# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Ein klassisches Eigentor | |
> Deutsche Fußball-Fanbündnisse haben die Konfrontation mit der rechten | |
> Hooliganszene lange vermieden. Diese Passivität rächt sich jetzt. | |
Bild: 26.10.2014: Eindeutige Geste auf der HoGeSa-Demo in Köln | |
Es ist, als wäre nichts gewesen. Am Freitag schickte das bundesweite | |
Bündnis ProFans wieder seine Pressemitteilung rum, wer in diesem Monat den | |
Negativpreis Sam („Spielansetzungsmonster“) erhalten hat. Die Fans von | |
Energie Cottbus wurden dieses Mal als Leidtragende bedacht, weil sie an | |
einem Freitagabend 635 Kilometer nach Stuttgart reisen müssen. | |
Eine Stellungnahme zu den Vorkommnissen von Köln, wo Hooligans am Sonntag | |
im Bündnis mit Neonazis für Randale und jede Menge Schlagzeilen sorgten, | |
suchte man diese Woche allerdings vergeblich. Dabei könnte sich ProFans | |
zugute halten, schon frühzeitig auf das Erstarken der rechten Szene | |
aufmerksam gemacht zu haben. Im August vergangenen Jahres etwa warnte die | |
Organisation, Rechtsextreme würden im Zuge der Sicherheitsdebatte in den | |
Stadien den Themenkomplex Fankultur für ihre Interessen vereinnahmen. | |
Die Wucht der Ereignisse von Köln hat aber offenbar nicht nur die Polizei | |
unterschätzt, sondern auch den Fanaktivisten die Sprache verschlagen. Auch | |
Unsere Kurve, die größte Interessenvertretung deutsche Fußballanhänger, | |
schweigt sich bislang aus. Nur das Bündnis Aktiver Fußballfans (Baff) fiel | |
mit einem bemerkenswerten Statement aus der Reihe. Man bezichtigte sich | |
selbst, in Köln versagt zu haben. Nicht eine einzige Fangruppe, führte man | |
aus, habe es auf die Reihe gebracht, einen Gegenprotest zu organisieren. | |
Dass das Problem weit mehr als ein organisatorisches ist, liegt auf der | |
Hand. Schon im Januar beim bundesweiten Fankongress in Berlin scheuten sich | |
die Veranstalter, ProFans und Unsere Kurve, davor, der Debatte über die | |
Unterwanderung der Kurve von Rechtsextremen ein größeres Gewicht zu geben. | |
Deshalb verweigerte sich Baff damals, als Mitveranstalter des Kongresses | |
aufzutreten. | |
Zu groß war anscheinend bei den Organisatoren die Furcht, mit internen | |
politischen Diskussionen die große Allianz im Kampf gegen die immer | |
repressiveren Sicherheitsmaßnahmen in Deutschlands Stadien zu schwächen. | |
Gegen die gemeinsamen Feinde – Deutsche Fußball-Liga, Deutscher | |
Fußball-Bund und Polizei – wollte man die Reihen schließen. | |
## Verheerende Fehleinschätzung | |
Natürlich war das keine Kumpanei von ProFans mit Neonazis. Man verbündete | |
sich mit Fanvertretern, die glauben, man könne und müsse Sport und Politik | |
trennen. Eine verheerende Fehleinschätzung, wie sich in Köln offenbarte. | |
Und wie wenig dieser faule Kompromiss von Berlin trägt, zeigt sich | |
obendrein in den jüngsten Debatten nach den Ausschreitungen vom letzten | |
Wochenende. | |
Fußballfans werden wieder mehr denn je als Gewalttäter wahrgenommen. Die | |
politischen Motive der Hooligans werden gar von Politikern wie Thomas de | |
Maizière ignoriert. So liegt es nahe, dass bald wieder die Debatte über | |
strengere Sicherheitsmaßnahmen gegen Fußballfans befeuert werden. Das | |
Meiden der internen Konfrontation stellt sich somit als klassisches | |
Eigentor heraus. | |
Man sollte deshalb bei der Suche nach künftigen Strategien nicht dem Ansatz | |
der „akzeptierenden Sozialarbeit“ folgen. Rechtsextreme Fußballfans sind | |
nur in den seltensten Fällen zu „bekehren“. Zumal die Fanprojektarbeiter | |
meist überhaupt keinen Zugriff auf diese Szene haben. Vielmehr sollte es | |
nun erst recht allen Fußballfanaktivisten ein große Anliegen sein, sich | |
unmissverständlich gegen rechts abzugrenzen. | |
2 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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