| # taz.de -- Diskussion über Polizeiversagen in NRW: Wortlos die Wache verlassen | |
| > NRW-Innenminister Ralf Jäger übt heftige Kritik an der Polizei. Die habe | |
| > die Lage falsch eingeschätzt und angebotene Hilfe abgelehnt. | |
| Bild: Nachdem der Innenausschuss im nordrhein-westfälischen Landtag getagt hat… | |
| DÜSSELDORF taz | Nicht ich bin schuld, sondern die Führung der Kölner | |
| Polizei. So lautet das Fazit des Innenministers von Nordrhein-Westfalen, | |
| Ralf Jäger (SPD), der am Montag im Düsseldorfer Landtag seine Sicht auf die | |
| Ereignisse in der Kölner Silvesternacht darlegte. | |
| Um die massiven Angriffe zu verhindern, hätte die Kölner Polizei auf | |
| zusätzliche, in der Nacht verfügbare Einsatzkräfte zurückgreifen müssen, | |
| sagte der SPD-Politiker am Montag bei einer Sondersitzung des | |
| Innenausschusses. Sie habe die angebotene und „dringend benötigte | |
| Verstärkung für diese unerwartete Lageentwicklung“ nicht abgerufen, sagte | |
| der Minister. | |
| Laut dem vom Ministerium nun vorgelegten Bericht hat es bereits am Abend | |
| entfesselte Zustände auf dem Bahnhofsvorplatz und an der Domtreppe gegeben: | |
| Feuerwerkskörper wurden in die Menge geworfen. Gegen 21 Uhr standen dort | |
| 400 bis 500 teils schwer alkoholisierte Männer, überwiegend zwischen 15 und | |
| 35 Jahren, die „dem äußeren Eindruck nach aus dem nordafrikanischen und | |
| arabischen Raum stammten“. | |
| Gegen 23 Uhr habe sich die Gruppe auf dem Bahnhofsvorplatz verdoppelt bis | |
| verdreifacht. Auf polizeiliche Ansprachen und Maßnahmen hätten die Männer | |
| nicht reagiert. Schlimmer noch: Die Beamten bemerkten die sexuellen | |
| Übergriffe auf Frauen in der Menschenmenge nicht. | |
| Um 23.30 Uhr begann die Polizei dann mit der Räumung des Platzes. Kurz | |
| zuvor hatte der Einsatzleiter ein Gespräch mit dem Leiter der | |
| Landesleitstelle. Dieser habe ihn explizit gefragt, ob er Verstärkung | |
| benötige. Doch der Kölner Beamte verneinte. | |
| ## Dramatische Szenen auf der Wache | |
| Die Lagebeurteilung war nicht nur falsch, sie war fatal für die Frauen. | |
| Deren „Spießrutenlauf“ im und um den Hauptbahnhof ging in der | |
| Silvesternacht weiter – weitgehend unbeachtet von Einsatzkräften und ohne | |
| strafrechtliche Verfolgung. Polizeiinspektor Heinen: „Es gab | |
| Teilinformationen, aber keine umfassende Lageeinschätzung.“ | |
| Scharf kritisiert der Bericht des Innenministers auch die | |
| Einsatzbewältigung. Gerade einmal ein Dutzend Beamte waren im Einsatz für | |
| Vernehmungen, Identitätsfeststellung oder Anzeigenaufnahme. Dramatische | |
| Szenen spielten sich wohl auf der Wache ab: 30 bis 50 betroffene Personen | |
| wollten am frühen Morgen Anzeigen erstatten – sie waren höchst aufgebracht, | |
| viele weinten und schilderten, dass ihnen von Polizisten nicht geholfen | |
| wurde. | |
| Die Aufnahme der Anzeigen gestaltete sich zudem als so langwierig, dass | |
| einige Opfer wortlos die Wache verließen. Unter anderem hatte der | |
| Wachdienstführer angeordnet, dass Sexualdelikte von einer Frau aufgenommen | |
