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# taz.de -- Strukturen der HoGeSa: Die Neonazi-Hool-Connection
> Nach der Kölner Randale rufen rechtsradikale Hooligans und Neonazis zur
> Demonstration in Hannover auf. Der Zusammenschluss der Gruppen ist nicht
> neu.
Bild: In Köln kamen im Oktober fast 5.000 Rechte zur HoGeSa-Demo.
BERLIN taz | Wer steckt hinter den Randalierern, die mit ihrer
Demonstration in Köln und einem geplanten Aufmarsch in Hannover Aufregung
und Besorgnis erregen? Am Rande der Feiern zum Jahrestag des Mauerfalls
demonstrierten am Sonntag nur einige Dutzend Neonazis in Berlin. Hooligans
waren nirgends sichtbar – stattdessen traten Hunderte Gegendemonstranten
auf.
Doch für den kommenden Samstag plant der Zusammenschluss „Hooligans gegen
Salafisten“ (HoGeSa) einen Marsch durch Hannover. In Köln randalierten vor
zwei Wochen fast 5.000 Hooligans in der Innenstadt, bedrohten Passanten und
verletzten 49 Polizeibeamte.
In Hannover erwartet die Polizei eine ähnliche Bedrohungslage. Die
angemeldete Demonstration wurde zwar am Freitag verboten, doch der Anmelder
kann am Montag juristisch dagegen vorgehen. Auf einer zentralen Website
werben Hooligans und Neonazis unbeeindruckt weiter für den Marsch. Mehr als
4.200 von ihnen erklärten dort, in die niedersächsische Landeshauptstadt
kommen zu wollen.
Hinter dem Anmelder verberge sich das Netzwerk HoGeSa, sagte Hannovers
Polizeipräsident Volker Kluwe: „Wir gehen davon aus, dass es sich um eine
Fortsetzung der Veranstaltung in Köln handelt.“ Die Polizei lehnte auch den
angebenden Versammlungsleiter ab, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen
Volksverhetzung ermittelt.
## Auch die Gegenseite mobilisiert
Auf seiner Facebook-Seite soll der Oldenburger eine Postkarte
veröffentlicht haben, darauf das Bild eines Waggons, mit dem Häftlinge nach
Auschwitz gebracht wurden; „Genieße das Leben in vollen Zügen“ sei daneben
zu lesen gewesen. Ein neu benannter Anmelder war schon in Köln als
Versammlungsleiter aufgefallen.
Auf ein Verbot des Marsches werde man sich nicht verlassen, sagte Ingo
Mertens vom Bündnis [1][„Gemeinsam gegen Rassismus und religiösen
Fundamentalismus“].
Die Verbindung von gewaltbereiten Fußballfans und Neonazis überrascht weite
Teile der Öffentlichkeit. Doch dieses Netzwerk besteht schon wesentlich
länger, als es viele wahrhaben wollen. Schon am 8. Februar 2014 tauchten
scheinbar aus dem Nichts heraus etwa 150 Hooligans am Rande einer
Kundgebung des radikalen Salafistenpredigers Pierre Vogel in
Mönchengladbach auf.
Der Polizei gelang es damals, die Gruppe in eine Seitenstraße abzudrängen.
Anderthalb Monate später traf sich der rechte Fußballmob erneut. Dieses Mal
fanden sich schon bis zu 300 Störer verschiedener Vereine ein, um eine
Vogel-Kundgebung in Mannheim zu attackieren. Der örtliche Polizeisprecher
erkannte ein „gut organisiertes Zusammentreffen von rechtsgerichteten
Hooligans aus dem Südwesten“.
## Kein Mangel an Feindbildern
Schon kurz nach dem Mönchengladbacher Auflauf wurde die Facebook-Gruppe
„Weil Deutsche sich’s noch trau’n“ ins Leben gerufen. Zwischen Februar …
April vernetzten sich hier, nur auf persönliche Einladung, über 300
Personen aus dem rechtsextremen Spektrum, darunter viele Hooligans.
Ein Forumsteilnehmer brachte die Motivation in einem Beitrag auf den Punkt:
„Anstelle uns immer gegenseitig auf die Nase zu hauen, was auch Spaß macht,
müssen wir was Deutschland angeht Seit an Seit stehen.“ An gemeinsamen
Feinden gab es keinen Mangel: Gehetzt wurde gegen Linke, die Antifa – und
den Islam.
Im Fußballkontext funktioniert der zeitweise Zusammenschluss verfeindeter
Gruppen schon länger. Während die Hooligans an den Rand des
Hochglanzprodukts Bundesliga gedrängt werden konnten, bieten Spiele der
deutschen Nationalmannschaft ihnen immer wieder einen Anlass, sich als
zusammenhängende Szene zu präsentieren. 2011 randalierten mehrere Hundert
Hooligans am Rande eines EM-Qualifikationsspiels des DFB-Teams in Wien.
Dass sich diese Fußballschläger nun auch zu angeblich politischen
Versammlungen verabreden, ist neu, aber wohl der immer stärkeren
Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten im Fußballumfeld geschuldet.
## Vorbild aus England
Ein Vorbild für die Mobilisierung gegen eine angebliche
Islamisierungsgefahr in Europa bieten ausgerechnet die Hooligans des
Erzfeindes England. Unter dem organisatorischen Dach des rassistischen
Anti-Islam-Netzwerks English Defense League führen diese regelmäßig
Angriffe auf Versammlungen von „Islamisten“ durch.
