# taz.de -- Kommentar Sexuelle Belästigung: Übergriffe nicht bagatellisieren | |
> In Hamburg können Frauen ohne Angst auf die Straße gehen. Das soll so | |
> bleiben und dafür muss es möglich sein, Übergriffe genau zu benennen. | |
Bild: Antatschen verboten: Verhaltenshinweis fürs Schwimmbad. | |
Nach den Übergriffen zu Silvester in Köln und Hamburg ist das Thema | |
sexualisierter Gewalt plötzlich allgegenwärtig. Hier gilt es Ruhe und | |
Nerven zu bewahren. Aber auch die Dinge genau zu betrachten. | |
In Hamburg können Frauen ohne Angst auf die Straße gehen und sich in Bus | |
und Bahn frei bewegen. Das soll so bleiben und dafür muss es möglich sein, | |
Übergriffe genau zu benennen. In weiten Teilen der Linken ist die Sorge | |
groß, dass die Vorfälle von Silvester von Rassisten ausgenutzt werden. In | |
dem Bestreben, dies zu vermeiden, darf aber nicht der Fehler gemacht | |
werden, Übergriffe zu bagatellisieren. Nach dem Motto: Sexualisierte Gewalt | |
gab es doch schon immer fast überall. | |
Sicher, das gab und gibt es, und gilt es genauso zu bekämpfen. Aber wir | |
dürfen nicht in alte Zeiten zurückfallen. Es ist nicht lange her, da war | |
auch im Denken der deutschen Gesellschaft eine Frau selber Schuld, wenn sie | |
leicht bekleidet herum lief. Da galt der Klaps auf den Po, ein Kniff in die | |
Brust oder ein Kuss auf den Mund als Kavaliersdelikt oder harmloser | |
Lausbubenstreich. Heute ist klar: Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung | |
ist auch schon bei solch scheinbar leichten Übergriffen tangiert und es ist | |
ein sehr hohes Gut. Egal, ob es gegen Biodeutsche oder Einwanderer | |
verteidigt wird. | |
Dass jetzt viele Frauen Anzeige stellen, kann man als Folge einer Hysterie | |
abtun. Man kann es aber auch als Chance sehen, dass dieses Thema endlich | |
Gewicht bekommt. Man kann es auch als Chance sehen, um das Zusammenleben in | |
unserer künftig bunter gemischten Stadt friedlich, frauenfreundlich und | |
konstruktiv zu gestalten. | |
Wenn Männer in einer großen Gruppe eine Frau distanzlos betatschen, dann | |
muss die Polizei das aufklären. Und es ist nicht verkehrt, wenn die | |
Öffentlichkeit davon erfährt. Vielleicht gibt es harmlose Erklärungen, aber | |
auch dann hat die junge Frau sich bedroht und sehr unwohl gefühlt. | |
Vielleicht gibt es auch Missverständnisse. Vielleicht fehlt manchem das | |
Wissen. Vielleicht brauchen wir Aufklärung oder schlicht ein Netz von | |
Notrufsäulen. | |
Wichtiger als nun Abschieberegeln zu verschärfen, ist, das Thema offen zu | |
behandeln und den Menschen nicht das Gefühl zu geben, es werde tabuisiert. | |
Nur dann haben Rechtspopulisten weniger Chancen. | |
12 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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