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# taz.de -- Debatte „Hooligans gegen Salafisten“: Die Profi-Leugner
> Nach der Kölner Nazidemo geben sich Politik und Polizei die größte Mühe �…
> im Entpolitisieren. Innenminister de Maizière geht vorneweg.
Bild: Rechts sehen Bundesadler und -innenminister keine Gefahr
Dutzende verletzte Polizisten, terrorisierte Bürgerinnen und Bürger, die
von Glatzen durch die Straßen gejagt werden, antirassistische
Aktivistinnen, die vor einem rasenden Mob die Flucht ergreifen müssen, und
von regelrechten Plünderungsaktionen betroffene Ladenbesitzer: Das
Erschrecken über die „Hooligans gegen Salafisten“, die sich am Sonntag in
Köln ins Bewusstsein der Deutschen geprügelt haben, hat die ganze Woche
über angehalten.
Doch es war ein Erschrecken auf Krimileserniveau. Denn schon am Tag nach
dieser finsteren Demo wurde alles unternommen, um das Geschehen zu
entpolitisieren.
Dass da vor dem Hauptbahnhof eine der größten ausländerfeindlichen
Manifestationen in der Geschichte der Bundesrepublik stattgefunden hatte,
war den Ordnungspolitikern im Land keine Erwähnung wert. Es sei den
Hooligans einzig um das Ausleben ihrer Gewaltfantasien gegangen, sagte
Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Ein Rassismusproblem wollte er
nicht sehen. Am Ende steht seine Version des Gewaltphänomens Hooliganismus.
De Maizière mag ja recht haben, wenn er sagt, dass die Hooligans ihr
Engagement gegen Salafisten nur als Vorwand benutzt hätten. Doch seine
Schlussfolgerung, dass es den Männern nur um eine geile Prügelei gegangen
sei, die sollte man so nicht stehen lassen. Es ging ihnen darum, ihrem
Ausländerhass, ihrem Rassismus freien Lauf zu lassen.
## Nationalismus kein Thema
Die Böllerschüsse, das Umkippen des Einsatzwagens der Polizei, die Tritte
und Boxeinlagen können nicht losgelöst von den Parolen betrachtet werden,
die da gerufen wurden. Doch das „Deutschland den Deutschen“, das auf dem
Bahnhofsvorplatz gegrölt wurde, war schnell kein Thema mehr.
Verwunderlich ist das nicht. Würde ein Thomas de Maizière ernst nehmen, was
da aus dem sicheren Schutz der 4.500-Leute-Menge abgesondert wurde, ihm
bliebe nichts anderes übrig als zuzugeben, dass sich nicht viel geändert
hat in den deutschen Behörden, seit das Versagen der staatlichen
Organisationen im Umgang mit dem rechten Terror des NSU publik geworden
ist. Was am rechten Rand der Gesellschaft passiert, wird immer noch
routinemäßig verleugnet.
Die Worte der Entschuldigung, die Bundeskanzlerin Angela Merkel an die
Angehörigen der Opfer des NSU richtete, mögen ehrlich gewesen sein. Folgen
hatten sie keine. Wo bleibt er, der viel beschworene Kulturwandel in den
Sicherheitsbehörden? Wo bleibt die Sensibilität der Geheimdienste bei den
Themen Rechtsradikalismus und Rassismus?
Diesen Fragen hätte sich der Innenminister stellen müssen, hätte er die
Geschehnisse von Köln politisch interpretiert. Weil er sich um die
Antworten drückt, ist aus einer rechten Großdemonstration so etwas wie eine
erweiterte Wirtshausschlägerei geworden. Und bei derartigen Einsätzen gegen
angetrunkene Gewalttäter verletzen sich schon mal ein paar Beamte. Eine
dummdreiste Lesart der Geschehnisse ist das.
## Tausend gute Gründe
Mehr als 40 zum Teil schwer verletzte Polizisten waren für
Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger nicht genug, um
festzustellen, dass Deutschland ein Problem mit rechter Gewalt hat.
Stattdessen hat er nichts Besseres zu tun, als das Motto der Veranstaltung
zu interpretieren und festzustellen, dass die Menschen in Deutschland die
Bedrohung durch salafistische Dschihadisten sehr ernst nehmen.
Es gibt gewiss genug Gründe, sich den gewaltbereiten Salafisten in
Deutschland in den Weg zu stellen. Es gibt aber mindestens ebenso viele
gute Gründe, sich endlich einmal ernsthaft mit der Bedrohung durch
rechtsradikales und rassistisches Gedankengut in der biodeutschen
Gesellschaft auseinanderzusetzen.
Dass sich in dieser Hinsicht bald etwas tun könnte, muss bezweifeln, wer
verfolgt hat, wie die rechte Horrorshow von Köln von den
Verantwortungsträgern in ein sinnfreies Gewaltspektakel uminterpretiert
worden ist.
1 Nov 2014
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Thomas de Maizière
Rechtsradikalismus
Schwerpunkt HoGeSa
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
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