| # taz.de -- So könnte es gehen: Stütze für den Stadtstaat | |
| > Bremen soll rund 90 Millionen Euro mehr aus dem Länderfinanzausgleich | |
| > bekommen, aber keinen Altschuldenfonds. | |
| Bild: Geldversorgug für Bremen gesichert? Zumindest besteht Hoffnung. | |
| Bremen kann zufrieden sein: Mit jährlich 142 Euro pro Kopf, also rund 90 | |
| Millionen „mehr“, scheint das Bundesland hinter dem Stadtstaat Berlin der | |
| zweite große Gewinner eines Kompromisses in den Verhandlungen über den | |
| Länderfinanzausgleich nach dem Jahr 2020. Eine bittere Pille gibt es | |
| allerdings: Die Bremer Idee, dass die alten Schulden in einen | |
| „Altschuldenfonds“ übertragen werden, findet bundesweit wenig Anklang bei | |
| den anderen Ländern, die dann dafür haften müssten. Als Trost soll Bremen | |
| weiter 300 Millionen Euro pro Jahr bekommen – die „Konsolidierungshilfe“ | |
| würde also als Altschulden-Hilfe verlängert. | |
| Dieser Lösungsvorschlag wurde im Juli in der Runde der Finanzminister | |
| vorgetragen. Die Finanzexperten in der Behörde von Bremens grüner | |
| Finanzministerin Karoline Linnert räumten dem Modell da allerdings keine | |
| Chancen ein, weil die neuen Bundesländer gegen diesen Kompromiss sind. Die | |
| Schwergewichte Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen allerdings | |
| sowie die Bundeshauptstadt Berlin scheinen zufrieden mit diesem Modell. | |
| Insofern ist wohl die Richtung für einen endgültigen Kompromiss vorgegeben. | |
| Entworfen hatte ihn Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit | |
| Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Die öffentliche Resonanz auf das | |
| Modell war aber nicht allzu groß, vielleicht fand das Papier deshalb erst | |
| jetzt seinen Weg in die Redaktion der Welt. | |
| Früher wurden Kompromisse in den komplizierten Verhandlungen für einen | |
| Länderfinanzausgleich immer erst in letzter Minute gefunden. Das soll | |
| diesmal anders sein. Der Vorsitzende der Finanzministerkonferenz, der | |
| brandenburgische Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) erklärte, spätestens | |
| bis zum Herbst solle eine Einigung stehen. Denn wenn der neue | |
| Länderfinanzausgleich rechtzeitig vor den Wahlkampfjahren 2016/2017 | |
| beschlossen werden soll, dann müsste in diesem Jahr ein Ergebnis auf den | |
| Tisch, mit dem alle leben können. Das hat bei früheren Verhandlungsrunden | |
| allerdings nie geklappt – es gab immer nur eine Einigung unter hohem | |
| Verhandlungs-Zeitdruck. | |
| Das Strickmuster des Kompromiss-Vorschlages von Scholz und Schäuble ist | |
| schlicht: Alle bekommen etwas mehr. Berlin bekommt viel mehr, 155 Euro pro | |
| Einwohner. Hamburg bekommt immerhin 110 Euro pro Einwohner mehr, da scheint | |
| der Oberbürgermeister, der für die SPD-Seite und die Länder verhandelte, | |
| seine eigene Stadt bedacht zu haben. Nordrhein-Westfalen hatte darauf | |
| insistiert, dass der „Umsatzsteuervorwegausgleich“ wegfällt, der NRW | |
| optisch vom Geber- zum Nehmer-Land macht. Diese Bedingung erfüllt das | |
| Kompromiss-Papier. Vor allem wird der Kompromiss damit erkauft, dass der | |
| Bund rund 8,5 Milliarden Euro mehr an die Landesfinanzminister verteilt. | |
| Davon landet zu wenig in den Flächenländern des armen Ostens, finden die | |
| dortigen Landesregierungen. „Wir können kein Modell mit tragen, das uns die | |
| Luft zum Atmen dauerhaft nimmt“, erklärte der linke Ministerpräsident | |
| Thüringens, Bodo Ramelow, „der Osten steht geschlossen“. | |
| Weil alle anderen aber einigermaßen zufrieden scheinen, bleibt die grobe | |
| Richtung wohl bestehen. Dass der Länderfinanzausgleich nicht per | |
| Mehrheitsentscheidung, sondern als konsensfähiger Kompromiss festgelegt | |
| wird, ist gute föderale Tradition. So wird Schäuble am Ende noch etwas | |
| drauflegen müssen. Sein Amtsvorgänger Hans Eichel hatte im Jahre 2001 mit | |
| einer zusätzlichen Milliarde den Frieden in letzter Minute gesichert. | |
| 10 Aug 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus Wolschner | |
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