Hierzulande mischt der 2010 gegründete deutsche Ableger, die German Defense
League, im Umfeld der Hooligans gegen Salafisten mit. In Mönchengladbach
bildete sie einen eigenen Demoblock, und auch beim Aufmarsch in Köln
schwenkte sie ihre Fahnen.
In der Onlinegruppe „Weil Deutsche …“ fanden sich dann auch
German-Defense-League-Aktivisten ebenso wie Mitglieder von Rockerklubs, NPD
oder der rechtsextremen und islamfeindlichen Partei „Pro NRW“ wieder.
Besonders stark vertreten waren Hooligans aus Mönchengladbach, Bochum und
Kaiserslautern.
Eine weitere Plattform für die Vernetzung rechtsgerichteter Hooligans hat
sich unter dem Label „GnuHonnters“ formiert. Der Name steht für New
Hunters, neue Jäger. Ein erstes Treffen fand 2012 auf Einladung der
Dortmunder Hooligangruppe Borussenfront um ihren Antreiber Siegfried
Borchert statt.
## Zurück in die Stadien
Der 60-Jährige gehörte einst der verbotenen rechtsextremen „Freiheitlichen
Arbeiterpartei Deutschlands“ an und agitiert heute für die Kleinstpartei
„Die Rechte“, die insbesondere im Ruhrgebiet radikale Nationalisten aus
verbotenen Kameradschaften vereint.
Seit dem ersten GnuHonnters-Treffen, gestartet von Veteranen der
Hooliganszene, kamen immer mehr Gruppen dazu. Die Ziele des Netzwerkes:
„Herstellung alter Werte, keine Antifa im Stadion, Meinungsfreiheit
zurückgewinnen.“ Ihr Schwerpunkt liegt demnach im Versuch, die
Deutungshoheit in den Stadien zurückzugewinnen und linke Ultras aus den
Kurven zu vertreiben.
Recherchen des vierteljährlich erscheinenden Antifa-Magazins
[2][Antifaschistisches Infoblatt zeigen] personelle Überschneidungen mit
der nach wenigen Wochen aufgelösten Facebook-Gruppe. Aus diesem Milieu
entstanden die „Hooligans gegen Salafisten“, die über eine Website, einen
Videokanal bei YouTube und immer neue Facebook-Gruppen ihren Weg in die
Öffentlichkeit suchen.
## Teilnehmerzahlen steigen schnell
Ein erster Aufruf brachte am 21. September 80 Hooligans in Essen zusammen.
Die Polizei setzte die Gruppe fest und verhinderte ein Zusammentreffen mit
Salafisten. Vier Tage später fanden sich, ungestört von der Polizei, 350
Teilnehmer zum Kennenlernen in Dortmund zusammen.
Zu diesem Treffen hatte auch Die Rechte mobilisiert, Dominik Roeseler,
stellvertretender Parteivorsitzender von Pro NRW, fungierte als Anmelder.
Die wichtigste Partei der extremen Rechten, die NPD, hat sich dagegen erst
einige Tage nach dem Großaufmarsch von Köln erstmals zu der neuen Bewegung
geäußert.
Als ein verbindendes Element zwischen Hooligans und Rechtsextremen fungiert
die Hooliganband Kategorie C – Hungrige Wölfe. Sowohl Sänger Hannes
Ostendorf als auch Schlagzeuger Magnus Ahlgrim entstammen der
rechtsextremen Bremer Hooligan-Gruppierung „Standarte Bremen“.
Die Band, deren Konzerte in Deutschland teilweise verboten wurden, spielt
im Ausland auch bei Veranstaltungen des „Blood and Honour“-Netzwerks, das
rechtsextreme Bands miteinander vereint und dessen deutsche Division
verboten ist. Einer der Aktivisten ist Ostendorfs Bruder Henrik – für den
Verfassungsschutz ein „Drahtzieher im internationalen Netzwerk zwischen
NPD, NS-Skin-Milieu und der Hooliganszene“.
## Nicht zu viel Struktur
Zu dem Aufmarsch in Köln lieferten Kategorie C mit dem Song „Hooligans
gegen Salafisten, sonst wird Deutschland ein Massengrab“ eine eigene Hymne.
Ein organisatorisches Netzwerk soll durch die Aufteilung des
Hooligan-Netzwerks in die Regionalgruppen Nord, West, Süd und Ost
entstehen, ausgestattet jeweils mit einem Regionalleiter und einem
Stellvertreter.
Ein festerer organisatorischer Zusammenschluss scheint angesichts der
Aufgeschrecktheit der Sicherheitsbehörden wenig attraktiv – „und
widerspricht dem Selbstverständnis dieser Gruppen“, so David Begrich,
Rechtsextremismusexperte beim Bildungsverein „Miteinander in Magdeburg“.
Intern wird bei den Hooligans um die Teilnahme rechter Parteien gestritten,
es gab erste Abspaltungen und Austritte. Die Verwirrung um die neuerlichen
Aufmärsche zeugt ebenso von Schwächen und Spannungen. Doch unabhängig von
der weiteren Entwicklung hat die Kölner Demonstration jetzt schon eines
gezeigt: Das Potenzial an Personen, die gewaltsam ihre rassistischen
Ressentiments auf die Straße tragen wollen, ist groß.
10 Nov 2014
## LINKS
[1] http://15n.blogsport.de/
[2] http://www.antifainfoblatt.de/
## AUTOREN
Erik Peter
Andreas Speit
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