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# taz.de -- Wohnungsnot in Bremen: Es gärt
> Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Bremen aktiviert Organisationen,
> Bündnisse und Initiativen. Einige entwickeln konkrete Projekte, um
> Abhilfe zu schaffen.
Bild: Bewegung in der Stadt: Teilnehmer*innen der Demo „Die Stadt muss allen …
Bremen taz | Theoretisch sollten höchstens 30 Prozent des Nettoeinkommens
für die Miete draufgehen. Theoretisch und idealerweise. Tatsächlich
arbeiten viele Menschen besonders in Großstädten jeden Monat fast die
Hälfte der Zeit, um ihre Miete aufzubringen. So auch in Bremen.
„Die Not, bezahlbaren Wohnraum zu finden, hat inzwischen längst die Mitte
der Gesellschaft erreicht“, sagte Manfred Meyer, Landespastor für Diakonie
auf der Demo „Die Stadt muss allen gehören – Demo zum Thema Menschenrecht
auf Wohnen“. In Bremen müsse jeder vierte Haushalt 40 Prozent oder mehr des
Nettoeinkommens für die Miete ausgeben.
Am Samstag zogen laut Veranstaltern rund 1.500 Menschen vom Bremer
Hauptbahnhof zum Marktplatz, um einen anderen Umgang mit Wohnraum zu
fordern. Aufgerufen hatte das Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen und
das Diakonische Werk Bremen. „Wir benötigen in Bremen einen ökologischen
und sozialen Wohnungsbau, der dauerhaft Bestand hat“, sagte der Sprecher
des Aktionsbündnisses, Joachim Barloschky, der taz im Vorfeld.
Mit bei der Demo ist Franz Kohlweck, der sich seit Jahren für bezahlbaren
Wohnraum engagiert. Früher habe er Leute begleitet, die auf der Straße
leben, erzählt der Rentner. „Das Problem wird immer dringender“, sagt er
und verweist auf die zunehmende Altersarmut und den Rückgang der
Sozialwohnungen in der Stadt.
2007 gab es in Bremen noch 14.500 Sozialwohnungen. Weil davon immer mehr
aus der Preisbindung fallen, sind es derzeit nur noch 8.300. Nach maximal
20 Jahren dürfen die Mieten, die aktuell bei 6,50 Euro liegen, erhöht
werden. Die Zahl der Sozialwohnungen soll laut Senat in diesem Jahr auf
8.500 erhöht werden.
Eine der Forderungen des Bündnisses ist die Einrichtung sogenannter
Einfach-Wohnungen für Obdach- und Wohnungslose. Diese Wohnungen müssen
weniger Standards erfüllen als normale Wohnungen und gelten als wichtige
Maßnahme, Menschen sicher unterzubringen, die ansonsten von Obdachlosigkeit
bedroht wären.
Die DemonstrantInnen forderten zudem mehr Akzeptanz für Obdachlose im
Stadtraum. Aufgrund der sogenannten Sicherheitspolitik finde dort eine
immer größere Vertreibung statt. In der Innenstadt und besonders am Bahnhof
fänden die Obdachlosen jedoch wichtige Infrastruktur, auch für den Erhalt
sozialer Kontakte. Als sich das Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen vor
sieben Jahren gründete, habe es offiziell rund 200 Obdachlose in der Stadt
gegeben. Mittlerweile seien es rund 500, so ein Sprecher.
Frauen seien von Wohnungslosigkeit besonders betroffen, sagte eine
Vertreterin der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes. „Frauen sind
öfter alleinerziehend und in prekären Arbeitsbedingungen beschäftigt.“
Außerdem gebe es eine versteckte Wohnungslosigkeit bei obdachlosen Frauen.
Für ein Dach über dem Kopf müssten die Frauen oft unfreiwillig als
Sexualpartnerin herhalten. Gerade obdachlose Frauen seien von Gewalt
bedroht.
## Clusterwohnungen im ehemaligen Bettenhaus
Einige Initiativen legen bereits sehr konkrete Ideen für bezahlbaren
Wohnraum vor. Die „StadtteilGenossenschaft Hulsberg eG“ etwa möchte im
„Bettenhaus“ auf dem Gelände des Klinikums Mitte bis zu 100 kleinere
Wohnungen einrichten, bei denen Gemeinschaftsräume wie Gästezimmer und
Küchen geteilt werden. Diese sogenannten Clusterwohnungen sind eine
Mischung aus WG-Zimmer und Kleinwohnung. Die gemeinschaftlich genutzten
Räume und die geringe Wohnungsgröße von 40 bis 50 Quadratmetern ermöglichen
viele Wohneinheiten zu niedrigen Mietpreisen.
Das Bündnis „Schokotopia“ interessiert sich bereits jetzt für die
Fabrikhallen von Hachez in der Neustadt. Das Unternehmen kündigte an, die
Produktion 2020 nach Polen zu verlagern. „Weil es natürlich Bedenken gibt,
dass das Gelände dann an Großinvestoren geht, wollen wir uns möglichst früh
in die Debatte einer Nachnutzung einmischen“, sagte ein Sprecher des
Bündnisses. Es gebe Ideen, die alten Fabrikhallen etwa für
Kulturveranstaltungen zu nutzen.
Neben Menschen, die konkret von Mietspekulation und Wohnungsmangel
betroffen sind, beteiligten sich auch Hauseigentümer an der Demonstration.
„Oft hat man in dieser privilegierten Situation die sozialen Nöte der Stadt
nicht im Blick“, sagt ein Eigentümer aus Schwachhausen. Es ginge darum, die
Politik endlich auf das Problem aufmerksam zu machen.
25 Mar 2019
## AUTOREN
Teresa Wolny
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