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# taz.de -- Folgen der Banken-Krise: Bremens Finanzwelt an der Leine
> Die Bremer Landesbank gehört jetzt Hannover: Bremens Senat verkauft seine
> Anteile an die NordLB. Dafür gehen die Wohnungsgesellschaften vollends an
> den Stadtstaat
BREMEN taz | „Müde, aber erleichtert“ sei sie, sagte Bremens
Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) nach der langen Nacht der
Verhandlungen mit der NordLB. Nachts gegen ein Uhr waren die Vertreter
Bremens und Niedersachsens auseinander gegangen: Für 160 Millionen Euro
kauft die NordLB dem Land Bremen dessen 41,8 Prozent Anteile an der Bremer
Landesbank (BLB) ab.
Zusätzlich werden die Anteile der BLB an den bremischen
Wohnungsbaugesellschaften Brebau (48,8 Prozent), Gewoba (7,75 Prozent) und
Bremer Lagerhausgesellschaft (BLG, 12,6 Prozent) an Bremen übergeben. Dafür
wurde der Buchwert von insgesamt 82 Millionen Euro berechnet, der Marktwert
der Anteile liegt aber deutlich höher.
Bremen musste seine Anteilen auf Druck der Europäischen Zentralbank (EZB)
in Frankfurt abgeben, weil die EZB einen Rückstellungsbedarf von 700
Millionen Euro bei den Schiffsfinanzierungen sah. Wie die EZB Ende April
auf diese Summe kam, sei für sie auch heute noch nicht nachvollziehbar,
sagte Linnert, es gebe dafür keine detaillierte Begründung. Insbesondere
wisse sie auch nicht, ob die Schiffsfinanzierungen der NordLB und anderer
Banken nach denselben Kriterien bewertet würden.
Über die Wirtschaftskanzlei Freshfields versucht der Bremer Senat seit
Monaten, Akteneinsicht bei der EZB zu erhalten, letztlich um den Verdacht
auszuräumen, dass es da politische Einflussnahmen gegeben hat gegen die
BLB.
In den Verhandlungen habe Niedersachsen über Wochen einen viel geringeren
Preis angeboten, deshalb sei eine lange Verhandlungsnacht am Ende nötig
gewesen, sagte Linnert. Gleichzeitig habe aber Hannover auf der kompletten
Übernahme der Bremer Bank bestanden. Bremen sei damit praktisch erpressbar
gewesen – die Alternative wäre möglicherweise die Abwicklung der Bank durch
die Bankenaufsicht gewesen.
Jetzt bleibt die BLB als eigenständiges Institut am Bremer Standort
bestehen, allerdings dirigiert aus Hannover von der NordLB. Der Bremer
Vorstandsvorsitzende Andreas Kaulvers hatte sich gegen den Dirigismus des
Hannoveraner Mehrheits-Anteilseigners immer gewehrt und gestern Abend
seinen Rücktritt angeboten.
Die NordLB wird einige Bereiche in Hannover zentralisieren, etwa die IT,
und die Geschäftsfelder neu ordnen. Linnert rechnet mit einem Verlust von
rund zehn Prozent der Arbeitsplätze.
Gegen die Erwartung, dass Bremen die 480 Millionen Euro früherer „stiller
Einlagen“ nun als Verkaufspreis zurückerhalten könnte, führte Linnert an,
dass der Marktpreis der angeschlagenen Bank das nicht hergebe. Auch die
NordLB sei nicht in der Lage, solche Summen zu bezahlen. Um den Cash-Preis
zu senken habe die NordLB die Beteiligungen an den Wohnungsunternehmen gern
abgegeben.
Insgesamt, also zusammen mit den Dividenden, die Bremen für die 2001
aufgenommenen 480 Millionen bekommen habe, sei die Bilanz über diese 15
Jahre für Bremen positiv, sagte Linnert. Bis zum Jahre 2013 hatte Bremen
pro Jahr zwischen 26 und 50 Millionen Euro Gewinnausschüttung bekommen.
Dazu kommen mehr als 40 Millionen Ertragssteuern, die allerdings auch in
Zukunft am Firmensitz Bremen zu zahlen sind.
Für Senatorin Linnert gibt es ein starkes Argument dafür, die Anteile von
Gewoba, Brebau und BLG zu behalten, die nun an den Senat fallen: Den
Verkaufspreis hätte das Land Bremen zur Schuldentilgung verwenden müssen,
die rund zehn Millionen Dividende dagegen erhöhen die Einnahmen von Bremens
Haushalt.
2 Sep 2016
## AUTOREN
Klaus Wolschner
## TAGS
Bremer Landesbank
Bankenkrise
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Finanzen
Bremen
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