führung hält sich offiziell alle Bündnisoptionen offen | |
Inhaltlich haben Grüne, SPD und Linke große Schnittmengen. Ein Abschied von | |
Hartz IV, ein höherer Mindestlohn, eine Kindergrundsicherung, eine fairere | |
Reichtumsverteilung. „Da Grüne und SPD ähnliche steuerpolitische | |
Forderungen haben und die Linke weiß, dass überzogene Positionen im | |
Bundesrat keine Chance haben, würde ein Mitte-links-Bündnis nicht an der | |
Steuerpolitik scheitern“, sagt Lisa Paus, Finanzexpertin der | |
Grünen-Fraktion. „Auch eine Reform der Schuldenbremse bekäme man hin. Das | |
wären wichtige Schritte für mehr Gerechtigkeit.“ | |
Und doch scheint ein Mitte-links-Bündnis von Grünen, SPD und Linkspartei, | |
früher mal abgekürzt „R2G“, drei Monate vor der Bundestagswahl so fern wie | |
der Mars. | |
Das liegt nicht allein an einer fehlenden Mehrheit. Grüne, SPD und | |
Linkspartei kommen zusammen regelmäßig auf 40 bis 45 Prozent. Eine Mehrheit | |
am 26. September ist derzeit unwahrscheinlich, aber keineswegs unmöglich. | |
Mitte-links scheint aber vor allem am Unvermögen der drei Parteien zu | |
scheitern. Die Grünen wollen nicht, die Linken können nicht. Und die SPD | |
weiß nicht so genau. | |
Die Grünen-Führung hält sich offiziell alle Bündnisoptionen offen. Aber so | |
wirklich glaubt bei ihnen keiner mehr an Mitte-links. Bundesgeschäftsführer | |
Michael Kellner, ein Mann vom linken Flügel, sagt dazu drei dürre Sätze, in | |
denen das Wort „links“ nicht einmal vorkommt. „Wir treten an, um die Union | |
herauszufordern. Und kämpfen um die Führung in diesem Land. Alles Weitere | |
hängt dann vom Wahlergebnis und von möglichen Gesprächen ab.“ | |
Leidenschaft klingt anders. | |
Grüne Realos halten nichts von Mitte-links, weil sie die gesellschaftliche | |
Polarisierung fürchten. Sie halten es für zu riskant, gegen einen rechten | |
Block von Union, FDP und AfD zu regieren | |
Baerbocks und Habecks Präferenz für Schwarz-Grün ist nicht zu übersehen. | |
Grüne Sympathiebekundungen in Richtung Union gibt es zuhauf, aber in | |
Richtung Linkspartei? Da fordert Habeck lieber ein Bekenntnis zur Nato, | |
obwohl er weiß, dass er damit nur verstockte Antworten provoziert. Oder | |
weil er es weiß. | |
Die unverhohlene Abneigung zwischen Linken und Grünen ist so groß wie nie. | |
[2][Als Habeck neulich das Kriegsgebiet in der Ukraine bereiste], ließ er | |
sich mit Helm und Schutzweste in einem zerstörten Dorf fotografieren. | |
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch [3][schrieb dazu auf Twitter]: „Sich | |
als deutscher Parteichef mit Stahlhelm in der Nähe der russischen Grenze | |
ablichten zu lassen, ist angesichts unserer Geschichte unangemessen, für | |
einen Grünen-Parteichef geradezu grotesk.“ | |
Habeck eine Art Wehrmachtssoldat? Das kam in der Grünen-Spitze nicht gut | |
an. Auch dass der Linken-Fraktionschef eine Mitte-links-Regierung unter | |
grüner Führung im April als „absurd“ bezeichnete, wurde aufmerksam | |
registriert. Eine Analyse bei den Grünen lautet: Die Linkspartei hat die | |
Grünen als Hauptgegner auserkoren, um aus der Todeszone rund um die | |
5-Prozent-Hürde herauszukommen. | |
Beide Parteien konkurrieren zum Teil um eine ähnliche | |
Wähler:innenklientel: junge, städtisch geprägte und linke | |
Akademiker:innen, denen Ökologie wichtig ist. Meinungsumfragen unter | |
Wähler:innen bestätigen das. Demnach würden ein Drittel der | |
Linken-Wähler:innen auch die Grünen wählen. Andere Milieus von Linken | |
und Grünen sind sich dagegen sehr fremd. Die gut verdienende Ärztin im | |
Berliner Szenekiez, die grün wählt, kann mit dem 70-jährigen | |
Ex-SED-Genossen, der seit 20 Jahren Frührentner ist, nichts anfangen. | |
