| # taz.de -- Sozialer Wohnungsbau in Bremen: Quote mit geringer Wirkung | |
| > Die Quote für Sozialwohnungen soll in Bremen auf 30 Prozent erhöht | |
| > werden. Arme Stadtteile sollen weniger und reiche Stadtteile mehr | |
| > Sozialwohnungen bekommen. | |
| Bild: In Stadtteilen wie Schwachhausen sollen künftig deutlich mehr Sozialwohn… | |
| BREMEN taz | Die Quote für geförderten Wohnraum in Bremen soll von 25 auf | |
| 30 Prozent steigen. Das hat am Mittwoch die Bürgerschaft mit rotgrüner | |
| Mehrheit beschlossen. Das soll allerdings nicht für alle Stadtteile gelten: | |
| In Form eines „Abschlagssystems“ sollen in reicheren Stadtteilen künftig | |
| mehr als 30 und dafür in ärmeren Stadtteilen weniger als 30 Prozent | |
| Sozialwohnungen entstehen. | |
| So wolle man, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Björn Tschöpe bei der | |
| Vorstellung der Pläne in der Bürgerschaft, der sozialen Segregation | |
| entgegenwirken. Denn die bisherige, starre Quotenregelung berücksichtige | |
| nicht, dass ärmere Quartiere für eine „bessere soziale Durchmischung“ den | |
| Zuzug von Menschen mit höherem Einkommen benötigten. | |
| Bloß: Warum sollten mehr Menschen mit höherem Einkommen in Stadtteile wie | |
| Gröpelingen oder Tenever ziehen, wenn die Sozialwohnungsquote dort | |
| niedriger wird? Schließlich gibt es dort ja bereits jetzt neben geförderten | |
| Wohnungen genügend Wohnraum auf dem freien Markt – und dennoch zieht dort | |
| kaum jemand hin, der sich Wohnung oder Haus in einem „besseren“ Stadtteil | |
| leisten kann. | |
| „Diese Logik erschließt sich mir nicht“, sagt Claudia Bernhard, | |
| baupolitische Sprecherin der Linksfraktion. Natürlich sei es gut und | |
| sinnvoll, für eine bessere Durchmischung die Sozialwohnungsquote in den | |
| reicheren Stadtteilen zu erhöhen, „aber umgekehrt funktioniert das nicht.“ | |
| Denn für einen Zuzug gut Verdienender brauche es vor allem eine bessere | |
| Quartiersentwicklung: „Das sieht man doch beispielsweise in der Neustadt | |
| und in Walle: Dort gibt es Zuzug, weil es eine interessante ökonomische | |
| Infrastruktur, Schulen, Ärzte, Kitas und eine gute Verkehrsanbindung gibt.“ | |
| ## Linke fordert Zukauf | |
| Insgesamt, sagt Bernhard, sei eine Erhöhung der Sozialquote um fünf Prozent | |
| „mager“: „Die ganze Sozialquoterei bringt ohnehin gar nicht so viel: Sie | |
| betrifft ja nur städtischen Grund und Neubauten – damit wird die Not nicht | |
| gelindert.“ Benötigt werde eine deutlich höhere Quote und zusätzlich | |
| Bestandssicherung und -ankauf. | |
| Das sehen auch die Grünen so, wenngleich sie den Vorstoß gemeinsam mit dem | |
| Koalitionspartner formuliert haben: „Unterkomplex“, nannte Robert Bücking, | |
| baupolitischer Sprecher der Grünen, den reinen Blick auf die Quote. Von | |
| 1.500 Wohnungen auf städtischem Grund beträfe eine „Umsetzung“ in | |
| bessergestellte Stadtteile maximal 150 Wohnungen: „Das sind | |
| Uhrmacherschrauben – da muss man sich noch mehr vornehmen.“ | |
| Wie die konkrete Ausgestaltung der Pläne aussehen wird, wird ohnehin noch | |
| diskutiert: Der Senat will jetzt, auch in Zusammenarbeit mit dem „Bündnis | |
| für Wohnen“, ein Konzept erstellen und es im Frühjahr in die Baudeputation | |
| einbringen. | |
| Diskutiert werden soll auch, ob die sogenannte „Bagatellgrenze“ künftig | |
| herabgesetzt werden muss. Die bedeutet, dass die Sozialwohnungsquote erst | |
| gilt, wenn im Geschossbau mehr als 49 und bei Einfamilienhäusern mehr als | |
| 19 Wohnungen gebaut werden. Tschöpe sagt: „Wir beobachten, dass tatsächlich | |
| eher 49 als 50 Wohnungen entstehen, damit keine Sozialwohnungen gebaut | |
| werden müssen.“ Die Linke Bernhard bestätigt das: „In der Tat wird die | |
| Quote hier durchaus mit Absicht unterlaufen.“ Deswegen begrüßt sie das | |
| Vorhaben, auch die Bagatellgrenze einer kritischen Überprüfung zu | |
| unterziehen. | |
| ## Bloß gut gemeint | |
