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# taz.de -- Bremer Bundestagsabgeordnete im Gespräch: „Es gibt sie endlich“
> Sarah Ryglewski, ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete der SPD und jetziges
> Bundestagsmitglied, über die Finanztransaktionssteuer und künftige
> Länderfinanzen.
Bild: Sitzt seit 2015 für Bremen im Bundestag: Sarah Ryglewski (SPD)
taz: Frau Ryglewski, als Nachfolgerin von Carsten Sieling im Bundestag
haben Sie auch seinen Sitz im Finanzausschuss übernommen. Zuvor haben Sie
sich vor allem mit Vebraucherschutzthemen befasst. Wie schwer – oder leicht
– fiel Ihnen die Einarbeitung in die Finanzpolitik?
Sarah Ryglewski: Grundsätzlich bin ich gut eingestiegen. Und gerade bei der
Finanztransaktionssteuer fiel es mir sehr leicht. Wir haben ja als Bremer
SPD vorher schon intensiv im NGO- und gewerkschaftlichen Bereich darüber
diskutiert. Als es um die Zustimmung zum Fiskalpakt ging, haben wir das von
der Einführung der Finanztransaktionssteuer abhängig gemacht und die
Finanztransaktionssteuer im Koalitionsvertrag mit der Union verankert.
Die EU-Finanzminister haben sich letzte Woche geeinigt, die Steuer soll
kommen. Sind Sie zufrieden?
Ja. Das Wichtigste ist: Es gibt sie endlich. Wir haben lange dafür
gekämpft. Rot-Rot-Grün ist ja momentan in aller Munde, und hier muss man
sagen: Beim Ziel einer Finanztransaktionssteuer haben wir gemeinsam
wirklich Druck auf den zögerlichen Bundesfinanzminister gemacht und waren
dabei erfolgreich. Außerdem: Wir reden immer darüber, dass die EU nicht
mehr handlungsfähig sei, aber hier sieht man mal, dass es klappt!
Bislang machen aber nur zehn EU-Länder mit, wie wollen Sie die anderen
kriegen?
Wichtig ist erst einmal, dass die Willigen nicht bestraft werden. Das
heißt, der Prozess bleibt offen, es können sich jederzeit weitere Länder
dem Vorhaben anschließen. Der beste Weg, den anderen zu zeigen, dass es
klappt, ist, es zu machen.
Was versprechen Sie sich von der Finanztransaktionssteuer?
Die Steuer sieht einmal das sogenannte „Residenzprinzip“ vor. Das bedeutet,
der Handel wird dort besteuert, wo die Bank ihre Zentrale hat. Kombiniert
wird das mit dem „Ausgabeprinzip“: Das wiederum heißt, dass etwa der Handel
mit deutschen Papieren auch in Deutschland besteuert wird. Man rechnet
dadurch mit Mehreinnahmen durch die Steuer zwischen 18 und 45 Milliarden
Euro, das ist eine Menge Geld.
Für jeden Handel mit Aktien und Derivaten wird künftig die Steuer fällig.
Wie stark werden damit die Kleinanleger belastet?
Für die Kleinanleger ist das kein Problem. Sehen Sie: Der Handel mit Aktien
wird mit 0,1 Prozent besteuert, der mit Derivaten mit 0,01 Prozent. Ein
Kleinanleger, der seine 20 Telekomaktien hat, wird das kaum wahrnehmen.
Anders sieht es eben beim sogenannten Hochfrequenzhandel aus, bei dem in
kürzester Zeit Papiere gekauft und wieder verkauft werden: Der wird durch
die Steuer nämlich unattraktiv. Mit der Steuer werden also die Verursacher
der Krise an den Kosten beteiligt, und das ist gut.
Eine weitere und besonders für Bremen wichtige Einigung gab es ebenfalls in
der letzten Woche: Die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs.
Ja, die Verhandlungen haben sich sehr hingezogen, aber jetzt besteht
endlich Planungssicherheit: Wir wissen, wie es ab 2020 weitergeht.
Bremen erhält ab 2020 jährlich 487 Millionen Euro.
Wir bekommen pro Kopf am meisten Geld, Konsens ist, dass Bremen
strukturelle Probleme hat. Es wurde auch nie infrage gestellt, dass Bremen
besondere Unterstützung braucht. Auch wenn noch ein Großteil des
Finanzausgleichs unter den Ländern verteilt wird, gibt es faktisch eine
Aufweichung von „Geber- und Nehmerländern“. Das sind ja übrigens auch kei…
„Almosen“, die Bremen bekommt, es dient dem Ziel gleichwertiger
Lebensverhältnisse, das sowohl Bund als auch Länder verfolgen.
Was haben Sie sich für die Zukunft vorgenommen?
Ich finde es insbesondere wichtig, dass die Belange großer Städte auch auf
Bundesebene noch stärker vertreten werden. Themen wie
Langzeitarbeitslosigkeit und Wohnungsbau sind in Großstädten drängender als
in kleineren Kommunen, und da brauchen wir noch mehr politische
Zusammenarbeit.
Wie wollen Sie das angehen?
Es gibt in der SPD-Bundestagsfraktion bereits die „Arbeitsgemeinschaft
Kommunalpolitik“, die für dieses Thema eine wichtige Rolle spielt. Die
besonderen Bedarfe von Großstädten würde ich im Rahmen eines Arbeitskreises
diskutieren wollen, der an die Arbeitsgemeinschaft angedockt ist.
Inwiefern helfen Ihnen bei Ihrer Arbeit die Erfahrungen aus der Bremer
Bürgerschaft?
Als Bremer Bürgerschaftsabgeordnete sitzt man ja sowohl im Landtag als auch
im Stadtparlament. Insofern kann ich jetzt, seit ich im Bundestag bin,
sagen: Ich bin auf allen drei Ebenen des deutschen Parlamentarismus zu
Hause. Es hilft bei der politischen Arbeit schon sehr, wenn man aus der
Praxis weiß, wie die drei Ebenen miteinander verflochten sind und wie die
Umsetzung vor Ort erfolgt.
23 Oct 2016
## AUTOREN
Karolina Meyer-Schilf
## TAGS
Bremen
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SPD
Finanztransaktionssteuer
Finanzen
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Feminismus
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