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# taz.de -- Im Land der Schulden: Angriff auf die Bürgermeisterin
> Mit einem Misstrauensvotum wollen CDU und rechtspopulistische Bürger in
> Wut Bremens grüne Finanzsenatorin Karoline Linnert stürzen
Bild: Nicht mal Vergnügungssteuer für ihren Job kann Bremens Finanzsenatorin …
BREMEN taz | Ein Misstrauensvotum gegen Bremens Finanzsenatorin Karoline
Linnert (Grüne) bringe „absolut keine Aufklärung“: Das hatte die
Bürgerschaftsfraktion der FDP noch vor einer Woche gesagt – um sich nun
doch der CDU anzuschließen. Die hat gemeinsam mit der rechtspopulistischen
Wählervereinigung Bürger in Wut (BIW) eine Sondersitzung des Landtags
beantragt, um Linnert abzuwählen. Und nicht nur die FDP unterstützt den
Antrag, der morgen im Bremer Parlament abgestimmt wird, sondern sämtliche
Oppositionsparteien.
Hintergrund ist die Krise der Bremer Landesbank (BLB): Die hatte vor zwei
Wochen mitgeteilt, dass 2016 Ausfälle in dreistelliger Millionenhöhe
erwartet werden. Deswegen wird nun ihre vollständige Übernahme durch die
Haupteigentümerin Norddeutsche Landesbank (NordLB) diskutiert ([1][taz
berichtete]). CDU und FDP haben Linnert als BLB-Aufsichtsratsvorsitzende
vorgeworfen, die Zukunft der Bank schlecht verhandelt zu haben. Darüber
hinaus habe sie als Finanzsenatorin keine seriösen Lösungen bei der
Konsolidierung des hochverschuldeten Bundeslandes anzubieten.
Es folgte der Misstrauensantrag, gestellt von CDU und BIW – zur
Überraschung der anderen Oppositionsparteien. Selbst die FDP sprach sich
erst dagegen aus. Sie unterstütze zwar einen Parlamentarischen
Untersuchungsausschuss (PUA) zur Aufklärung der BLB-Krise, aber kein
Misstrauensvotum. Bremens FDP-Chefin Lencke Steiner warf der CDU vor, zu
taktieren: Die Christdemokraten müssten sich die Frage gefallen lassen, ob
ihre „Posten, etwa beim Scheitern von Rot-Grün und dem Eintritt in eine
Große Koalition, vor notwendiger Aufklärung gehen“.
Und nun die Kehrtwende: „An sich“ sei die Fraktion nicht gegen den Antrag
gewesen, schließlich habe sie ebenfalls Linnerts Rücktritt gefordert, sagte
gestern der FDP-Fraktionssprecher der taz. Angesichts dessen sei selbst
eine Enthaltung der FDP bei der morgigen Abstimmung „nicht vermittelbar.“
Ähnlich argumentiert auch die Linksfraktion, die sich überraschenderweise
ebenfalls dem Antrag anschloss. „Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn wir
jetzt sagen würden, dass wir den Senat unterstützen“, sagt Fraktionschefin
Kristina Vogt. Die jüngste Haushaltsdebatte sei für sie ausschlaggebend
gewesen: „Die rotgrüne Koalition hat erneut signalisiert, dass sie
grundsätzlich nicht bereit ist, von ihrem Sanierungskurs abzurücken.“
Anders als CDU und FDP kritisiert die Linke Bremens Regierung nicht dafür,
trotz des Konsolidierungskurses zu wenig zu sparen, im Gegenteil: „Rot-Grün
ist durch die restriktive Kürzungspolitik der letzten Jahre direkt dafür
verantwortlich, dass es vielen Menschen in Bremen schlechter geht als vor
neun Jahren“, sagt Vogt und betont, „dass wir eine grundsätzlich andere
Position als die CDU vertreten.“
Die Regierungsmehrheit in Bremen ist dünn: 43 Sitze hat die rotgrüne
Koalition, 40 die Opposition. 42 Parlamentarier müssten den Antrag
unterstützen, damit Linnert zurücktritt – und in der Opposition wird über
vier abtrünnige Regierungsmitglieder gemunkelt. Sollte Linnert tatsächlich
abdanken müssen, drohen in letzter Konsequenz Neuwahlen.
In diesem Fall stürbe die AfD-Abkopplung Alfa, die jetzt mit drei
Abgeordneten in der Bürgerschaft sitzt: „Natürlich wäre das bitter für
uns“, sagt deren Sprecherin Antonia Hanne. Gleichwohl unterstütze auch Alfa
den Antrag: „Schließlich haben uns die Leute ja nicht gewählt, damit wir
die Abschaffung Bremens unterstützen.“
Auch die Linksfraktion sei sich durchaus bewusst, sagt Kristina Vogt, „dass
wir es bei Neuwahlen mit einer sehr starken AfD und wahrscheinlich einer
schwarz-roten Regierung zu tun haben werden“. Aber die Linke müsse sich
auch bei einer Enthaltung vorwerfen lassen, ein zahnloser Tiger zu sein:
„Wir haben lange debattiert und uns die Entscheidung nicht leicht gemacht,
aber letztendlich ist ja die rot-grüne Koalition in der Mehrheit: Es liegt
also an ihr.“
23 Jun 2016
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## AUTOREN
Simone Schnase
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