| # taz.de -- Debatte über sexualisierte Gewalt (1): Nur ein Nebenwiderspruch? | |
| > Es häufen sich Berichte über Flüchtlinge, die sexualisierte Gewalt | |
| > ausüben. Ist die Erwähnung ihrer Herkunft notwendig oder fahrlässige | |
| > Diskriminierung? | |
| Bild: Protestierende Frauen auf der Reeperbahn. | |
| ## Arschloch bleibt Arschloch | |
| HAMBURG taz | [1][Sexualisierte Gewalt ist eine ekelhafte Realität, der | |
| Frauen auf St. Pauli, in Köln, Damaskus, Buenos Aires] und anderenorts, | |
| sicherlich in verschiedenem Maße ausgesetzt sind. | |
| So zu tun, als sei es besonders schlimm, wenn jemand, der sexualisierte | |
| Gewalt ausübt, zuvor von einem Land in ein anderes geflüchtet ist, führt | |
| aus mehreren Gründen in die falsche Richtung. | |
| Erstens ist es nicht überraschend, dass auch geflüchtete Männer | |
| sexualisierte Gewalt ausüben. Das tun schließlich nicht alle Männer, aber | |
| potenziell alle Männer, die Frauen als Objekte betrachten. Und die gibt’s | |
| eben in allen Schichten aller Länder, in allen Milieus. Unter einer Million | |
| Flüchtlingen sind sicher auch ein paar Arschlöcher. | |
| Zweitens verschleiert eine Berichterstattung, die skandalisiert, dass ein | |
| Sexualstraftäter gleichzeitig Flüchtling ist, die Tatsache, dass alle | |
| Sexualstraftäter widerliche Dreckssäcke sind. Es spielt keine Rolle, was | |
| sie sonst noch sind: Väter, Freunde, Nachbarn, Couchkartoffeln oder | |
| Geflüchtete. Für die Betroffene macht es meist keinen Unterschied, ob ihr | |
| Peiniger Gärtner, Arzt, Syrer oder Norweger ist. Nur wenn es für das | |
| Verständnis des Vorgangs eine Relevanz hat, dann muss man den Hintergrund | |
| benennen. Aber er kann nicht der eigentliche Skandal sein. | |
| Im Falle eines Flüchtlings muss man sich besonders gut überlegen, ob man | |
| ihn erwähnt, weil die Folgen, die es mit sich bringen kann, wenn man den | |
| Täter auf seine Nationalität oder den Asylstatus reduziert, verheerend sein | |
| können. Wer schreibt: „Somalier küsst Deutsche gegen ihren Willen“ bedient | |
| einen rassistischen Diskurs, weil die AutorIn impliziert, es sei schlimm, | |
| weil der Täter Somalier ist. | |
| Es kann eine Gratwanderung sein, ob die Nationalität eines Täters erwähnt | |
| werden sollte oder nicht. Deshalb gibt es den Pressekodex. Da steht unter | |
| Ziffer 12: „Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung einer | |
| Zugehörigkeit zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten | |
| Vorurteile schüren könnte.“ | |
| Es ist gut, wenn sexualisierte Gewalt öffentlich thematisiert wird. Es ist | |
| gefährlich, wenn das undifferenziert passiert. Wer nicht aufpasst, bildet | |
| argumentativen Grund und Boden für populistische Forderungen und | |
| rassistische Ressentiments. | |
| Es ist gut, wenn Frauen auf die Straße gehen, um gegen Sexismus zu | |
| protestieren. Wenn sich Rechte in ihre Reihen mischen, sollte ihnen das | |
| aber nicht egal sein. Rassismus und Sexismus darf man nicht gegeneinander | |
| abwägen und niemals das eine in Kauf nehmen, um das andere zu | |
| thematisieren. Wer die Machtverhältnisse ändern will, kann nicht mit | |
| RassistInnen gemeinsame Sache machen. Denn das ist gefährlich, falsch und | |
| hat mit Emanzipation nichts zu tun. | |
| Die Autorin ist 30, lebt auf St. Pauli und macht Führungen auf dem Kiez | |
| 15 Jan 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Debatte-ueber-sexualisierte-Gewalt-2/!5268791/ | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Schipkowski | |
| ## TAGS | |
| Hamburg | |
| Reeperbahn | |
| Silvester | |
| Übergriffe | |
| Flüchtlinge | |
| Sexuelle Übergriffe | |
| Sexuelle Freiheit | |
| sexuelle Belästigung | |
| Schwerpunkt Rassismus | |
| Köln | |
| Sexuelle Gewalt | |
| Köln | |
| sexuelle Belästigung | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Berichterstattung über Silvester in Köln: Stereotype bei ARD und ZDF | |
| Eine Studie kritisiert die Berichterstattung nach der Kölner | |
| Silvesternacht. Diese habe Diskriminierung von Menschen mit | |
| Migrationshintergrund begünstigt. | |
| Kommentar Sexuelle Belästigung: Übergriffe nicht bagatellisieren | |
| In Hamburg können Frauen ohne Angst auf die Straße gehen. Das soll so | |
| bleiben und dafür muss es möglich sein, Übergriffe genau zu benennen. | |
| Sexueller Spießrutenlauf: Grapscher im Linienbus | |
| Eine junge Frau soll Sonntagfrüh von bis zu 40 Männern im Bus belästigt | |
| worden sein. Fahrerin hielt nicht. Polizei berichtet von weiteren Fällen am | |
| Wochenende. | |
| Hysterischer Diskurs in Hamburg: Stuss nach Kuss | |
| Ein Mann küsst ein Mädchen gegen dessen Willen: Weil es ein Flüchtling war, | |
| regt sich jetzt die halbe Stadt darüber auf | |
| Politik reagiert auf Gewalt zu Silvester: Welche Konsequenzen nun folgen | |
| Nach den sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht werden die Rufe nach | |
| schnellerer Abschiebung lauter. Bundestag und Parteien debattieren. | |
| Hamburger Ereignisse an Silvester: „Die Frauen beschreiben eine sehr bedrohli… | |
| Es melden sich immer mehr Frauen, denen auf dem Kiez sexuelle Gewalt | |
| angetan wurde. Polizeisprecher Jörg Schröder über Stand der Ermittlungen. | |
| Gewaltserie in der Silvesternacht: Mehr als hundert Strafanzeigen | |
| Nach den Übergriffen auf Frauen am Kölner Hauptbahnhof haben die Behörden | |
| drei Verdächtige ermittelt. Es liegen mehr als hundert Anzeigen vor. | |
| Belästigung auf dem Kiez: Sex-Übergriffe durch Antänzer | |
| Männergruppen haben Silvester in der Großen Freiheit Frauen zur Ablenkung | |
| sexuell belästigt, damit ihre Komplizen sie bestehlen konnten. |