Aber auch im linken Flügel der Grünen hat man die Hoffnung auf Mitte-links | |
inzwischen aufgegeben. Die Linkspartei bekäme es seit Jahren nicht | |
gebacken, sich klar zu einer progressiven Regierung zu bekennen, sagen | |
manche Grüne. Das sei der wahre Verrat an der Arbeiterklasse, sich als ihre | |
Vertreterin zu gerieren, aber vor realen Kompromissen in einer Regierung | |
zurückzuscheuen. Das ist starker Tobak. Wo früher mal Sympathie war, ist | |
jetzt Wut. Szenen einer Entfremdung. | |
Führende Linksparteifunktionäre bezeichnen harte Attacken der eigenen Leute | |
auf die Grünen hinter vorgehaltener Hand als „völlig falsch“. | |
Spitzenkandidatin Janine Wissler will Unterschiede zu den Grünen benennen, | |
macht aber klar: „Die Grünen sind nicht der Hauptgegner.“ Der ist für die | |
Linke eigentlich die Union. | |
Wissler führt [4][seit Februar die Linkspartei zusammen mit Susanne | |
Hennig-Wellsow]. Letztere ist Mitarchitektin einer rot-rot-grünen Thüringer | |
Regierung und würde ihre Partei auch gern in eine Bundesregierung | |
bugsieren. Wissler ist skeptischer, aber beweglich, wenn sich Chancen | |
bieten. Erst im Juni führte sie in Frankfurt am Main Gespräche mit Grünen | |
und SPD über eine gemeinsame Stadtregierung. Die Grünen gaben letztlich der | |
FDP den Vorzug. | |
Doch Wissler und ihre Co-Vorsitzende müssen jetzt erst mal im eigenen Haus | |
für Ruhe sorgen. Die Partei schrumpft im Osten und streitet im Westen. In | |
Sachsen-Anhalt ging die Wahl verloren. Im Saarland ruft Oskar Lafontaine | |
zum Wahlboykott der Linkspartei auf, weil sein Intimfeind nun | |
Spitzenkandidat ist. [5][Und in Nordrhein-Westfalen wollen Genoss:innen | |
Sahra Wagenknecht aus der Partei ausschließen.] Sinkende Zustimmung und | |
interner Streit – eine toxische Mischung. | |
## Diffuse Haltung der SPD | |
Auf dem Parteitag an diesem Wochenende beschließt die Linke das | |
Wahlprogramm. Es ist die letzte Bewährungsprobe vor der Wahl. Reißen sich | |
die Linken zusammen – oder hauen sie sich weiter die Köpfe ein? Wissler | |
klingt wie die genervte Leiterin eines Heims für Schwererziehbare und | |
fordert: „Ab Montag muss allen klar sein: Alle Zeichen auf Wahlkampf und | |
der politische Gegner sitzt nicht innerhalb der eigenen Partei.“ Für die | |
Linkspartei geht es um den Klassenerhalt, den Wiedereinzug in den Bundestag | |
und weniger um den Aufstieg in Regierungsverantwortung. | |
Das ist bei der SPD ähnlich. Auch sie hat vor allem den drohenden eigenen | |
Absturz vor Augen – von der Volkspartei zur einflusslosen Opposition und | |
Nummer drei hinter Union und den Grünen. Immerhin ist das Verhältnis zur | |
linken Konkurrenz vonseiten der SPD nicht mehr so neurotisch aufgeladen wie | |
früher. Denn SPD und Linkspartei verlieren bei Wahlen ja gemeinsam. Beide | |
haben den Kontakt zu den prekär lebenden, abgehängten Bevölkerungsschichten | |
verloren und laborieren an ähnlichen strukturellen Schwächen. In den | |
Parteizentralen zerbricht man sich den Kopf, wie man mit den eigenen | |
Kernthemen – soziale Sicherheit, Renten und Löhne – endlich Gehör findet. | |
Ansonsten ist die Haltung der SPD zu einem Mitte-links-Bündnis – diffus. | |
Olaf Scholz sagt wenig Böses über die Linkspartei und hält alles offen. Von | |
Rot-Rot-Grün über die Ampel bis zur nächsten GroKo. Die als links geltenden | |
Parteispitzen, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, werden | |
schmallippig, wenn es konkret wird. Einerseits will die SPD, so Esken, „ein | |
progressives Bündnis anführen“. Doch mit wem, nun ja, das werde man nach | |
der Wahl sehen. In der SPD-Spitze ist man sich noch nicht einmal einig, ob | |
man Baerbock zur Kanzlerin wählen würde – oder lieber stolz in die | |
