# taz.de -- Kuschelkurs in Bremer Bürgerschaft: Herr Sieling erklärt die Zuku… | |
> Die Bürgerschaft debattiert einen möglichen Kompromiss über die Zukunft | |
> der Länderfinanzen. Die Einigkeit ist groß – Bremen würde schließlich | |
> profitieren. | |
Bild: Wer gut verhandelt, kann zurückgelehnt debattieren: Bremer Bürgermeiste… | |
Bremen taz | Wenn sich im Grunde alle einig sind, verkommt die politische | |
Debatte schnell zum bloßen Schauspiel. So ist es auch an diesem Tag, bei | |
Punkt 58 der Tagesordnung, eine – tatatata! – Regierungserklärung des | |
Bürgermeisters Dr. Carsten Sieling (SPD). In den Stuhlreihen des | |
Plenarsaales haben artig alle Abgeordneten Platz genommen, und oben, in den | |
Rängen des Landtages, sitzen gleich mehrere Schulklassen, siebte und | |
neunte, dazu ein Politik-Leistungskurs aus Bremerhaven. | |
So richtig gibt es gar nichts zu verkünden an diesem Tag. Um „die Zukunft | |
unseres Bundeslandes“ soll es gehen, sagt Sieling, gleich im ersten Satz, | |
und dass da für die Zeit nach 2020 nun ein „Grundentscheid“ gefallen sei. | |
Das stimmt natürlich nicht. Schließlich hat der Bund dem neuen | |
Länderfinanzausgleich, den sich die Länder letzte Woche zusammen ausgedacht | |
haben, noch gar nicht zugestimmt. | |
Umso wichtiger ist es für Bremen, diesen lohnenden Kompromiss jetzt als | |
„starkes Signal für das Zusammenstehen der staatlichen Glieder der | |
Bundesrepublik“ zu verkaufen. Und vom Bund zu verlangen, jetzt seinen | |
Beitrag dazu zu leisten. Unbefristet. Auch wenn das ihn, nun ja, gut eine | |
Milliarde Euro mehr kosten würde, als der Bundesfinanzminister Wolfgang | |
Schäuble (CDU) das will. „Das Geld ist noch nicht auf unserem Konto“, | |
stellt der Ministerpräsident fest. Für Bremen geht es dabei um 500 | |
Millionen Euro. Zusätzlich. | |
An wen sich diese Regierungserklärung richtet, bleibt unklar. Die Medien | |
berichteten und unten im Plenarsaal kennen natürlich alle schon den | |
Vorschlag der 16 Länder – was Politiker aller Parteien freilich nicht davon | |
abhält, ihn sich gegenseitig zu erklären. Oder geht es doch um die | |
SchülerInnen auf der Tribüne, als Herr Sieling erklärt, dass der | |
Umsatzsteuervorwegausgleich in seiner jetzigen Form abgeschafft werde? Aber | |
vielleicht ist da auch die Frage interessanter, wer SPD-Fraktionschef Björn | |
Tschöpe gesagt hat, dass dieser clownsblaue Anzug eine echt gute Wahl war. | |
„Die Debatte an den politischen Stammtischen wird deutlich erschwert“, sagt | |
CDU-Finanzpolitiker Jens Eckhoff. „Wichtig ist, dass die Neiddebatte ein | |
Ende hat“, sagt FDP-Fraktionschefin Lencke Steiner. Den Klagen anderer | |
Länder gegen den bestehenden Finanzausgleich werde der Boden entzogen, sagt | |
Carsten Sieling. | |
So etwas wie eine Debatte kommt erst auf, als es um die hypothetische Frage | |
geht, ob das nun eine Einigung zu Lasten Dritter wäre, also auf Kosten des | |
Bundes. Eigentlich schon, sagt Herr Eckhoff von der CDU, und dass das den | |
Leuten schwer zu erklären sei. Das sei doch eine ganz falsche Sicht der | |
Dinge, findet hingegen der Bürgermeister: Diese Gelder, die die Länder ab | |
2020 gerne an sich auszahlen wollen, „gehören nicht dem Bund“, so Sieling … | |
sondern den Bürgerinnen und Bürgern. | |
So ähnlich sieht das auch Klaus-Rainer Rupp von der Linkspartei, der aber | |
lieber von SteuerzahlerInnen spricht und die Zwänge der bis 2019 geltenden | |
Schuldenbremse geißelt. Also jener Politik, die dazu führt, dass wir erst | |
mal weiter „jedes Jahr den Gürtel enger schnallen müssen“, wie die FDP-Fr… | |
Steiner lobend erwähnt. | |
Kurz darauf wird die Debatte in Scharmützel zwischen Eckhoff, Rupp und | |
einem SPDler abgleiten. Aber da sind die meisten SchülerInnen schon weg. | |
9 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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