# taz.de -- Wikileaks-Mitarbeiterin in Berlin: In Deckung in Deutschland | |
> In Großbritannien und den USA sind Whistleblower und deren Vertraute | |
> nicht sicher. Viele von ihnen leben nun ausgerechnet in Berlin. | |
Bild: War mit Edward Snowden auf Reisen: Sarah Harrison. | |
Sie will nicht nach Hause. Erst hatte die britische Wikileaks-Mitarbeiterin | |
Sarah Harrison, den Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden von Hongkong nach | |
Moskau begleitete und mit ihm die Zeit im Transitbereich des Flughafens | |
verbracht. Seit August war sie mit ihm in einer Moskauer Wohnung. Seit | |
Samstag nun ist Harrison in Berlin. Dort will sie auch bleiben. Ihre | |
Anwälte rieten ihr davon ab, nach Großbritannien zurückzukehren. Es ist ein | |
guter Rat. Die Erfahrung hat gezeigt, wie die britischen Sicherheitskräfte | |
mit Leuten umgehen, die Kontakt zu Whistleblowern hatten. | |
Harrison erwähnt in ihrer Erklärung vom Mittwoch David Miranda. Der | |
Lebensgefährte des Ex-Guardian-Journalisten Glenn Greenwald, der Snowdens | |
Material als Erster veröffentlicht hatte, wurde im August auf dem Londoner | |
Flughafen Heathrow bei einer Zwischenlandung festgenommen und fast 9 | |
Stunden verhört – aufgrund des Antiterrorismusgesetzes von 2000. Seine | |
elektronischen Geräte wurden beschlagnahmt, die Passwörter musste er | |
preisgeben. Man kann sich vorstellen, was Harrison blühen würde, kehrte sie | |
nach Großbritannien zurück. | |
In ihrer Erklärung schreibt sie, dass Snowden in Russland bis zum Ablauf | |
seines Visums in neun Monaten versorgt sei und allein zurechtkomme. | |
„Journalisten, Verleger und Experten, die so mutig dafür arbeiten, dass die | |
Wahrheit ans Licht kommt, werden scharf verfolgt“, so Harrison. „Glenn | |
Greenwald, Laura Poitras und Jacob Appelbaum befinden sich faktisch im | |
Exil.“ Poitras, die US-amerikanische Dokumentarfilmerin, ist in den USA | |
mehrmals verhaftet und ständig überwacht worden, auch ihr Computer und ihr | |
Handy wurden beschlagnahmt. Sie lebt inzwischen in Berlin, ebenso wie der | |
Hacker Jacob Appelbaum, der für Wikileaks arbeitet und Ähnliches | |
durchmachte. | |
„Es ermutigt mich, was ich in den wenigen Tagen seit meiner Ankunft in | |
Deutschland erlebt habe“, schreibt Harrison. „Die Menschen versammeln sich | |
und fordern ihre Regierung dazu auf, endlich das zu tun, was getan werden | |
muss – die Enthüllungen über das NSA-Spähprogramm müssen untersucht und | |
Edward Snowden muss Asyl angeboten werden.“ | |
## „Wer ist dieses Mädchen?“ | |
Die britische Presse ist Harrison gegenüber eher misstrauisch. Die Mail on | |
Sunday empörte sich in einer Schlagzeile: „Wir sind so stolz auf unsere | |
Wikileaks-Tochter, sagt die Familie der britischen Blondine, die mit dem | |
CIA-Whistleblower auf der Flucht ist.“ Und der London Evening Standard | |
fragte indigniert: „Wer ist dieses Mädchen?“ | |
Harrison ist 31 Jahre alt und stammt aus East Sussex. Sie besuchte die | |
exklusive Sevenoaks-Schule, auf die auch der Ex-MI5-Chef Jonathan Evans | |
ging. Später studierte sie englische Literatur an der University of London | |
und fing beim Zentrum für investigativen Journalismus an. Das wird von | |
Gavin McFadyen geleitet, einem Nachrichtenjournalisten, über den sie den | |
Wikileaks-Gründer Julian Assange kennenlernte. Sie wurde seine | |
Mitarbeiterin und – glaubt man den britischen Boulevardzeitungen – seine | |
Geliebte. | |
Harrison erwähnt in ihrem Manifest für Transparenz und gegen staatliche | |
Überwachung auch die Fälle von Chelsea Manning, die zu 35 Jahren Haft für | |
die Weitergabe geheimer Informationen verurteil wurde, und von Jeremy | |
Hammond, dem ein Jahrzehnt in einem New Yorker Gefängnis droht, weil er | |
Journalisten Dokumente weitergegeben hat. „Ich hoffe, ich habe ein | |
Gegenbeispiel geliefert“, schreibt Harrison. „Mit der richtigen Hilfe | |
können Whistleblower die Wahrheit sagen und zugleich ihre Freiheit | |
behalten.“ Solange sie nicht nach Großbritannien oder in die USA einreisen. | |
7 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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