| # taz.de -- Hamburger Ereignisse an Silvester: „Die Frauen beschreiben eine s… | |
| > Es melden sich immer mehr Frauen, denen auf dem Kiez sexuelle Gewalt | |
| > angetan wurde. Polizeisprecher Jörg Schröder über Stand der Ermittlungen. | |
| Bild: Hamburger Reeperbahn: Eine Woche nach den Attacken auf junge Frauen liege… | |
| taz: Herr Schröder, was weiß die Polizei über die Übergriffe in der | |
| Silvesternacht auf dem Hamburger Kiez? | |
| Jörg Schröder: Im Moment liegen uns 108 Anzeigen vor, rund die Hälfte davon | |
| sind Straftaten, bei denen ausschließlich sexuelle Handlungen durchgeführt | |
| wurden. Bei den restlichen Taten gab es sowohl sexuelle Handlungen als auch | |
| andere Straftaten: Raub, Diebstähle und Körperverletzungen. | |
| Was weiß man über die Täter? | |
| Im Bereich der Großen Freiheit sollen fünf bis 20 Tätergruppen unterwegs | |
| gewesen sein. Die Lage ist unübersichtlich, die meisten Anzeigen kommen | |
| aber aus diesem Bereich. Wir haben drei Fälle, die am Jungfernstieg | |
| angezeigt wurden. Die Frauen beschreiben Gruppen von Männern, die | |
| südeuropäisch, südländisch, arabisch oder nordafrikanisch aussehen. | |
| Wie geht die Polizei mit so vagen Beschreibungen um? | |
| Es können ja auch Deutsche sein, die vielleicht südeuropäisch aussehen. | |
| Problematisch ist auch, dass verschiedene Opfer den gleichen Täter | |
| unterschiedlich beschreiben. Mit solchen Angaben sind wir vorsichtig. | |
| Deshalb bestätigt die Polizei auch nicht, dass es sich um Flüchtlinge | |
| handeln könnte. Das wissen wir nicht. In Hamburg liegen derzeit keine | |
| konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich um Flüchtlinge gehandelt | |
| hat. Aber mittlerweile sind zum Glück auch Handyvideos und Fotos bei uns | |
| eingegangen, sodass wir jetzt versuchen, die Taten den Tätern zuzuordnen. | |
| Ist der Trickbetrug durchs Antanzen für die Polizei neu? | |
| Das Antanzen ist unserer Dienststelle bekannt, die mit Taschendiebstahl zu | |
| tun hat. Das ist eine Form, bei der eine Gruppe um einen Menschen | |
| herumtanzt. Es gibt aber auch männliche Opfer. Von der merkwürdigen | |
| Situation, die einem fremd ist, wird man abgelenkt und bestohlen. Es ist | |
| denkbar, dass es solche Täter sind, deshalb haben wir auch jemanden aus der | |
| Dienststelle für Taschendiebstähle mit in der Ermittlungsgruppe. | |
| Kann es ein Zufall sein, dass gleichzeitig so viele ähnliche Fälle gemeldet | |
| werden? | |
| In Hamburg haben wir so etwas in diesem Ausmaß und auf so engem Raum noch | |
| nicht gehabt. Aber wir wissen nicht, ob es eine einmalige Situation war | |
| oder ob wir auch in Zukunft damit rechnen müssen. Wir haben eine | |
| Islamwissenschaftlerin in diesen Fall eingebunden. | |
| Warum das, wenn Sie nicht wissen, wer die Täter sind? | |
| Wir wollen wissen, ob es so ein Phänomen in den Regionen gibt, wo die | |
| Täterbeschreibungen hingehen, und weil wir wissen wollen, ob uns dieses | |
| Phänomen weiter begleiten wird. | |
| Was genau ist passiert? | |
| Die Männer haben sich in einer Gruppe um die Frauen herum gestellt, sie | |
| massiv sexuell angefasst. Die Frauen beschreiben eine sehr bedrohliche | |
| Situation. In einigen Fällen sind ihnen dabei Sachen gestohlen oder geraubt | |
| worden. | |
| Seit wann wusste die Polizei von den Übergriffen? | |
| In der Nacht selbst hatten wir erst einzelne Anzeigen, die gingen nicht nur | |
| an der Davidwache auf der Reeperbahn, sondern auch bei anderen Revieren | |
| ein. Teilweise wurde zunächst Taschendiebstahl oder Raub angezeigt und es | |
| stellte sich erst später die sexuelle Komponente heraus. Wir haben aber | |
| auch viele Opfer, die gar nicht aus Hamburg kommen. Erst als wir selbst | |
| über die Medien die Opfer aufgefordert haben, Vorfälle anzuzeigen, gingen | |
| zusätzlich viele Anzeigen ein. | |
| Ist es normal, dass Opfer mit ihren Anzeigen nachziehen, wenn andere es | |
| vormachen? | |
| Die Opfer von Sexualstraftaten gehen sehr unterschiedlich damit um. Manche | |
| Frauen zeigen das gleich an, andere erst nach Jahren, manche gar nicht. Das | |
| liegt daran, dass es sich um sehr tiefgreifende Erfahrungen für die Opfer | |
| handelt. | |
