| # taz.de -- Kein Wohngipfel, dafür Wohnraum-Demo: Obergrenze für Miete geford… | |
| > Im Hamburger sowie im Bundestagswahlkampf verstehen die Parteien | |
| > Wohnungspolitik primär als Bauprogramm. Ein Bündnis fordert stattdessen | |
| > Mietgrenzen. | |
| Bild: Bündnis fordert bundesweiten Mietendeckel: In Hamburg hat bestimmt noch … | |
| Hamburg taz | Die Hamburger*innen haben sich wohl an die schwierige | |
| Lage auf dem Wohnungsmarkt gewöhnt. So zumindest könnte man die Ergebnisse | |
| einer Umfrage von infratest dimap im Auftrag des NDR verstehen, nach der | |
| „Wohnen“ im Ranking der Themen, die die Hamburger*innen im Wahlkampf | |
| bewegen, an Wichtigkeit einbüßt. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass die | |
| Wohnfrage derzeit, wie vieles andere, von wirtschaftlicher Unsicherheit | |
| durch Inflation und Krieg überlagert wird. | |
| Aktuell sehen nur noch 29 Prozent der Befragten Wohnungspolitik als | |
| drängendste Baustelle der Hamburger Lokalpolitik – vor fünf Jahren waren es | |
| noch 34 Prozent. Dabei hat sich die Lage für die Mieter*innen seit der | |
| letzten Bürgerschaftswahl 2020 nicht spürbar verbessert, sondern eher | |
| weiter zugespitzt. | |
| Ein Bündnis von Mietervereinen, Stadtteilinitiativen und linken Gruppen | |
| will das Thema Wohnen aber wieder auf die Agenda heben und erhöht nun den | |
| Druck auf die wahlkämpfenden Parteien. „Wir sehen jeden Tag, wie die | |
| Wohnungspolitik in Hamburg scheitert“, sagt Clara Behrens (Name geändert) | |
| von „Hamburg Enteignet“. Dabei werde Hamburg völlig zu Unrecht oft als | |
| Positivbeispiel der Wohnungspolitik angeführt. | |
| ## Kein Wohngipfel, dafür Mieterprotest | |
| Am 5. und 6. Dezember, also Donnerstag und Freitag, war in Hamburg | |
| eigentlich ein Wohnungsgipfel der Bundesregierung geplant. Mit dem Aus der | |
| Ampelkoalition platzte auch der Gipfel, er soll nun in Schmalspurvariante | |
| im Bundesbauministerium stattfinden. Doch der zivilgesellschaftliche | |
| Protest gegen den Gipfel soll trotzdem in Hamburg stattfinden. Das Bündnis | |
| „Offensiv für Wohnraum“ will am Donnerstag eine [1][Großdemonstration mit | |
| anschließendem Podiumsgespräch] in Hamburg veranstalten. | |
| „Unter der Ampelkoalition ist mietenpolitisch überhaupt nichts passiert“, | |
| kritisiert Behrens. Doch auch in Hamburg seien die Mieten gestiegen. Sowohl | |
| in der nun zu Ende gehenden Hamburger Legislatur als auch in den | |
| Wahlprogrammen der Parteien werde hauptsächlich auf Neubau gesetzt, während | |
| die Bestandsmieten vernachlässigt würden. | |
| Anstatt am Credo des ewigen Bauens festzuhalten, solle sich der zukünftige | |
| Senat lieber um eine Obergrenze für Neu- und Bestandsmieten kümmern, so | |
| Behrens. [2][Die Mietpreisbremse erfülle diesen Zweck nicht], da sie nicht | |
| für den Neubau gilt und zudem voraussetzt, dass Mieter*innen aktiv | |
| gegen ihre*n Vermieter*in vorgehen – was sie meistens aus Angst nicht | |
| tun. | |
| ## Mieter vor Zwangsräumungen schützen | |
| Stattdessen müssten Mieter*innen durch verbesserten Kündigungsschutz vor | |
| zweifelhaften Eigenbedarfsforderungen und gegen Zwangsräumungen geschützt | |
| werden, fordert das Bündnis „Offensiv für Wohnraum“. Rund 50 Gruppen haben | |
| sich dem Aufruf angeschlossen, darunter der AStA, die Hamburger | |
| Linksfraktion sowie die Linke im Bundestag, außerdem „Hamburg Enteignet“, | |
| mehrere Mietervereine und die Interventionistische Linke. | |
| Eine zentrale Forderung des Bündnisses, die sich an die Bundespolitik | |
| richtet, ist die Einführung eines bundesweiten Mietendeckels. Ein | |
| entsprechendes Gesetz, nach dem Mieter*innen ihre Miete sogar absenken | |
| konnten, wenn sie über dem zulässigen Betrag lag, galt in Berlin in den | |
| Jahren 2020 und 2021. Das Bundesverfassungsgericht entschied im April 2021 | |
| dann aber, dass eine entsprechende Regelung nur auf Bundesebene getroffen | |