Opposition geht, wenn man hinter den Grünen liegt. | |
Am vergangenen Dienstag traf sich ein Dutzend Parlamentarier in Berlin. | |
Dabei waren Stefan Liebich von der Linkspartei, der Grüne Sven-Christian | |
Kindler und SPD-Mann Michael Schrodi. Eingeladen hatte die | |
sozialdemokratische „[6][Denkfabrik]“, neben dem Institut Solidarische | |
Moderne das zweite gallische Dorf, das tapfer den Glauben an Mitte-links | |
verteidigt. Man lotet aus, was zwischen den Parteien geht. Doch die | |
Stimmung ist nicht besonders gut. | |
Michael Schrodi, SPD-Linker aus Bayern und Finanzpolitiker, ist von den | |
Grünen enttäuscht. „Die Grünen tun derzeit alles, damit es kein | |
progressives Bündnis gibt“, schimpft Schrodi, der einer der Sprecher der | |
Denkfabrik ist. „Die Grünen steuern auf Schwarz-Grün zu und wollen | |
Juniorpartner der Union werden.“ Deshalb komme ein Mitte-links-Bündnis | |
nicht voran. | |
Und dann ist da noch das größte Problem – die Außenpolitik. Bei keinem | |
anderen Thema liegen gerade Linke und Grüne so weit auseinander. Die Grünen | |
sind für Auslandseinsätze der Bundeswehr, die Linke ist strikt dagegen. Die | |
Grünen bekennen sich zur Nato, die Linke will sie abschaffen. Die Grünen | |
können sich bewaffnete Kampfdrohnen vorstellen, die Linke will radikal | |
abrüsten. Und während die Grünen Putin immer härter kritisieren, forderte | |
Bundestagsabgeordnete Sevim Dağdelen zuletzt einen deutsch-russischen | |
Freundschaftsvertrag nach französischem Vorbild. | |
SPD und Grüne zweifeln an der Zuverlässigkeit der Linken. Wie diszipliniert | |
sind die Genoss:innen in einem möglichen Regierungsbündnis? Setzen sich | |
dort die Vernünftigen durch oder geben, so wie derzeit, einzelne Radikale | |
den Ton an. | |
Janine Wissler sieht in der Außenpolitik kaum Verhandlungsspielraum. „Ich | |
kann mir nicht vorstellen, dass wir einen Koalitionsvertrag unterschreiben, | |
in dem Auslandseinsätze einfach so weiterlaufen“, sagt sie. | |
## Die Linken wollen kein Grünen-Abklatsch sein | |
Ein Anruf bei Jürgen Trittin. Es sei nicht rational, dass sich die | |
Linkspartei gegen friedenserhaltende Blauhelm-Maßnahmen wie im Südsudan | |
stelle, sagt der einstige grüne Bundesminister. Dort schützten bewaffnete | |
UN-Frauenpatrouillen sudanesische Frauen vor sexueller Gewalt. „Gegen | |
solche Einsätze zu sein, ist für Linke eigentlich nicht zu argumentieren.“ | |
Was bei der Gesinnungsschlacht um Nato und Auslandseinsätze meist unterhalb | |
der Wahrnehmungsschwelle bleibt: Die SPD hat unter Fraktionschef Rolf | |
Mützenich peu à peu ihre Position verschoben, die Bundeswehrlobby hat an | |
Einfluss verloren. Bei bewaffneten Drohnen, scharfen Tönen gen Moskau und | |
Waffenlieferungen an die Ukraine tritt die SPD eher auf die Bremse. Sie | |
könnte in einer Mitte-links-Regierung beim Thema Außenpolitik den | |
ausgleichenden, moderierenden Part spielen. | |
Auch Trittin hält die Differenzen in der Außenpolitik für überwindbar, | |
sieht aber ein grundsätzliches Problem: „Die Linke ist nicht gegen | |
Auslandseinsätze, sondern sie hat sich nicht entschieden, regieren zu | |
wollen. Deshalb hält sie die Ablehnung von allen Einsätzen hoch.“ Die | |
Entscheidung liege somit bei der Linkspartei. „Sie muss ihr erprobtes | |
Modell, in der Außenpolitik von SPD und Grünen unterscheidbar zu sein, | |
eintauschen gegen eine Regierungsbeteiligung.“ Das sei ein Risiko – und er | |
sehe zurzeit nicht, dass die Partei das eingehen wolle. | |
Da ist was dran. Die Furcht, als eine Art Abklatsch von SPD und Grünen | |
wahrgenommen zu werden, sitzt tief bei vielen Linken. „Wir dürfen nicht | |
grüner als die Grünen werden“, hört man oft. Dann lieber quietschrot in der | |
