| # taz.de -- Bund-Länder-Finanzreform: 16 gegen einen | |
| > Die Bundesländer haben sich auf eine Radikalreform geeinigt – und | |
| > verlangen fast zehn Milliarden vom Bund. Die Frage ist nun, ob der | |
| > Finanzminister mitzieht. | |
| Bild: Wird mal wieder angepumpt: Finanzminister Wolfgang Schäuble. | |
| Berlin dpa | Die Länder haben sich in den Verhandlungen mit dem Bund über | |
| die Neuordnung der Finanzbeziehungen nach langem Streit auf eine gemeinsame | |
| Linie verständigt – und der Bund soll kräftig zahlen. Die 16 | |
| Ministerpräsidenten einigten sich am Donnerstag in Berlin auf einen | |
| Kompromiss. | |
| Danach fordern sie von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ab dem | |
| Jahr 2020 jährlich knapp 9,7 Milliarden Euro Kompensationszahlungen. Die | |
| Umverteilung zwischen „reichen“ und „armen“ Ländern soll völlig umges… | |
| werden. Der bisherige und seit Jahren umstrittene Länderfinanzausgleich | |
| soll abgeschafft und durch ein Umsatzsteuermodell ersetzt werden. | |
| Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reagierte nach einem Treffen mit den | |
| Ministerpräsidenten in Berlin zurückhaltend. „Das hat der Bund zur Kenntnis | |
| genommen.“ Es habe noch keine Möglichkeit gegeben, sich mit den | |
| Vorstellungen der Länder zu befassen. In absehbarer Zeit werde es Gespräche | |
| zwischen Finanzminister Schäuble und den Ländern geben. | |
| Ob Schäuble das Konzept mitträgt, ist offen. Mit dem Länder-Kompromiss ist | |
| aber eine große Hürde genommen, da es bis zuletzt Differenzen zwischen | |
| finanzstarken und finanzschwachen Ländern gab und die ostdeutschen Länder | |
| lange Widerstand leisteten. | |
| Die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern müssen neu geordnet werden, da | |
| im Jahr 2019 der umstrittene Länderfinanzausgleich sowie der „Solidarpakt | |
| II“ auslaufen. Die Verhandlungen ziehen sich seit mehr als einem Jahr hin. | |
| Eigentlich wollten sich Bund und Länder schon Ende 2014 verständigen. Doch | |
| die Differenzen waren zu groß. | |
| ## „Gar nicht hoch genug einzuschätzen“ | |
| Die Regierungschefs der Länder hoffen nun auf eine Einigung auch mit dem | |
| Bund. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte zu der Einigung | |
| der Länder: „Das ist schon fast historisch, was wir heute hinbekommen | |
| haben.“ Dass sich angesichts der sehr unterschiedlichen Interessenlagen | |
| alle Länder auf einen Vorschlag geeinigt hätten, sei „gar nicht hoch genug | |
| einzuschätzen“. | |
| Nun müssten die Verhandlungen mit dem Bund zu Ende gebracht werden, sagte | |
| Bouffier. Die Summe sei beachtlich, aber angemessen. Darin seien auch die | |
| sogenannten Entflechtungsmittel einbezogen. Diese Zuschüsse für den | |
| kommunalen Wohnungsbau, Nahverkehr sowie Hochschulen sollten 2019 | |
| auslaufen. Man sei sich aber einig, dass die Milliarden-Mittel auch danach | |
| weiter vom Bund kommen. | |
| Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sprach von einem großen, | |
| historischen Schritt. Bayern werde mit rund 1,3 Milliarden Euro davon | |
| profitieren. Die Neuordnung helfe allen Beteiligten: „Jetzt stehen die | |
| Gespräche der Länder mit dem Bund an. Da ist der Bund gefragt, | |
| einzuspringen und die Lücke zu füllen.“ | |
| ## Reiche Länder um 2,5 Milliarden Euro entlastet | |
| Nach Angaben des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Torsten Albig | |
| (SPD) haben alle Länder ab 2019 unter dem Strich mehr Geld zur Verfügung | |
| als bisher. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) erwartet | |
| eine Einigung mit Schäuble: „Ich glaube, mit 16 zu 0 haben wir ein gutes | |
| Argument in der Tasche.“ Sachsens-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff | |
| (CDU) warnte, Teile und Komponenten aus dem Kompromiss herauszulösen. Dann | |
| stehe man wieder am Anfang der Debatte. Es sollte sorgsam verhandelt | |
| werden. | |
| Die „reichen“ Geberländer werden nach den Angaben Bouffiers durch den | |
| Kompromiss um etwa 2,5 Milliarden Euro entlastet. Die ostdeutschen Länder | |
| einschließlich Berlin erhielten etwa 3 Milliarden Euro. | |
| Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) betonte, „die | |
| Angriffsversuche einiger Länder auf die Einwohnerwertung für die | |
| Stadtstaaten“ seien abgewehrt worden. Gleichzeitig werde Berlin stärker in | |
| die kommunale Finanzkraft einbezogen. Die „Einwohnerveredelung“ gleicht | |
| Mehrbelastungen aus, die einem Stadtstaat gegenüber Flächenländern | |
| entstehen – auch zur Kompensation der Lohnsteuerverteilung nach dem | |
| Wohnsitzprinzip. Ein Bürger in einem Stadtstaat zählt durch die | |
| „Veredelung“ etwa ein Drittel mehr als einer in den Flächenländern. | |
| 4 Dec 2015 | |
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