| werden könne. Ein solches Gesetz will das Bündnis nun mit einer | |
| bundesweiten Kampagne vorantreiben. | |
| In Hamburg hat sich in der aktuellen Legislaturperiode unter Rot-Grün in | |
| Sachen Mieterschutz sehr wohl etwas getan – nur wirkt sich das derzeit noch | |
| nicht aus. Vor genau zwei Jahren einigte sich der rot-grüne Senat mit der | |
| Volksinitiative „Keine Profite mit Boden und Miete“ darauf, städtische | |
| Grundstücke [3][nicht mehr zu verkaufen], sondern nur noch in Erbpacht zu | |
| vergeben. Das Verkaufsverbot und das Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu | |
| angemessenen Bedingungen bereitzustellen, wurde sogar in die | |
| Landesverfassung aufgenommen. | |
| Erst im September dieses Jahres wurde der zweite Teil der Einigung | |
| umgesetzt, nach dem sich Hamburg verpflichtet, ab sofort jedes Jahr | |
| mindestens 1.000 Sozialwohnungen mit hundertjähriger Bindung zu bauen. | |
| Bisher ist die Sozialbindung immer nach 20 bis 30 Jahren ausgelaufen, was | |
| zur Folge hat, dass jedes Jahr mehr Sozialwohnungen verloren gehen als neue | |
| dazukommen. Die Zielvorgabe von 1.000 Sozialwohnungen mit hundertjähriger | |
| Bindung bezieht sich auf den Fünf-Jahres-Durchschnitt – eine Bilanz ist | |
| daher frühestens in zweieinhalb Jahren erkenntnisreich. | |
| ## Akuter Mangel an bezahlbaren Wohnungen | |
| „Die ‚ewig‘ gebundenen Sozialwohnungen sowie der gesicherte städtische | |
| Grundbesitz sind für folgende Generationen eine enorme Verbesserung“, sagt | |
| der Anwalt Marc Meyer von Mieter helfen Mietern, der die Volksinitiative | |
| „Keine Profite mit Boden und Miete“ mitinitiiert hat. Die Probleme des | |
| aktuellen Mietmarktes mit dem akuten Mangel an bezahlbaren Wohnungen werden | |
| dadurch aber leider nicht gelöst, sagt Meyer. | |
| Um bezahlbaren Mietraum zu schaffen, wäre ein Mietendeckel durchaus | |
| sinnvoll – wie jede Maßnahme, die den Anstieg von Neu- und Bestandsmieten | |
| begrenze. „Die letzten 30 Jahre haben gezeigt, dass der freie Wohnungsmarkt | |
| vor allem überhöhte Mieten generiert und die soziale Spaltung vertieft“, | |
| sagt Meyer. Aufgabe der Politik sei es, Wohnungspolitik als Daseinsvorsorge | |
| zu verstehen und nicht den Profitinteressen der Eigentümer*innen zu | |
| überlassen. | |
| 1 Dec 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://linktr.ee/wohngipfel24 | |
| [2] /Folgen-des-Ampel-Aus-fuer-die-Miete/!6047777 | |
| [3] /Kampf-gegen-hohe-Mieten/!5888918 | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Schipkowski | |
| ## TAGS | |
| Wohnungspolitik | |
| Hamburg | |
| Mieten | |
| Social-Auswahl | |
| Sozialer Wohnungsbau | |
| Mietendeckel | |
| Wohnen | |
| Energetische Sanierung | |
| Tourismus | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Bremer Konzept für soziale Vielfalt: Mehr Sozialwohnungen in den Reichenvierte… | |
| Bremen will den Bau von Sozialwohnungen besonders in den Stadtteilen | |
| fördern, in denen es bisher kaum welche gibt. Das Ziel ist mehr | |
| Durchmischung. | |
| Soziologe Andrej Holm über Wohnpolitik: „Der Mietendeckel ist notwendig“ | |
| Ein bundesweiter Mietendeckel wäre verfassungsrechtlich machbar, sagt der | |
| Stadtsoziologe Andrej Holm. In Hamburg stellt er seine neue Publikation | |
| vor. | |
| Ökonom über Hamburgs Wohnungspolitik: „Viele Menschen sind unglücklich all… | |
| Hamburg ist fixiert auf Neubau, obwohl das den Wohnungsmangel kaum | |
| bekämpft. Wirtschaftswissenschaftler Daniel Fuhrhop schlägt eine andere | |
| Lösung vor. | |
| Klima- und Mietenbewegung: Wärmewende von links | |
| Bislang bedeuten energetische Sanierungen vor allem Mieterhöhungen. Die | |
| Vermieter sollen zahlen, fordert die Initiative „Soziale Wärmewende Jetzt“. | |
| Übertourismus in Spanien: Urlaub oder Leben? | |
| Spanien lebt vom Tourismus, aber er erschwert das Leben der Einheimischen | |
| in Städten und Küstengebieten. Ihre Interessen sollten im Fokus stehen. |