# taz.de -- Bremer Konzept für soziale Vielfalt: Mehr Sozialwohnungen in den R… | |
> Bremen will den Bau von Sozialwohnungen besonders in den Stadtteilen | |
> fördern, in denen es bisher kaum welche gibt. Das Ziel ist mehr | |
> Durchmischung. | |
Bild: Hübsche Bremer Häuserreihe – aber auch sozial gut durchmischt? | |
Bremen taz | Günstige Wohnungen sollen in Bremen künftig vor allem dort | |
entstehen, wo Wohnen heute besonders teuer ist: So will die rot-grün-rote | |
Koalition etwas tun gegen die Teilung der Stadt in Arm und Reich. | |
„Segregation entgegenwirken. Soziale Vielfalt in allen Stadtteilen“ ist der | |
Antrag der rot-grün-roten Koalition betitelt, der am Dienstagabend in der | |
Bürgerschaft behandelt wurde. Zur öffentlichen Vorstellung am Vormittag ist | |
dann aber doch nur die Linke erschienen – die hat das Programm angeschoben. | |
Es ist das „Ergebnis [1][mehrerer Jahre politischer Arbeit“,] sagte die | |
Fraktionsvorsitzende Sofia Leonidakis. | |
Aus drei Teilen besteht der Plan, der helfen soll, Bremen besser zu | |
durchmischen: Erstens sollen auch bei kleineren Wohnvorhaben | |
Sozialwohnungen entstehen, zweitens soll es eine neue Pflicht zur Schaffung | |
von Wohnungen im mittleren Preissegment geben, und drittens – das ist | |
bundesweit in dieser Form einmalig – soll die Quote je nach Stadtteil | |
unterschiedlich ausgelegt werden: Wo Wohnen heute teuer ist, soll günstiger | |
Wohnraum entstehen. Wo ohnehin schon viel günstiger Wohnraum nur arme | |
Mieter anzieht, darf mehr teurer Wohnraum entstehen. | |
Schon heute gilt in [2][Bremen eine Sozialwohnungsquote von 30 Prozent] – | |
allerdings nur bei großen Neubauvorhaben. In Zukunft soll sie schon für | |
Bauprojekte mit nur sechs Wohnungen gelten. Als die Quote 2012 eingeführt | |
wurde, lag die Bagatellgrenze noch bei 50 Wohnungen; viele Neubauvorhaben | |
wurden danach mit exakt 49 Wohnungen angemeldet. 2020 setzte die Koalition | |
die Grenze deshalb auf 20 Wohnungen herab. „Aber wir haben gesehen, dass | |
das nicht reicht, um genügend Sozialen Wohnraum zu schaffen“, sagt | |
Leonidakis. | |
## Sozialwohnungen auch in zentralen Lagen | |
Ein Problem: Große Bauprojekte von mehr als 20 Wohnungen entstehen | |
logischerweise vor allem in großen Neubaugebieten – bei der Umnutzung alter | |
Industrieflächen zum Beispiel oder am Stadtrand. Neubauten in bestehenden | |
dicht bebauten Stadtquartieren sind oft viel kleiner. Gerade die | |
vielbeschworene Nachverdichtung und Lückenbebauung, die Wohnraum in | |
zentralen Quartieren schafft, ohne Grünflächen zu versiegeln, kommt daher | |
oft ohne Sozialwohnungen aus. Das soll sich durch die neue Regelung ändern. | |
Der zweite Punkt des Vorhabens zielt auf Wohnungen für Menschen mit | |
mittlerem Einkommen: Schon seit 2022 gibt es in Bremen auch für sie ein | |
Förderprogramm. Während Wohnungen im Sozialen Wohnungsbau für 6,80 Euro pro | |
Quadratmeter vermietet werden müssen, entstehen mit dem neuen | |
Förderprogramm Wohnungen für einen Mietpreis von 9 Euro pro Quadratmeter. | |
140 Förderanträge wurden seit Einführung gestellt, 70 für Bremen, 70 für | |