Nische als farblos auf der Regierungsbank. Doch längst sinnt man in der | |
Berliner Parteizentrale auch über kreative Lösungen nach, um eigene | |
Überzeugungen in ein Mitte-links-Bündnis zu retten und Zweifler | |
mitzunehmen. Die Linke könnte erst mal Prüfaufträge für die Beendigung von | |
Bundeswehreinsätzen einfordern, heißt es vage. | |
Es sei den Linken-Wähler:innen jedenfalls nicht vermittelbar, wenn die | |
Linkspartei darauf verzichte, Hartz IV um 150 Euro zu erhöhen, weil noch | |
ein Soldat in Darfur die Post sortiere, sagt eine führende Genossin. In der | |
Parteizentrale arbeitet eine vierköpfige Arbeitsgruppe gerade systematisch | |
die Programme aller drei Parteien durch: Was passt zusammen, was ist | |
unverzichtbar, was lediglich nice to have. | |
Wenn es rechnerisch reicht, dann müssen die Grünen auch mit der Linken | |
reden, so das Kalkül. Und für diesen Sondierungsfall werde man vorbereitet | |
sein. Und zwar auf den Punkt. Kein Zweifel herrscht in der Parteiführung | |
daran, dass die Basis dann mitziehen werde. Schließlich wolle eine | |
deutliche Mehrheit der Mitglieder und Wähler:innen, dass die Linke | |
regiert. | |
Gibt es also noch tieferliegende Gründe, warum es so hakt? | |
Jürgen Trittin hat eine Erklärung, warum es um Mitte-links so schlecht | |
steht. „Die Deutschen wollen Veränderungen, aber es darf nicht zu schnell | |
gehen“, sagt er. „Als progressiver Politiker kann man das schlimm finden, | |
aber es ist auch Ausweis demokratischer Stabilität. Hierzulande hat man | |
schlechte Erfahrungen gemacht mit schnellen Umbrüchen.“ | |
Trittin, der den Glauben an Mitte-links verloren hat, macht am Telefon eine | |
kurze Pause. „Im Mitte-links-Lager fehlt die Grundtonalität, dass es | |
gemeinsam Veränderungen will.“ SPD und Linke seien in der zentralen Frage, | |
beharren oder verändern, unentschieden. Das habe sich [7][in der | |
Benzinpreisdebatte] gezeigt, wo sie Seit an Seit mit der Bild-Zeitung und | |
der CDU für den Status quo gekämpft hätten. „Aber angesichts der Klimakrise | |
mit ihren disruptiven Veränderungen taugt der deutsche Ruhemodus nicht | |
mehr.“ | |
Richtig ist: Es gibt keine linke Erzählung einer guten, klimaneutralen | |
Zukunft, die alle Parteien teilen würden. Stattdessen sind drei | |
EinzelkämpferInnen unterwegs, die oft dasselbe wollen, aber permanent über | |
die anderen meckern. | |
Die fehlende Erzählung ist auch für Matthias Höhn, [8][linker | |
Außenpolitiker und Reformer], der Hauptgrund, weshalb Mitte-links nicht | |
leuchtet. „Die Leute trauen sich nicht, auf dieses Projekt zu setzen, weil | |
sie den drei Parteien nicht zutrauen, das gemeinsam zu wollen und zu | |
können.“ | |
Doch ein gemeinsames Bekenntnis zu Mitte-links, wie es Höhn vorschwebt, | |
wird es nicht geben. Verschüttete Milch. Eine, die in der Linkspartei seit | |
Langem auf ein solches Bündnis hinarbeitet, setzt als letzte Möglichkeit | |
auf eine Art Überrumpelung. Mitte-links könne es geben, gerade weil niemand | |
mehr daran glaube und dafür werbe. Wenn es nach der Wahl eine Mehrheit | |
gebe, habe Mitte-links eine Chance. Nicht als Projekt, eher aus Zufall. | |
20 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.solidarische-moderne.de/ | |
[2] /Gruene-Aussen--und-Sicherheitspolitik/!5771141 | |
[3] https://twitter.com/DietmarBartsch/status/1399323250551832577?s=20 | |
[4] /Baldige-Linken-Chefinnen-zu-ihren-Plaenen/!5748583 | |
[5] /Antrag-auf-Parteiausschluss/!5778438 | |
[6] https://www.spd-denkfabrik.de/ | |
[7] /Streit-ueber-hoehere-Benzinpreise/!5774943 | |
[8] /Linken-Politiker-ueber-Sicherheitspolitik/!5750029 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
Stefan Reinecke | |
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