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# taz.de -- Bremen kauft Wohnungsbaugesellschaft: Guter, teurer Deal
> Die Stadt Bremen besitzt nun alle Anteile der Wohnungsbaugesellschaft
> Brebau. Damit sind künftig 48.000 Wohnungen in kommunaler Hand.
Bild: Bremen hat Wohnungen gekauft. Hilft das den MieterInnen?
Bremen taz | Bremen wird Alleineigentümer der Wohnungsbaugesellschaft
Brebau. Die besitzt 6.000 Wohnungen und verwaltet rund 5.000 weitere Wohn-
und Gewerbeeinheiten. Die Hälfte der Brebau-Anteile befanden sich bereits
in kommunalem Besitz, nun sichert sich die Stadt auch die anderen 50
Prozent. Der bisherige Anteilseigner, die Sparkasse Bremen, bekommt dafür
190 Millionen Euro sowie 6,9 Prozent des mehrheitlich kommunalen
Wohnungsunternehmens Gewoba. Damit sind künftig zwei
Wohnungsbaugesellschaften in bremischer Hand.
Denn trotz der Abgabe von Anteilen behält die Stadt noch 75,1 Prozent an
der Gewoba – das ist genug, um eine mögliche Privatisierung zu verhindern.
Finanziert wird der Kaufpreis durch Einnahmen aus dem Verkauf der Anteile
der wegen fauler Schiffskredite in Schieflage geratenen und 2017 von der
NordLB übernommenen bremischen Landesbank (BLB) sowie aus Dividenden beider
Wohnungsbaugesellschaften.
Mit dem Verkauf ihrer Brebau-Anteile sei die Sparkasse Bremen „der
eigentliche Gewinner der Landesbank-Pleite“, sagt Claudia Bernhard,
stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion in der Bremischen
Bürgerschaft. Viel zu hoch sei der Kaufpreis: Bremen zahle für die halbe
Brebau, die insgesamt 6.000 Wohnungen besitze, sieben Prozent der Gewoba,
die insgesamt 42.000 Wohnungen besitze, „plus 190 Millionen Euro cash –
kein gutes Geschäft“.
Bewusst ist ihr dennoch: „Die Sparkasse hätte versuchen können, ein
Vorkaufsrecht geltend zu machen für die Brebau-Anteile, die von der
Landesbank auf die Stadt Bremen übergingen.“ Sie hätte die Brebau, an der
sie dann hundert Prozent gehalten hätte, meistbietend an einen privaten
Investor verkaufen können. Und genau das, heißt es auf Nachfrage bei der
Finanzsenatorin, habe man verhindern wollen.
## Keine „Heuschrecken“
„Natürlich war das ein zähes Ringen“, sagt Dagmar Bleiker, Sprecherin von
Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne). Aber Bremen habe extrem schlechte
Erfahrungen mit „Heuschrecken-Investoren“ gemacht, die im Wohnungsbesitz
vor allem ein Instrument zur Gewinnmaximierung sehen. „Die Finanzsenatorin
hat sich deswegen immer für den kommunalen Wohnungsbau eingesetzt.“
Sollte eine künftige Regierung – am 26. Mai wird in Bremen gewählt – auf
die Idee kommen, Geld mit dem Verkauf der kommunalen Wohnbaugesellschaften
verdienen zu wollen, wird das schwierig: 2013 hat die bremische
Bürgerschaft die Privatisierungsbremse in der Landesverfassung
festgeschrieben – auch als Reaktion auf den vergangenen Verkauf einer
ganzen Reihe kommunaler Unternehmen, darunter eine Wohnungsbaugesellschaft.
Die Privatisierungsbremse stellt hohe Hürden vor den Verkauf von mehr als
50 Prozent eines öffentlichen Unternehmens, das dem Gemeinwohl dient: Die
Abgeordneten der Bürgerschaft können Privatisierungen nur dann beschließen,
wenn es mit einer Zweidrittelmehrheit einen breiten Konsens dafür gibt.
Stimmt nur eine einfache Mehrheit dafür, muss es einen Volksentscheid
geben.
## Kritik von der FDP
Auch deswegen, sagte Linnert bei der Bekanntgabe des Brebau-Kaufs, gehe sie
„davon aus, dass es auf sehr, sehr lange Sicht in Bremen keine
Privatisierung kommunaler Wohnungsbaugesellschaften geben wird – weder in
der Bürgerschaft noch in der Bevölkerung kann ich mir dafür eine Mehrheit
vorstellen – und das ist gut so!“ Und auch Bremens Bürgermeister Carsten
Sieling (SPD) sprach von „guten Nachrichten für Mieterinnen und Mieter“.
Das sieht auch Joachim Barloschky vom Bremer „Aktionsbündnis Menschenrecht
auf Wohnen“ so: „Wenn man bedenkt, welche negativen Folgen die
Privatisierung des Wohnungsmarkts für die MieterInnen hat, kann ich nur
sagen: Das gefällt mir.“ Nun hoffe er, dass die Stadt künftig sorgfältig
mit Neubauten und Bestand umgehe und durch moderate Mieten Druck aus dem
Markt nehme. „Wünschenswert wäre auch eine Mitbestimmung der MieterInnen
beispielsweise in Form von Aufsichtsratsmitgliedschaften oder Beteiligungen
an anderen Gremien – auch bei der Gewoba, wo das ja leider nicht der Fall
ist.“
Und während die Bürgerschaftsfraktion der CDU sich erst dann eine Meinung
zum Brebau-Kauf bilden will, wenn die Kaufsumme im Haushalts- und
Finanzausschuss detailliert besprochen wurde, findet die Bremer FDP, dass
„Wohnungsbau durch den Staat keine Aufgabe der Daseinsvorsorge“ sei. Bremen
müsse ihre Beteiligungen an Unternehmen vielmehr sogar „perspektivisch
reduzieren. Der Senat ist schließlich nicht der bessere Unternehmer“.
7 Feb 2019
## AUTOREN
Simone Schnase
## TAGS
Wohnungsbaugesellschaften
Immobilien Bremen
Bremen
Kommunalisierung
Privatisierung
Stadtentwicklung Bremen
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Rekommunalisierung
Mietenwahnsinn
Wohnraum
Bremer Landesbank
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