# taz.de -- Schutz der EU-Außengrenzen: Frontex verletzt Menschenrechte | |
> Die Grenzagentur Frontex fängt Flüchtlinge auf See ab und schickt sie | |
> zurück. Das ist menschenrechtswidrig und verstößt gegen die Genfer | |
> Konvention. | |
Bild: Frontex sucht an der griechisch-türkischen Grenze Asylsuchende | |
ISTANBUL taz | Während europäische Spitzenpolitiker wie | |
EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso öffentlich Bedauern über die Toten | |
vor Lampedusa demonstrieren, ist die europäische Grenzschutzagentur Frontex | |
nach wie vor daran beteiligt, Flüchtlinge daran zu hindern, europäischen | |
Boden zu betreten. | |
Wie das ARD-Magazin „Monitor“ am Mittwoch berichtete, war Frontex bis in | |
jüngster Zeit daran beteiligt, Flüchtlinge auf hoher See abzufangen und in | |
Drittstaaten zurückzuschicken. Obwohl diese sogenannten „Push | |
back“-Operationen nicht nur nach der Genfer Flüchtlingskonvention illegal | |
sind, sondern auch in einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs 2012 noch | |
einmal als menschenrechtswidrig verurteilt wurden, musste Frontex-Chef | |
Ilkka Laitinen zugeben, dass seine Organisation nach wie vor daran | |
beteiligt ist. | |
Das illegale Zurückdrängen von Flüchtlingen, womit ihnen jede Chance | |
genommen wird, überhaupt Asyl zu beantragen, wird von | |
Flüchtlingsorganisationen seit Jahren beklagt. Aber in der Praxis geht es | |
für Frontex genau darum. | |
Dabei handelt die europäische Grenzschutzagentur durchaus mit voller | |
Unterstützung der europäischen Innenminister, der EU-Kommission und auch | |
der Mehrheit des europäischen Parlaments. Als nach der arabischen | |
Revolution in Tunesien im Frühjahr 2011 im Sommer desselben Jahres schon | |
einmal eine große Zahl afrikanischer Flüchtlinge mit überladenen Booten in | |
Lampedusa anlandete, gab Barroso die Parole aus, jetzt müsse Frontex zügig | |
ausgebaut werden. | |
Dabei war Frontex schon in den Jahren davor die am schnellsten wachsende | |
EU-Agentur überhaupt. Die 2005 gestarteten europäischen Grenzschützer waren | |
anfangs nicht mehr als 20 Leute, die hauptsächlich Daten von Geheimdiensten | |
und nationalen Grenzschutzbehörden analysierten, um sogenannte | |
„Risikostudien“ zu erstellen, in denen vor neuen Wegen in die EU gewarnt | |
wurde. | |
## „Vorverlagerung“ in die Sahara | |
Fünf Jahre später hatte Frontex bereits 300 feste Mitarbeiter und die | |
Möglichkeit, etliche Hundert nationale Grenzschützer zu gemeinsamen | |
Aktionen zu mobilisieren. Im Juni 2011 wurden dann in Abstimmung zwischen | |
Rat, Kommission und EU-Parlament die Befugnisse und Mittel von Frontex noch | |
einmal erheblich erweitert. | |
Seitdem beschränkt sich Frontex nicht mehr darauf, Flüchtlinge | |
„zurückzudrängen“. Die Agentur soll vor allem dafür sorgen, dass | |
Flüchtlinge sich erst gar nicht in Richtung europäischer Grenze in Bewegung | |
setzen können. Dafür betreibt Frontex eine Art eigener Außenpolitik, indem | |
die EU-Agentur ohne Rücksprache mit dem EU-Parlament | |
Grenzschutzverbindungsbeamte nach Marokko, Mauretanien, Mali, Tunesien, | |
Libyen, Ägypten und andere Länder schickt, um mit den dortigen Polizeien | |
und Geheimdiensten eine „Vorverlagerung“ der EU-Außengrenze bis in die | |
Sahara, an die türkisch-iranische Grenze oder bis tief in die Ukraine | |
hinein zu erreichen. | |
Diese Zusammenarbeit, so hatte Ilkka Laitinen schon auf einem Kongress | |
europäischer Grenzschützer in Warschau im Mai 2011 erklärt, sei der | |
„Schlüssel zum Erfolg eines europäischen Grenzmanagements“. | |
17 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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