| # taz.de -- Vorbild Berlin: Vorwärts, Genossenschaften | |
| > Wer bezahlbare Wohnungen schaffen will, müsse in der Verwaltung eine | |
| > Anlaufstelle für Genossenschaften verankern, fordern | |
| > Hulsberg-Aktivist*innen. | |
| Bild: Genossenschaftliches Projekt : „Casa Colorida“ in Osterholz. | |
| Bremen taz | Die Stadtteil-Genossenschaft Hulsberg fordert, auch in Bremen | |
| das Amt eines Genossenschaftsbeauftragten einzurichten, also eine in der | |
| Verwaltung angesiedelte Person, die zwischen Senat und Genossenschaften | |
| vermitteln, Traditionsgenossenschaften zum Neubau bewegen und neue | |
| Initiativen betreuen kann. „Das wäre ein Zeichen, dass Bremen diesen | |
| Wirtschaftszweig ernster nimmt“, sagt Hulsberg-Vorstandsmitglied Peter | |
| Bargfrede. Insbesondere das genossenschaftliche Bauen könne dadurch | |
| profitieren, so Bargfrede. | |
| Vorbild für diese Idee ist Berlin. Seit Februar ist Jochen Hucke dort | |
| Genossenschaftsbeauftragter des Senats. Der erhofft sich dadurch, dauerhaft | |
| bezahlbares und selbstbestimmtes Wohnen zu fördern. „Das Tolle an | |
| Genossenschaften ist, dass der Vorstand darauf achtet, dass die vorhandenen | |
| Mitglieder zufrieden sind – nicht dass es immer mehr werden“, sagt Hucke | |
| bei seinem Besuch in Bremen. Denn Genossenschaften arbeiten nicht gewinn-, | |
| sondern gemeinwohlorientiert. Der Wohnraum bleibt stets in Besitz der | |
| Gemeinschaft, sodass Spekulationen mit Grund und Boden verhindert werden. | |
| Neben der geringen politischen Förderung seien in Bremen vor allem die | |
| vergleichsweise vielen Eigentumshäuser und -wohnungen für einen Ausbau | |
| genossenschaftlichen Bauens problematisch, sagt Hartwig Gerecke, | |
| Aufsichtsratsmitglied der Stadtteil-Genossenschaft. „Wenn im neuen | |
| Koalitionsvertrag stünde, dass Genossenschaften gefördert werden sollen, | |
| wäre das ein Gewinn.“ | |
| Die Stadtteil-Genossenschaft Hulsberg bemüht sich derzeit um das Bettenhaus | |
| auf dem aktuell noch vom Klinikum Mitte genutzten Gelände. Hier sollen bis | |
| zu 100 Wohnungen entstehen. Gemeinschaftlich genutzte Räume und die geringe | |
| Größe ermöglichen viele Wohneinheiten zu niedrigen Mietpreisen. Für das | |
| Bettenhaus gebe es inzwischen einen städtebaulichen Vertrag mit der Stadt, | |
| sagt Bargfrede. | |
| ## Solidaranteile für Vermögenslose | |
| Auch für das andere Projekt der Gemeinschaft, das „Casa Colorida“ am | |
| Ellener Hof, sieht es gut aus. „Mit dem Besitzer des Grundstückes, der | |
| Bremer Heimstiftung, haben wir einen Erbbaurechtsvertrag abgeschlossen“, so | |
| Bargfrede. Dadurch verpflichtet sich die Genossenschaft zur | |
| Projektentwicklung. Wird das Projekt nicht realisiert, fällt das Grundstück | |
| an die Bremer Heimstiftung zurück. Diese entwickelt in Blockdiek gerade auf | |
| neun Hektar das „Stiftungsdorf Ellener Hof“, das größte städtebauliche | |
| Projekt in Bremen-Osterholz. | |
| Das neue Hulsberg-Quartier ist noch fünf Hektar größer. Nur 20 Prozent des | |
| gesamten Geländes, welches durch den Umzug des Klinikums frei wird, seien | |
| allerdings für Baugemeinschaften vorgesehen. „Dazu gehören wir“, stellt | |
| Bargfrede klar, „aber extra Grundstücke für Genossenschaften gibt es | |
| nicht.“ Wie Bremen die vorgeschriebenen 30 Prozent Sozialwohnungen bei den | |
| Preisen der restlichen Grundstücke ermöglichen möchte, weiß er nicht. | |
| Im Bettenhaus sollen „Menschen mit unterschiedlichen Lebensstilen, sozialer | |
| und geographischer Herkunft, körperlicher oder wirtschaftlicher | |
| Leistungsfähigkeit“ selbstverwaltet leben, heißt es auf der Internetseite | |
| der Genossenschaft. Um das zu finanzieren, können auch Solidaranteile | |
| gezeichnet werden, erklärt Gerecke. „Investierende Mitglieder kaufen einen | |
| Anteil und verzichten dauerhaft auf eine Kündigung.“ | |
| Im Vergleich zu Traditionsgenossenschaften wie Espabau seien die Anteile | |
| und Wohnungen in neuen Initiativen teurer, gibt Bargfrede zu, eine | |
| Ausschüttung nach etwaiger Kündigung gerade zu Beginn ungewiss. Dennoch | |
| habe eine Genossenschaft einen weiteren Vorzug gegenüber kommunalem | |
| Wohnungsbau. „Eine Genossenschaft trägt zur Quartiersentwicklung bei, die | |
| bei kommunalem Wohnungsbau oft auf der Strecke bleibt.“ | |
| Linke, Grüne und SPD versprechen in ihren Wahlprogrammen eine Förderung | |
| genossenschaftlichen Wirtschaftens. Die Linke zieht sogar die Option in | |
| Betracht, dass „die Stadt für Vermögenslose die Einlage tätigt“. Die FDP | |
| wirbt indes für mehr „Eigentumsbildung in privater Hand durch Veräußerung | |
| von Wohnungen der Gewoba und Stäwog“. | |
| 17 May 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Alina Götz | |
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