| werden sollten – dafür gab es aber nur eine Beamtin. So wurden nur fünf | |
| Anzeigen aufgenommen. | |
| ## Rücktritt ausgeschlossen | |
| NRW-Polizeiinspektor Bernd Heinen kritisierte auch die Presse- und | |
| Öffentlichkeitsarbeit der Kölner Kollegen. Die erste Pressemeldung an | |
| Neujahr hätte „in dieser Form nicht in die Öffentlichkeit gegeben werden | |
| dürfen“. Darin war von einer „entspannten Einsatzlage“ die Rede. Auch zum | |
| Vorwurf der Vertuschung der Herkunft der Täter nimmt der Bericht Stellung. | |
| Zwar habe der Polizeipräsident frühzeitig auf die Beteiligung von | |
| Flüchtlingen hingewiesen. Doch habe er sich erst eine Woche später | |
| umfassend zur Herkunft der mutmaßlichen Täter geäußert – „trotz mehrfac… | |
| ausdrücklicher Aufforderungen durch das Ministerium“. | |
| „Das ist ein außergewöhnliches Ereignis, das jeden Innenminister mitnimmt, | |
| dass Frauen als Objekt erniedrigt wurden. Das hat mich schockiert“, sagte | |
| Jäger. Einen Rücktritt schloss der Minister aber aus. „Es hat nicht zu | |
| Zweifeln geführt, als Innenminister weiter Verantwortung tragen zu wollen.“ | |
| 11 Jan 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Claudia Hennen | |
| ## TAGS | |
| Köln | |
| Silvester | |
| Ralf Jäger | |
| NRW | |
| Polizei | |
| Gewalt gegen Frauen | |
| Landtagswahl Nordrhein-Westfalen | |
| Köln | |
| Migration | |
| Polizei | |
| Köln | |
| Köln | |
| Wolfgang Albers | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| NRW-Innenminister Ralf Jäger: Die Belastung | |
| Viele Skandale fallen in seine Amtszeit, zum Beispiel die Kölner | |
| Silvesternacht. Ralf Jäger befindet sich in der Defensive und setzt dennoch | |
| auf Angriff. | |
| Karneval und sexuelle Belästigung: Sions entschlossene Töchter | |
| Sie feiern und verkleiden sich gern: Karnevalistinnen. Und sie wollen sich | |
| die jecken Tage nicht von Übergriffen vermiesen lassen. | |
| Düsseldorfer Migrantenviertel: Heimat der Macho-Gangster | |
| Razzia im Migrantenviertel hinter dem Düsseldorfer Bahnhof: Aus Sicht der | |
| Polizei und der Bewohner ist es zur Problemzone geworden. | |
| Kommentar Kölner Polizeiversagen: Eine Frage der politischen Hygiene | |
| Das polizeiliche Desaster von Köln will keiner verantworten. De Maizière | |
| wird bleiben, Jäger auch. Eine andere muss um ihren Job fürchten. | |
| Nordrhein-Westfalens Innenminister: Jäger kritisiert Kölner Polizei | |
| Beim Landtagsausschuss übt NRW-Innenminister Ralf Jäger Kritik an der | |
| Kölner Polizeiführung. Er selbst steht unter Druck – nicht nur wegen der | |
| Vorfälle an Silvester. | |
| Politik reagiert auf Gewalt zu Silvester: Welche Konsequenzen nun folgen | |
| Nach den sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht werden die Rufe nach | |
| schnellerer Abschiebung lauter. Bundestag und Parteien debattieren. | |
| Nach Übergriffen in Köln: Polizeipräsident abgesetzt | |
| Wolfgang Albers stand in der Kritik wegen der Informationspolitik seiner | |
| Behörde. Jetzt wurde er laut Medienberichten in den „einstweiligen | |
| Ruhestand“ versetzt. |