| Für Joachim Barloschky vom Bremer „Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen�… | |
| ist das rotgrüne Vorhaben „gut gemeint, aber mehr auch nicht“. Denn das | |
| Hauptproblem werde gar nicht erst diskutiert, nämlich die Bindung an die | |
| Quote: 20 Jahre lang gilt sie, danach darf die betroffene Wohnung zum | |
| normalen, marktüblichen Preis vermietet werden. | |
| „Das ist kein sozialer Wohnungsbau, das ist bloß eine soziale | |
| Zwischennutzung“, sagt Barloschky. Drei- bis viermal so lang müsste die | |
| Bindung für Sozialwohnungen sein, damit angesichts der langen Planungs- und | |
| Bauzeiten für neue Wohnungen überhaupt ein nennenswerter Bestand erreicht | |
| werden könne. | |
| In diesem Jahr wurden in Bremen und Bremerhaven rund 300 neue | |
| Sozialwohnungen fertiggestellt, zugleich aber sind über 400 alte | |
| Sozialwohnungen aus der Preisbindung gefallen. Und während es im Jahr 2007 | |
| noch 14.500 Sozialwohnungen in Bremen gab, waren es Mitte des Jahres nur | |
| noch 8.300. | |
| 13 Dec 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schnase | |
| ## TAGS | |
| SPD Bremen | |
| Die Linke Bremen | |
| Stadtentwicklung Bremen | |
| Senat Bremen | |
| Grüne Bremen | |
| Sozialer Wohnungsbau | |
| Wohnungsbau | |
| R2G Bremen | |
| Wohnungsbaugesellschaften | |
| Sozialwohnungen | |
| Aldi Nord | |
| Wohnungsmangel | |
| Wohnraum | |
| Mieten | |
| Wohnungsleerstand | |
| Immobilien Bremen | |
| Sozialer Wohnungsbau | |
| Mieten | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kampf um bezahlbaren Wohnraum: Das ist Wohnsinn! | |
| Der Bremer Senat will rund 1.000 neue Sozialwohnungen schaffen. Davon | |
| profitieren werden weniger die Armen als der Mittelstand. | |
| taz Salon zu Miet- und Wohnungspreisen: Die Regeln des Marktes | |
| Die Mieten steigen auch in Bremen kontinuierlich. Was können die Stadt und | |
| ihre Wohnungsunternehmen dagegen tun? Danach fragte der taz Salon im | |
| Lagerhaus. | |
| Genossenschaft klagt gegen Bindung: Sozialmiete in Ewigkeit | |
| Bundesgerichtshof verhandelt, ob sich eine Wohnungsgenosenschaft in | |
| Langenhagen an Absprachen zur Mietpreisbindung halten muss. | |
| Nahversorgung in Tenever: Aldi stellt sich quer | |
| 10.000 Menschen wohnen in Osterholz-Tenever. Eine Einkaufsmöglichkeit gibt | |
| es nicht: Aldi hat seine Filiale geschlossen und verhindert eine | |
| Neuansiedlung. | |
| Bremer Vonovia-Wohnungen: Heuschrecke sucht Sündenbock | |
| Die Vonovia will weniger modernisieren und macht dafür ihre Mieter*innen | |
| verantwortlich, weil die gegen horrende Erhöhungen protestierten. | |
| Sascha Aulepp über Wohnraumpolitik: „Nicht dem Markt überlassen“ | |
| Bremens SPD-Landesvorsitzende Aulepp plädiert für einen Rückkauf der | |
| privatisierten Baugesellschaft Brebau, höhere Sozialraumquoten und | |
| Erbbaurecht. | |
| Wohnungspolitik in Bremen: Immer weniger günstige Wohnungen | |
| Die Wohnungsbaugesellschaft Gewoba hat ihren Bestand seit zehn Jahren kaum | |
| verändert. Eine Folge davon: Das Angebot im Niedrigpreissegment schmilzt | |
| dahin. | |
| Gewoba-Vorstand über Wohnungsbau: „Ein erheblicher Wandel“ | |
| Der Vorstandsvorsitzende von Bremens kommunaler Wohnungsbaugesellschaft | |
| Gewoba, Peter Stubbe, über Wohnungsnot, soziale Segregation und | |
| Hausbesetzungen. | |
| Wohnraum-Programm des Bremer Senats: Teuer wohnen für alle | |
| Der Senat bleibt mit seinem Wohnraum-Programm deutlich hinter den Zielen | |
| zurück, aber dennoch optimistisch. Die Opposition vermisst sozialen | |
| Wohnraum. | |
| Bilanz der Wohnungspolitik: Teure Sozialwohnungen | |
| Trotz Förderprogrammen gibt es in Bremen immer weniger günstigen Wohnraum. | |
| Dabei wären viel billigere Mieten durchaus möglich, sagen Experten. | |
| Goldene Zeiten für VermieterInnen: Sie lauern schon | |
| In Bremen steigt die Höhe, bis zu der Sozialkassen die Miete zahlen, ab | |
| März teils stark an. Gut ist das vor allem für die VermieterInnen |