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# taz.de -- Bremer Hulsberg-Viertel nimmt Gestalt an: Zuschlag für Genossensch…
> Mit der Genossenschaft in Gründung „Karl“ darf jetzt ein Player mitbauen,
> dem ein sozial durchmischtes Quartier am Herzen liegt.
Bild: Noch braucht das Hulsberg-Viertel diese Schilder nicht: Frühestens im Ja…
Bremen taz | Maximal viel Geld wollen die defizitären Bremer Kliniken
(Geno) aus dem Verkauf des Krankenhausgeländes an der St.-Jürgen-Straße
ziehen. Ein sozial durchmischtes Vorzeigequartier mit 1.200 Wohnungen und
viel Grün wollen hingegen viele Politiker, Be- und Anwohner entwickeln. Mit
dem Verkauf des ersten Grundstücks an Baugemeinschaften, denen 20 Prozent
des Areals reserviert sind, werden nun beide Ziele zumindest auf 1.702
Quadratmetern an der Ecke zur Friedrich-Karl-Straße vereint.
Drei Bewerber gab es, die in Gründung befindliche Genossenschaft „Karl“
erhielt den Zuschlag fürs Grundstück und ist bereit, „den sehr hohen Preis
von 2,66 Millionen Euro dafür zu zahlen, um die gemeinsame Vision von
solidarischem Bauen und Wohnen realisieren zu können“, wie eine Sprecherin
formuliert. Man hätte den Grund lieber in Erbpacht übernommen. Aber die
Stadt will nun mal ihr Eigentum hochpreisig verscherbeln.
Mitte September werde der Vertrag unterschrieben, erklärt Florian Kommer
von der Grundstücksentwicklungsgesellschaft (GEG) des Quartiers,
anschließend habe Karl elf Monate Zeit, um Bauplan und Finanzierung
aufzustellen. Mindestens ein weiteres halbes Jahr benötige dann die
zuständige Behörde für eine Baugenehmigung, sodass der erste Spatenstich
nicht vor Februar 2021 erfolgen könne. Karls Konzept habe durch Haltung
überzeugt, erklärt Kommer. Die Genossen kommen aus dem umliegenden Kiez und
aus der Bewegung gegen die befürchtete Gentrifizierung.
Da das Nutzungskonzept für das Klinikgelände inzwischen auch diverse
Lebensformen zur Vitalisierung des gesamten Quartiers einbinden möchte,
wenn auch nur zu Spitzenpreisen, will Karl nun eben aktiv und nachhaltig
mitgestalten. Zwei Jahre wurden Ideen entwickelt, Genossen geworben und
Aufnahmegespräche geführt, um zu erkunden, ob die meist aus dem
akademischen Milieu kommenden Interessierten auch zur Gruppe passen, da
explizit miteinander gelebt werden soll.
„Jetzt sind wir 35 Erwachsene und 19 Kinder, 27 bis 30 Wohnungen werden wir
in einem modernen Plattenbau schaffen, auch eine Kita, eine inklusive WG
und einen Gemüseladen integrieren“, so die Sprecherin. Acht Millionen Euro
würden in das sogenannte Ausbauhaus investiert, das 2014 erstmals in
Berlin-Neukölln realisiert wurde und 2018 den Deutschen Bauherrenpreis
gewonnen hatte.
Durch besondere Deckenkonstruktion kann auf tragende Wände innerhalb der
Wohnungen verzichtet werden, was eine flexible Gestaltung ermöglicht. Durch
vorgefertigte Bauteile, etwa vor Ort nur noch zusammenzupuzzelnde Wände,
verringern sich die Kosten.
Um sie weiter zu reduzieren, bekomme jede Wohnung das gleiche schlichte
Bad, erklärt die Sprecherin. Auch könnte auf private Arbeitszimmer und
Waschmaschinen verzichtet werden, da dafür Räume zur gemeinsamen Nutzung
zur Verfügung stünden. Das gesamte Erdgeschoss soll Lebensraum für alle
Quartiersbewohner dienen.
„Schon stehen die nächsten Grundstücke vor der Ausschreibung“, frohlockt
Kommer. Das neunstöckige Bettenhaus an der St.-Jürgen-Straße werde
eventuell ohne Ausschreibung an eine langjährige Bewerberin, die
130-köpfige Hulsberg-Genossenschaft, verkauft. Im Parterre soll
Kleingewerbe einziehen und mit bis zu 70 Wohneinheiten ebenfalls dem Trend
getrotzt werden, dass Bundesbürger laut Statistik immer häufiger allein
leben.
Anfang 2021 soll das nächste Baugemeinschaftsgrundstück auf den Markt
kommen, eine 3.200 Quadratmeter große baumbestandene Wiese, angrenzend an
die Straße Sorgenfrei. An Hochbeeten gärtnern dort derzeit Aktivisten der
Hulsberg-Crowd, die von Abbruchbaggern aus ihrem Domizil, dem ehemaligen
Schwesternwohnheim des Klinikums, vertrieben wurden. „30 Wohnungen werden
in einem autofreien Areal entstehen“, sagt Kommer. Alle Bewohner müssten
sich verpflichten, auf ein eigenes Auto zu verzichten.
Ende kommenden Monats startet bereits die Verlosung des bunten, keine zwei
Jahrzehnte alten Neubaus der Kinderklinik an der Friedrich-Karl-Straße. Das
Gebäude bleibe stehen, so Kommer, an eine Nutzung als Ärztehaus, Heim oder
Hotel sei gedacht. Auch der Altbau der Kinderklinik bleibe erhalten, 2020
sollen Sozialwohnungen und eine Kita eingebaut werden. Ebenfalls nächstes
Jahr geht der Pathologie-Palast in den Verkauf. Im Beirat stellte ein
Investor bereits Gastro-Nutzung vor. 2027 soll das Neue Hulsberg-Viertel
vollendet sein.
2 Sep 2019
## AUTOREN
Jens Fischer
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