| # taz.de -- Debatte über sexualisierte Gewalt (2): Nur ein Nebenwiderspruch? | |
| > Es häufen sich Berichte über Flüchtlinge, die sexualisierte Gewalt | |
| > ausüben. Ist die Erwähnung ihrer Herkunft notwendig oder fahrlässige | |
| > Diskriminierung? | |
| Bild: Protestierende Frauen auf der Reeperbahn. | |
| Präzises Wissen ist notwendig | |
| HAMBURG taz | [1][Nach den Übergriffen von Silvester wird in der linken | |
| Szene viel darüber gesprochen, was man jetzt nicht tun darf:] etwa eine | |
| „unpolitische“ Demo von Frauen gegen sexualisierte Gewalt auf der | |
| Reeperbahn unter dem Motto „Finger weg! Wir sind kein Freiwild“ | |
| durchzuführen. | |
| Frauen, die dazu aufgerufen hatten, mussten sich erst mal im Internet einer | |
| politischen Befragung stellen und den Rassismus-Verdacht entkräften. Am | |
| Ende ihrer kleinen Demo wurden sie von einem Antifaschisten beschimpft, | |
| weil sie statt einer erklärenden Rede nur ihre Schilder hochhielten. | |
| Zwei Tage später folgte die Meldung der Polizei, dass ein 23-jähriger | |
| Flüchtling aus Somalia eine Zehnjährige auf dem Schulhof auf den Mund | |
| küsste. Er wollte sie wiedersehen und wurde am nächsten Tag verhaftet. Ist | |
| das schon Hetze? Ist es nicht relevant, dass es sich um einen Flüchtling | |
| handelt? Die Frage ist berechtigt. In der Berichterstattung über Straftaten | |
| darf laut Pressekodex die Zugehörigkeit der Täter zu ethnischen | |
| Minderheiten „nur erwähnt werden, wenn für das Verständnis des Vorgangs ein | |
| begründbarer Sachbezug besteht“. | |
| Vorsichtig überlegt könnte man sagen: Es ist ein Unterschied zu wissen, ob | |
| ein 23-Jähriger, der in Hamburg aufgewachsen ist, am Schultor steht und als | |
| Fremder eine Beziehung zu einem Kind einfordert oder ob dies ein junger | |
| Mensch tut, der erst seit Kurzem in diesem Land in einer Massenunterkunft | |
| lebt. Für die Einordnung ist die Information „Flüchtling aus | |
| Erstunterkunft“ relevant. Keineswegs ist es so, dass ein solcher Vorgang, | |
| wird er von einem Deutschen begangen, auf keine mediale Empörung stößt. Das | |
| zeigt ein Blick in Zeitungsarchive. | |
| Wenn wir beschreiben wollen, was in der Stadt passiert, müssen wir es | |
| präzise tun. Es geht dabei nicht darum, zu wissen, welche Ethnie die | |
| Personen haben, sondern welche Lebenserfahrung. Es geht auch um Opferschutz | |
| und Erkenntnisse, die der Prävention dienen können. Gibt es vielleicht mehr | |
| Flüchtlinge in verzweifelter Lage, die irriger Weise glauben, über den | |
| Kontakt zu jungen Mädchen ihre Bleibeperspektive zu verbessern? | |
| Weite Teile der linken Szene reden nicht über die Perspektive der Opfer. | |
| Die Vorfälle sind ärgerlich, weil sie den Rechtspopulisten nutzen. Die | |
| sexualisierten Übergriffe der Silvesternacht werden mit dem Oktoberfest | |
| verglichen und als nichts Besonderes abgetan. | |
| Die Diskussion erinnert etwas an die der 70er-Jahre, als die Frauenfrage | |
| als „Nebenwiderspruch“ im Kapitalismus abgetan wurde. Seither wurde viel | |
| erreicht: Mädchen und Frauen dürfen heute frei und auch leicht bekleidet | |
| auf der Straße herumlaufen. Das Geschehene ist kein Nebenwiderspruch, | |
| sondern Grund genug für eine Demo. | |
| Die Autorin ist 51 und schon mit 15 für Frauenrechte auf die Straße | |
| gegangen | |
| 15 Jan 2016 | |
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| [1] /Debatte-ueber-sexualisierte-Gewalt-1/!5268790/ | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
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