# taz.de -- Bremer Finanzsenatorin übersteht Attacke: Großes Vertrauen in Lin… | |
> Das Misstrauensvotum gegen Bremens Finanzsenatorin Karoline Linnert | |
> (Grüne) ist gescheitert: Sogar Abgeordnete der Opposition stimmten für | |
> sie. | |
Bild: Ein Herz und eine Seele: Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) und B�… | |
BREMEN taz | Zweieinhalb Stunden dauerte die heftige Debatte, während der | |
die Bürgerschaft am gestrigen Freitag über die Finanzpolitik des Landes | |
stritt. Es gehe darum, ob das Parlament Vertrauen habe in Finanzsenatorin | |
Karoline Linnert (Grüne) für die Lösung der anstehenden Probleme: So hatte | |
Thomas Röwekamp (CDU) das von seiner Fraktion mit den rechten „Bürgern in | |
Wut“ (BIW) beantragte Misstrauensvotum begründet. | |
38 Stimmen hatte die Opposition im Saal, für das Misstrauensvotum wären 42 | |
Stimmen erforderlich gewesen. Aber nur 35 folgten Röwekamp in der geheimen | |
Abstimmung, eineR enthielt sich. Das heißt: Linnert bekam sogar zwei | |
Stimmen aus dem Oppositionslager. | |
Und die Koalition hielt entgegen anderer Spekulationen mit 43 anwesenden | |
Abgeordneten zu ihrer Finanzsenatorin. Die Grüne Susanne Wendland fehlte | |
zur Abstimmung zwar, aber die Lücke füllte der parteilose Bernd Ravens, der | |
unmittelbar vor seinem Eintritt in die SPD-Fraktion steht. | |
Zuvor waren alle Register der parlamentarischen Streitkultur gezogen | |
worden. Als Aufsichtsratsvorsitzende der Bremer Landesbank (BLB) habe sie | |
im Herbst 2015 die Alarmzeichen erkennen und darauf dringen müssen, dass | |
der Bank-Vorstand handelt – anstatt auf bessere Zeiten zu warten, sagte | |
Röwekamp. Sie hätte seit der Alarm-Meldung der Europäischen Zentralbank | |
Ende März darauf bestehen müssen, dass die Anteilseigner – Bremen und die | |
Nord LB – ihrer Bank mit einer Kapitalerhöhung aus der Klemme helfen. | |
## Fehler aus der Zeit des CDU-Finanzsenators | |
Überhaupt, griff Röwekamp in die Kiste der Geschichte, sei die Umwandlung | |
der stillen Beteiligung in einen Gesellschafteranteil im Jahre 2012 ein | |
Fehler gewesen, aus heutiger Sicht. Allerdings einer, räumte er ein, dem | |
auch die CDU zugestimmt habe. Damals hätte die Finanzsenatorin versichert, | |
Bremen müsse sich „in den nächsten Jahren keine Sorgen machen“. Das sei | |
offenkundig falsch gewesen. | |
Bloß: Nicht nur das Geschäft mit den spekulativen „Credit Default | |
Swaps“-Papieren (CDS), sondern auch die „Klumpenbildung“ bei den | |
Schiffsbeteiligungen passierten in einer Zeit, als Bremens Finanzsenator | |
Hartmut Perschau hieß, der der CDU angehörte und im Aufsichtsrat saß. Die | |
Nord LB beherrschte damals die Landesbank, Bremen hielt nur 7,4 Prozent. | |
Als Linnert Aufsichtsratsvorsitzende wurde, wurden die CDS-Swaps abgestoßen | |
und die Schiffsbeteiligungen heftig reduziert (siehe Schwerpunkt SEITE | |
44/45). | |
Die Grünen-Vorsitzende Maike Schaefer griff noch weiter in die | |
Geschichtskiste: Damals, erinnerte sie, als die Grünen einen | |
Misstrauensantrag gegen Thomas Röwekamp als Innensenator beantragt hatte, | |
da war der verantwortlich gewesen für den Brechmittel-Tod von Laye Condé in | |
Polizeigewahrsam. Röwekamp habe damals erklärt, „Schwerverbrecher“ müsst… | |
mit „körperlichen Nachteilen rechnen“. So etwas sei persönlich zu | |
verantwortendes Fehlverhalten, so Schaefer – und Röwekamp sei nicht | |
zurückgetreten. | |
Dass die Linksfraktion dem Misstrauensantrag zustimme, habe nichts mit der | |
BLB-Politik zu tun, da könne er ein „persönliches Versagen“ der | |
Finanzsenatorin nicht erkennen, betonte der Linken-Abgeordnete Klaus-Rainer | |
Rupp. Die Finanzsenatorin habe deswegen nicht das Vertrauen der Fraktion, | |
weil sie strikt an dem Konsolidierungskurs festhalte. Fraktionsvorsitzende | |
Kristina Vogt sagte, die Sparpolitik des Senats sei aus sozialpolitischen | |
Gründen nicht zu verantworten. | |
Der Senat spare zu wenig, findet dagegen Antragsteller CDU: Der Versuch, | |
die Mehrkosten für die Unterbringung der Flüchtlinge aus dem vereinbarten | |
Spar- und Konsolidierungskonzept herauszurechnen, sei vom Stabilitätsrat | |
moniert worden. Bis Ende Juni verlangt dieses Aufsichtsgremium über Bremens | |
Haushaltspolitik die Darstellung weiterer Spar-Anstrengungen. Seit Jahren | |
dränge der Stabilitätsrat, nun habe Bremen einen „blauen Brief“ bekommen. | |
Wie das Parlament als Haushaltsgesetzgeber 360 Millionen Euro, mit denen | |
die Kosten für Flüchtlinge zu Buche schlagen, einsparen könnte, das weiß | |
allerdings auch die CDU nicht. | |
## Linnerts Kampf für „bremische Interessen“ | |
Diese Schwachstelle nutzte Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) für | |
eine wortgewaltige Rede. Bremens Haushaltspolitik werde von der | |
Bürgerschaft verantwortet, erklärte er. Und da habe die CDU keine | |
Alternative zu bieten. Dass sie gemeinsame Sache mit dem rechten Rand in | |
der Bürgerschaft mache, sei alarmierend, „denen kann man Bremen nicht | |
anvertrauen“. | |
Sieling nahm die Finanzsenatorin in Schutz, der die starken Worten | |
vorgeworfen wurden, mit denen sie für die bremischen Interessen kämpft: Sie | |
hatte bezüglich der BLB-Krise erklärt, Bremen werde „sich nicht erpressen | |
lassen“ von der niedersächsischen Seite. | |
Man werde auch weiter hart für die bremischen Interessen verhandeln. Wenn | |
Bremen darauf beharre, die Kosten für die Unterbringung der Flüchtlinge | |
nicht durch Einsparungen, sondern über zusätzliche Neuverschuldung zu | |
finanzieren , dann deswegen, damit die Flüchtlinge nicht „ausgespielt | |
werden gegen die Menschen in Bremen und Bremerhaven“, so Sieling. | |
24 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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