| Ist sexualisierte Gewalt auf der Reeperbahn nicht an der Tagesordnung? | |
| Natürlich gibt es Beleidigungen auf sexueller Basis im Vergnügungsviertel | |
| mehr als in allen anderen Bereichen der Stadt. Das gab schon in den | |
| 80er-Jahren. Aber diese Art, Frauen zu umzingeln und massiv sexuell | |
| anzugehen, ist nicht hinnehmbar, das hat es so in Hamburg auch noch nicht | |
| gegeben. | |
| Wie geht die Polizei damit um? | |
| Wir zeigen verstärkt Präsenz und setzen dort ab dem Wochenende mobile | |
| Videofahrzeuge ein. Wir zeichnen aber nur auf, wenn eine Situation zu | |
| eskalieren droht. | |
| 8 Jan 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Lena Kaiser | |
| ## TAGS | |
| Sexuelle Gewalt | |
| Silvester | |
| Reeperbahn | |
| Silvester | |
| Gefahrengebiet | |
| Reeperbahn | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Hamburg | |
| Hamburg | |
| Silvester | |
| Schwerpunkt Rassismus | |
| Wolfgang Albers | |
| Köln | |
| Sexuelle Gewalt | |
| sexuelle Belästigung | |
| Köln | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Silvester auf Hamburgs Reeperbahn: Männer unter sich | |
| Unter Polizeischutz feiern Hamburger auf der Reeperbahn Silvester – Frauen | |
| sind kaum zu sehen. Polizei meldet 14 Anzeigen wegen sexueller Beleidigung | |
| Senator mit Bleibeperspektive: „Keine Gefahrengebiete mehr“ | |
| Hamburgs neuer Innensenator Andy Grote (SPD) im Interview über Sex & Drugs, | |
| die Flüchtlingspolitik, sexuelle Übergriffe und den G-20-Gipfel | |
| Fahndungserfolg in Hamburg: Haftbefehle nach Silvester-Übergriffen | |
| Nach der Veröffentlichung von Fahndungsfotos nimmt die Polizei zwei | |
| Afghanen fest. Sie sollen Frauen gemeinschaftlich sexuell genötigt haben. | |
| Aufklärungskurse für neu Angekommene: Dem Kulturschock offensiv begegnen | |
| Frauen sind gleichberechtigt und Sex muss nicht „haram“ sein. Damit das | |
| alle verstehen, müssen Aufklärungskurse her. | |
| Debatte über sexualisierte Gewalt (2): Nur ein Nebenwiderspruch? | |
| Es häufen sich Berichte über Flüchtlinge, die sexualisierte Gewalt ausüben. | |
| Ist die Erwähnung ihrer Herkunft notwendig oder fahrlässige | |
| Diskriminierung? | |
| Debatte über sexualisierte Gewalt (1): Nur ein Nebenwiderspruch? | |
| Es häufen sich Berichte über Flüchtlinge, die sexualisierte Gewalt ausüben. | |
| Ist die Erwähnung ihrer Herkunft notwendig oder fahrlässige | |
| Diskriminierung? | |
| Übergriffe auf Frauen in Hamburg: „Handlungsspielraum war begrenzt“ | |
| Die Hamburger Polizei war von den Übergriffen auf Frauen in der | |
| Silvesternacht überrascht. Mittlerweile zählen die Beamten 205 | |
| Strafanzeigen von 306 Opfern. | |
| Hysterischer Diskurs in Hamburg: Stuss nach Kuss | |
| Ein Mann küsst ein Mädchen gegen dessen Willen: Weil es ein Flüchtling war, | |
| regt sich jetzt die halbe Stadt darüber auf | |
| Nach Übergriffen in Köln: Polizeipräsident abgesetzt | |
| Wolfgang Albers stand in der Kritik wegen der Informationspolitik seiner | |
| Behörde. Jetzt wurde er laut Medienberichten in den „einstweiligen | |
| Ruhestand“ versetzt. | |
| Polizeibericht zu Übergriffen in Köln: „Chaotisch und beschämend“ | |
| Der interne Bericht eines Polizeibeamten offenbart die Überforderung der | |
| Polizei. Auch die Aggressivität der Täter wird beschrieben. | |
| Ermittlungen nach Massenbelästigungen in Hamburg: Soko zu Sexangriffen legt los | |
| Nach den sexuellen Übergriffen auf Frauen auf dem Kiez in der | |
| Silvesternacht richtet die Polizei zu dem Phänomen eine | |
| Sonder-Ermittlungsgruppe ein. | |
| Belästigung auf dem Kiez: Sex-Übergriffe durch Antänzer | |
| Männergruppen haben Silvester in der Großen Freiheit Frauen zur Ablenkung | |
| sexuell belästigt, damit ihre Komplizen sie bestehlen konnten. | |
| Übergriffe in Köln: Silvesterschock am Hauptbahnhof | |
| Bürgermeisterin Reker ruft nach „ungeheuerlichen“ Gewaltvorfällen ein | |
| Krisentreffen zusammen. Die Polizei hat Sorge wegen des Karnevals. | |
| Kommentar Kameraüberwachung: Reeperbahn frei für Kameras | |
| Die Leipziger Richter haben gut entschieden. Denn ob und mit wievielen | |
| Kameras der Straßenraum überwacht werden soll, ist Sache der Poltitk, nicht | |
| der Justiz. |