# taz.de -- Politik reagiert auf Gewalt zu Silvester: Welche Konsequenzen nun f… | |
> Nach den sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht werden die Rufe nach | |
> schnellerer Abschiebung lauter. Bundestag und Parteien debattieren. | |
Bild: Mehrere Dutzend Frauen demonstrieren auf der Reeperbahn gegen sexuelle Ge… | |
BERLIN taz | Die Vorfälle in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof | |
werden jetzt auch Thema im Bundestag. Dort soll – entweder in einer | |
Aktuellen Stunde oder in einer anderen Plenardebatte – in dieser Woche über | |
mögliche Konsequenzen diskutiert werden. Offen ist derzeit noch, ob | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Regierungserklärung abgeben wird. | |
Bereits an diesem Montag will die Union mit der SPD über Verschärfungen des | |
Ausländerrechts sprechen. „Die Ereignisse von Köln und an anderen Orten in | |
der Silvesternacht zwingen zu einem schnellen Handeln“, sagte | |
Unionsfraktionsvize Thomas Strobl (CDU) am Sonntag. Auch SPD-Fraktionschef | |
Thomas Oppermann plädierte für eine schnelle Verständigung. Er sei dafür, | |
unvoreingenommen zu prüfen, ob die Rechtslage geändert werden müsse. | |
Der CDU-Bundesvorstand beschloss am Samstag in Mainz einstimmig ein Papier, | |
wonach Flüchtlinge künftig die Asylberechtigung oder den Flüchtlingsstatus | |
verlieren sollen, „wenn sie rechtskräftig wegen einer Straftat zu einer | |
Freiheitsstrafe auch unter Bewährung verurteilt wurden“. Weiter heißt es in | |
dem Papier: „Insgesamt wollen wir die Hürden für die Ausweisung und | |
Abschiebung straffälliger Ausländer absenken.“ | |
Der Innenausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags kommt an diesem | |
Montag zu einer Sondersitzung zusammen. Landesinnenminister Ralf Jäger | |
(SPD) hat einen ausführlichen Bericht zu den Kölner Vorkommnissen | |
angekündigt. | |
## Polizeiführung in Kritik | |
Nach aktuellem Ermittlungsstand liegen zu den Geschehnissen in Köln | |
mittlerweile 516 Strafanzeigen vor. In etwa 40 Prozent der Fälle würde | |
„unter anderem wegen Sexualstraftaten“ ermittelt, teilte die Kölner Polizei | |
am Wochenende mit. Bei der Tätersuche hat sich die eingerichtete | |
Ermittlungsgruppe „Neujahr“ auf Personen fokussiert, die „größtenteils … | |
nordafrikanischen Ländern“ stammten. Dabei handele es sich überwiegend „um | |
Asylsuchende und Personen, die sich illegal in Deutschland aufhalten“. | |
Ob sie aber tatsächlich zu den Tätern gehören, ist nach wie vor unklar: | |
„Die Ermittlungen, ob und inwiefern diese Personen mit konkreten Straftaten | |
in der Silvesternacht in Verbindung zu bringen sind, dauern an.“ | |
Auch in Hamburg geraten nun zunehmend die Polizeiführung und der | |
Innensenator in die Kritik. In der Hansestadt hatte es in der | |
Silvesternacht ebenfalls zahlreiche Übergriffe auf Frauen gegeben. Trotzdem | |
verkündete die Hamburger Polizei in ihrer Bilanz am Neujahrstag: | |
„Silvesternacht in Hamburg – Tausende feiern friedlich den Jahreswechsel.“ | |
Obwohl schon das Einsatzprotokoll der Davidwache aus der Silvesternacht | |
ausdrücklich „diverse Anzeigen wegen sexueller Belästigung“ erwähnte, | |
räumte die Polizei erst am 5. Januar ein, dass eine größere Zahl von Frauen | |
an der Großen Freiheit auf St. Pauli und am Jungfernstieg an der | |
Binnenalster Opfer von Straftaten geworden sind, die denen in Köln sehr | |
ähneln. Die mittlerweile eingerichtete Ermittlungsgruppe des Hamburger | |
Landeskriminalamtes bearbeitet derzeit 133 entsprechende Strafanzeigen. | |
## Mehr Polizei auf der Reeperbahn | |
Nach Polizeiangaben wurden „die Opfer im Gedränge zum Teil gleichzeitig von | |
mehreren Männern in unterschiedlicher Gruppengröße mit südländischen oder | |
arabischem Aussehen angegangen“. Zunächst seien die Frauen sexuell | |
belästigt worden, anschließend „stellten sie fest, dass ihnen Geldbörsen, | |
Papiere, Bargeld und/oder Smartphones gestohlen worden waren“, so die | |
Hamburger Polizei. | |
Die Hamburger CDU warf Innensenator Michael Neumann (SPD) vor, die | |
Sicherheitslage nicht im Griff zu haben. „Angesichts der Erkenntnisse über | |
sexuelle Übergriffe und massive Rockerkriminalität war die Zahl der an | |
Silvester auf der Reeperbahn eingesetzten Kräfte viel zu gering“, sagte der | |
innenpolitische Sprecher der CDU in der Bürgerschaft, Dennis Gladiator. Es | |
sei auch Neumanns Verantwortung, „dass die Polizei trotz vielfacher | |
Hinweise nicht ausreichend Personalkräfte vor Ort hatte, um die Sicherheit | |
der feiernden Gäste auf dem Kiez zu gewährleisten“. Am 14. Januar will sich | |
der Innenausschuss der Bürgerschaft mit den Vorkommnissen beschäftigen. | |
Als eine Reaktion auf die Vorfälle verstärkte die Polizei am Wochenende | |
ihre Präsenz auf der Reeperbahn. Innensenator Michael Neumann (SPD) und | |
Polizeipräsident Ralf Martin Meyer machten sich in der Nacht zum Sonntag | |
selbst ein Bild vor Ort. Laut einem Polizeisprecher habe es eine „normale | |
Kiezlage“ gegeben. | |
Unter dem Motto „Wir sind kein Freiwild! Hände weg!“ demonstrierten am | |
Sonntag mehrere Dutzend Frauen auf der Reeperbahn gegen sexuelle Gewalt. | |
10 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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