Bremerhaven. Verpflichtend war das Programm bisher allerdings nicht für | |
Bauherren. Vorbild für ein verpflichtendes Modell ist Hamburg, dort gibt es | |
eine feste [3][Quote für das mittlere Preissegment bereits seit 2022.] | |
Allerdings ist die Quote dort kleiner: Sozialwohnraum und Wohnraum für | |
mittlere Einkommen sollen in Hamburg zusammen 30 Prozent der neugebauten | |
Wohnungen ausmachen. In Bremen sind es zusammen bis zu 60 Prozent. | |
## Andere Quoten für arme Stadtteile | |
„Bis zu“ – diese Einschränkung ist wichtig. Denn nicht überall soll die | |
volle mögliche Quote zuschlagen. Dort, wo schon heute viele Sozialwohnungen | |
bestehen, wo Wohnen ohnehin besonders günstig ist, sollen andere Quoten | |
gelten können. „Bisher haben Sozialwohnungen die gesellschaftliche Spaltung | |
teilweise ungewollt noch verstärkt, weil sie so ungleich verteilt sind“, so | |
Leonidakis. | |
Im armen Gröpelingen etwa würde nach dem Konzept in Zukunft zwar weiterhin | |
eine Mindestquote von 30 Prozent geförderter Wohnungen bestehen – aber dann | |
nur noch für Wohnungen im mittleren Preissegment. Sozialwohnungen müssten | |
nicht mehr verpflichtend gebaut werden. | |
In Schwachhausen dagegen, wo es heute insgesamt nur 45 Sozialwohnungen | |
gibt, müssten bei einem Neubauprojekt beide Quoten erfüllt werden. Konkret: | |
In einem neuen Haus mit sechs Wohnungen würden zwei Sozialwohnungen | |
entstehen und zusätzlich zwei Wohnungen für 9 Euro den Quadratmeter. | |
## Stadtteilspezifische Quote in Deutschland einmalig | |
Schon Ende Dezember hatte Bremen testweise für drei Grundstücke das | |
Baulandmobilisierungsgesetz des Bundes genutzt, um [4][Sozialwohnungen in | |
dicht besiedelten und gut betuchten Quartieren] zu ermöglichen. Doch das | |
Bundesgesetz hatte nur zweieinhalb Jahre Gültigkeit. Wenn die nächste | |
Bundesregierung es nicht neu auflegt, kommt dieser Weg nicht mehr in Frage. | |
Außerdem zielt das Gesetz nur auf sogenannte „unbeplante Gebiete im | |
Innenbereich“ – das neue Bremer Konzept soll andere Grundstücke für den | |
Sozialen Wohnungsbau öffnen. | |
Aktuell ist der Senat dabei, eine „Wohnraumbedarfsprognose“ zu erstellen. | |
Auf dieser Grundlage soll nächstes Jahr entschieden werden, für welches | |
Quartier welche Quote gilt. In Deutschland einmalig sei eine solche | |
stadtteilspezifische Quote, meint die Linke. | |
Die Hoffnung auf eine bessere Durchmischung der Stadt beschreibt Leonidakis | |
als „kollektiven Profit für die ganze Gesellschaft“: Wenn sich die | |
Quartiersbewohnerschaft streng nach Einkommen ordnet, fallen | |
schichtenübergreifende Freundschaften, stärkende Hilfsnetzwerke in der | |
Nachbarschaft und Bildungsvorbilder im engen Umfeld weg. | |
22 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Sozialer-Wohnungsbau-in-Bremen/!5556161 | |
[2] /Kampf-um-bezahlbaren-Wohnraum/!5666366 | |
[3] /Buendnis-fuer-Wohnen-in-Hamburg/!5838225 | |
[4] /Sozialwohnungsbau-per-Bundesgesetz/!6053904 | |
## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
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